Und fuehre uns in die Versuchung
die männliche Erwiderung auskommen mussten. Denn Arno hatte die Kirche ebenfalls bereits verlassen.
Palme gegen Wayde
Arnos Weg zum Redhaus war kürzer als der der Örtlerin – dass Palgmachers Schemen ihm durch das Fenster entgegenprangte, machte diesen Vorsprung jedoch mit einem Schlag zunichte. Dabei hätte Arno jeden Eid geschworen, dass der Prior die freie Zeit nutzte und tief und fest schlief. Unentschlossen ließ er seine Schritte auslaufen. Es widerstrebte ihm, sich gleich ins Getümmel zu stürzen. Sollte er Palgmacher nicht lieber erst allein zu Wort kommen lassen? Ihn sein Pulver, das er ja mit Sicherheit auch gegen Arno richten würde, verschießen lassen – um erst in einem geeigneten Moment auf der Bühne aufzutauchen?
Sich auf den Stufen vor der Tür niederlassend, richtete er seine Aufmerksamkeit auf das kommende Schauspiel. Welches durchaus seinem Namen gerecht wurde.
Eröffnung durch die hechelnden Schritte der Äbtissin. Dann ihr besorgter Ruf: „Prior, was ist geschehen?“
Dessen hasserfüllte Antwort: „Der Ketzer ist entkommen!“
Ihre eine Idee zu undramatische Erwiderung: „Oh, nun ja, aber er ist immerhin endlich weg, oder?“
Danach die Wende: „Nicht nur er. Drei der Brüder sind mit ihm gegangen.“
Schweigen. Gebührend dramatisch.
„Pater Palgmacher, was denkt Ihr, sollten wir jetzt ...“
Dem jedoch war offenkundig mehr an etwas anderem gelegen als an pragmatischer Schadensbegrenzung. „Der Feind lauert noch immer mitten unter uns“, setzte er mit unheilverkündender Stimme an. „Wie Ihr wisst, hat Wayden ...“
„Es ist doch nicht er, der mit fort ist?“
„Nein, er ist geblieben. Weiß der Himmel, warum. Immerhin ist er mit dem Aufrührer befreundet. Sein Schüler Hartwig ist übergelaufen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er die nächsten Brüder mit den ketzerischen Lehren infiziert.“
„Pater Wayden ist ein guter Priester, hat immer zuverlässige Arbeit geleistet. In all den Jahren, die er bei uns ist, hat er Mutter Klöblin oder mir nie einen Anlass gegeben, an seiner Frömmigkeit zu zweifeln.“
„Keinen Anlass - bis zu seiner Flucht nach Freising“, stach Palgmacher zielsicher auf Arnos wundesten Punkt ein.
Beklemmende Aufregung überschwemmte den.
„Das war keine Flucht, sonst wäre er doch nicht zurückgekommen!“
Während seiner Reise und auch danach hatte Arno tunlichst vermieden, sich zu genau an seinen mehr als fragwürdig begründeten Abschied von der Örtlerin zu erinnern – und bei seiner Wiederkehr hatte deren fraglose Freude ihn dessen enthoben. Nun jedoch würde ihn seine Dreistigkeit einholen – und die beiden dort drinnen ihn wahrscheinlich hochkant hinauswerfen.
„Jedenfalls ist Wayden nicht mehr tragbar.“ Palgmachers Urteil. „Es wäre sogar gefährlich, wenn wir ihn weiterhin in die Klosterleitung einbeziehen.“
Nun war es so weit und sein Einschreiten unerlässlich. Todesmutig riss Arno die Tür auf und trat in den Besprechungsraum. Er musste die Örtlerin auf seine Seite ziehen, an seinem Posten als stellvertretender Prior hing zu viel: begonnen bei seiner Versorgung mit den notwendigen Informationen aus dem Frauenkonvent bis hin zur Möglichkeit, irgendwie die nächste Beichte übernehmen zu können. Was vielleicht der einzige Weg wäre, mit Mathilda in Verbindung zu treten.
„Ich bin hier, Mutter Örtlerin.“
„Pater Wayden, ja ...“ Sie klang unentschlossen.
„Ihr werdet sicherlich nicht von mir erwartet haben, dass ich mich an der Suche nach meinem Freund beteilige, welche zu dessen Inhaftierung führen sollte. Und somit dazu, dass ein geistlicher Mann mit ohnehin angeschlagener Gesundheit ohne jedwedes Verbrechen in einem weltlichen Kerker landet“, startete er den Angriff nach vorn.
„Aufwiegelung, Verbreitung ketzerischer Schriften, Erschleichen unserer Bruderschaft“, schaltete sich Palgmacher dazwischen. „Aber was Euch angeht: Mit einem Ketzer befreundet zu sein, enthebt Euch selbstredend aller Erwartungen!“
„Ich habe eine Schwäche für intelligente, freidenkende Menschen, mit denen ich ehrlichen Austausch praktizieren kann“, schoss Arno scharf zurück. „Vielmehr empfinde ich als engstirnig und Verschwendung, einen solchen Austausch gewaltsam zu unterbinden. Warum sollte ich nicht die Gelegenheit nutzen, mich kritisch mit der Meinung eines Menschen auseinanderzusetzen, auch wenn derjenige in gewissen Punkten anders denkt als ich?“
Das war die Wahrheit. Dass Heussgen
Weitere Kostenlose Bücher