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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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inzwischen auf seinem Priorstuhl bequem gemacht hatte und eingeschlafen war.
    Arno war schon an der Tür, während Palgmacher sich gerade aufsetzte.
    „Habt Ihr ihn gefunden?“ Habt Ihr sie nicht gefunden, sind Mathilda und die Frauen in Sicherheit?  
    „Er ist offensichtlich entkommen“, antwortete der Hauptmann, an Arno vorbeisehend, zu Palgmacher. „Wir haben nichts gefunden, weder drinnen noch draußen. Ihr müsst eine Erklärung abgeben und unterschreiben, die wir dann dem Herzog vorlegen.“
    Wenn er drei abtrünnige Nonnen gefunden hätte, wäre das Procedere ein anderes, oder?
    „Die übrigen Mönche können in ihre Zellen zurückkehren.“
    Dass ausgerechnet ein weltlicher Befehl ihn erlösen würde!
    „Nach dieser Nacht in inniger Verbundenheit unter uns Brüdern und voller verzweifelten Betens für unsere irregeleiteten Brüder werden wir Vigil und Laudes für uns allein in unseren Zellen begehen“, verfügte der Prior würdevoll. Nun, Arno sollte das recht sein.
    Ungeduldig von einem Fuß auf den anderen tretend, wartete er, bis die einzelnen Mönche sich endlich in die Freiheit aufmachten, um nicht der erste zu sein, der losstürmte. Wenn man die Frauen noch nicht erwischt hatte, dann war das zwar gut, aber noch keine endgültige Entwarnung.
    Zuerst in gemessenem Tempo, mit zunehmendem Abstand zum Kapitelsaal schneller werdend, eilte Arno durch die bereits wieder soldatenlosen Gänge des Konvents. Die Tür zur Kirche stand offen – also waren die Soldaten in der Kirche gewesen. Und die Frauen?
    Seine Augen weit offen, suchte er die Umgebung nach irgendeiner Spur ab. Arbeite sich durch den Altarraum, die Stufen hinunter, ins Kirchenschiff. Es war nichts zu finden – und das war ja gut so. Alles war gut – das war doch der Schluss, den er endlich ziehen durfte, oder?
    Endgültig erlöst würde er erst morgen früh sein, wenn er die Örtlerin dahingehend unter die Lupe nehmen konnte. Oder – Arno stutzte und musste sogleich gegen seinen sich schon wieder beschleunigenden Herzschlag anatmen. Wenn er Vigil abwartete – und die Nonnen unaufgeregt in den Frauenchor würde einziehen sehen, dann konnte er sicher sein, dass alles gut gegangen war. Und das würde gar nicht mehr lange dauern. Seinen Mantel enger um sich ziehend, ging er nach oben in den Männerchor, ließ sich auf seinem Platz mit der schlaffeindlichen Kante im Rücken nieder und begann ein neuerliches Warten.
     
    Er war tatsächlich eingenickt – mit dieser Unbequemlichkeit im Kreuz – als ihn die leise trappelnden Schritte der schweigenden Schwestern aus seiner Müdigkeit rissen. Schnell sprang er auf die Füße, eilte nach vorn, neben den Altar, um einen Blick in den Frauenchor zu erhaschen.
    Mathilda würde wie immer vor seinen Blicken verborgen bleiben, doch am Verhalten der einziehenden Schwestern war nicht abzulesen, dass sie fehlen könnte – die nächste Entwarnungsstufe war erreicht. Genauso würdevoll wie immer machte die Örtlerin in Arnos Blickfeld Halt, es dauerte genauso lange wie immer, bis alle ihre Plätze eingenommen hatten und die Stimme der Äbtissin sich in die morgendliche Kirche erhob:
    „Herr, öffne meine Lippen, damit mein Mund dein Lob verkünde.“
    Seine Gelegenheit. „Nach dir, Herr, verlanget mich“, antwortete er singend. „Mein Gott, ich hoffe auf dich, lass mich nicht zuschanden werden, dass meine Feinde nicht frohlocken über mich.“
    Nun hatte Mathilda gehört, dass den Umständen entsprechend alles in Ordnung war.
    „Denn keiner wird zuschanden, der auf dich harret; aber zuschanden werden die leichtfertigen Verächter“, antworteten die Frauen – und Elisabeths Stimme schwebte tatsächlich über allen. Endgültige Erleichterung breitete sich in Arno aus, der einen weiteren Atemzug brauchte, ehe er der Örtlerin zukommen lassen konnte, dass heute nur ein einziger Mönch in der Kirche war. Er hub an und sang: „Herr, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige. Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich.“
    Stille. Stille. Der Hauch eines Tuschelns. Erst dann die Erwiderung:
    „Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich.“
    Der Hall eiliger Schritte. Die Örtlerin auf dem Weg ans Fenster.
    „Kommt ins Redhaus“, rief er ihr zu.
    Ein irritiertes Nicken – eine leise Anweisung an ihre Nonnen – rasche Schritte aus der Kirche. Zögernd erhoben sich die Stimmen der Nonnen wieder – und sangen auch tapfer weiter, als sie bemerkten, dass sie überdies ohne

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