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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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japsen. Sie hatte sich kerzengerade aufgerichtet und verharrte angespannt.
    „Ich bekenne mich schuldig, heute den übergroßen Wunsch nach einem innigen Gespräch in Freundschaft verspürt zu haben, dem ich beinahe nachgegeben hätte.“
    Dann sank sie wie am Dienstag auf den Boden. Katharina stöhnte auf und sackte in sich zusammen.
    Fassungslos starrte Mathilda auf die drei Frauen auf dem Boden. Was geschah hier eigentlich? Warum taten die das? War das irgendwie ein Sog, diese Selbstanklagerei – und würden sich jetzt gleich noch mehr Nonnen dazuwerfen? Angesichts der nichtigen Verstöße, die diese drei in Mathildas Augen gegen die Regeln begangen hatten, erschien ihr ihr eigener Verstoß gegen das Nachtsilentium inzwischen als schweres Vergehen.
    Sehr nervös geworden, richtete sie ihre Konzentration auf Katharina, die inzwischen leise schluchzte. Würde die sich deswegen womöglich selbst anklagen? Und wenn es nur dazu diente, sich auf dem Boden neben Schwester Jordanin legen zu können und so Einigkeit mit ihr zu demonstrieren? Und würde sich dann auch Mathilda selbst ...?
    Sie warf einen weiteren ängstlichen Blick auf Katharina, vergewisserte sich, ob sie nicht weinte. Doch Katharinas Augen in ihrem völlig weißen Gesicht waren trocken, auch wenn sie weiterhin ab und zu zitternd aufschluchzte. Dabei starrte sie ausdruckslos vor sich hin.
    „Gibt es noch weitere Selbstanklagen?“
    Die Stimme der Äbtissin durchbrach die atemlose Stille des Raumes wie ein Peitschenhieb.
    Mathilda sah um sich. Ringsum waren überall bleiche Gesichter, aber niemand wirkte, als wollte er etwas sagen. Zumindest soweit sie das beurteilen – und sehen konnte. Denn sie wagte es nicht, sich vorzubeugen, um einen Blick auf die weiter vorn neben ihr sitzenden Chorfrauen zu werfen.
    „Nun, dann frage ich hiermit, ob jemand Grund zu einer Anklage sieht?“
    Diesmal verhielt sich die Äbtissin nicht neutral, wie zuvor, als sie ganz allgemein in die Runde geblickt hatte. Diesmal sah sie direkt zu einer der Chorfrauen. Mathilda wusste, zu welcher.
    „Ich habe eine Anklage vorzubringen.“
    Das Aufstöhnen im Raum war deutlich zu hören. Jetzt war in etlichen Gesichtern blanke Angst zu erkennen.
    Die Schönin schien diesen Moment ganz besonders zu genießen, denn sie stand mit seligem Gesicht da und sah in die Runde, als erwartete sie Beifall für eine ganz besondere Leistung. Während sie sich von rechts nach links drehte, hob sie langsam ihre Hand mit dem bereits jetzt anklagend ausgestreckten Zeigefinger.
    In diesem Moment kam Mathilda der Apfel in den Sinn. Was, wenn sie beobachtet hatte, wie Georg ihr den gegeben hatte? Ihr Herz machte einen wilden Satz und fing an davonzurasen.
    „Ich habe dich gessehen ...“ Der Finger der Anklägerin war noch immer nicht zur Ruhe gekommen. „Wie du mit einem Stück Brot auss der Küche gekommen bisst, Margarete Narcholtzin.“
    Der Seufzer der Erleichterung war eher zu fühlen als zu hören. Auf vielen Gesichtern zeichnete sich eindeutige Entspannung ab.
    Natürlich nicht auf dem der Nonne, auf die der nun vor Empörung zitternde Zeigefinger der Schönin zum Stillstand gekommen war. Es war eine der Laienschwestern, die Mathilda am Dienstag in der Küche gesehen hatte.
    „Was hast du zu sagen?“, fragte die Äbtissin.
    „Ich bin schuld. Ich bekenne mich schuldig, vor Hunger ein kleines Stück Brot aus der Küche entwendet zu haben.“ Mit Trotz in der Stimme und im grob geschnittenen Gesicht, sank die Frau ebenfalls zu Boden.
    Vier Nonnen lagen nun über den Raum verteilt. Vier graue Kutten, die weit über die Steinfliesen ausgebreitet lagen, zwei weiße Schleier und zwei schwarze, die unregelmäßig nach rechts oder links von den Köpfen ihrer Trägerinnen flossen. Wie Engel, fand Mathilda, verbesserte sich aber sofort in Gedanken: w ie gefallene Engel .
    „Erhebt euch“, erlöste da die Stimme der Äbtissin die Liegenden.
    Erst als zwei hilfreich herbeigeeilte Nonnen Anna Hutter wieder auf die Beine geholfen hatten, erst als alle vier mit gesenkten Häuptern still vor den auf den Bänken sitzenden Konventsmitgliedern standen und demütig auf ihre Strafen warteten, schien sich die Spannung im Raum weiter zu lösen. Statt des bisherigen entsetzten Schweigens war nun leises Gemurmel zu hören. Mathilda konnte sehen, wie sich ihr gegenüber zwei Köpfe dezent zueinander neigten, um zu flüstern.
    „Schwester Konigund Weilerin, Euch verwarne ich hiermit zum zweiten Mal. Solltet Ihr noch

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