Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
Reisingerin schüttelte noch einmal nachdrücklich den Kopf, dann verschwand auch sie.
»Das bringst du jetzt dem Max«, empfahl mir Anneliese und drückte mir die Beweismittel in die Hand. »Und dann misst du noch aus, wie hoch die Leine von der Laschingerin ist. Dann wissen wir die Größe vom Mörder.«
Ich sah etwas skeptisch nach oben. Das musste echt ein Riese sein. Das waren bestimmt ein Meter neunzig.
»Wir haben doch gar keine Leute bei uns im Dorf, die so groß sind«, murrte ich.
»Na ja. Da braucht nur der Loisl seinen Hut mit dem Gamsbart aufhaben.«
Unsinn. Mit einem Gamsbart riss doch keiner eine Wäscheleine ein.
»Ist ja auch wurscht«, war Annelieses Meinung. »Ich muss jetzt heim und die Kinder abholen. Der Thomas …«
»Ja, ja«, sagte ich nur. Keine weiteren Kommentare über den Thomas. Gut, dass Max und ich keine Kinder hatten. Wenn Männer im Allgemeinen keine Kinder versorgen konnten und ich im Speziellen auch nicht, dann hätten wir ein richtiges Problem.
»Außerdem wissen wir ja schon wegen der DNA, wer der Mörder ist«, sagte sie. »Die werden sich freuen, die von der Spurensicherung.«
Ja, da war ich mir auch ganz sicher, dachte ich mir mürrisch. Und gerade Max würde vor Freude an die Decke springen. Besonders, weil wir die roidlsche Handysache noch gar nicht ausdiskutiert hatten.
Nachdem ich das mit den Zigarettenkippen wieder dem Maarten überlassen hatte, musste ich den ganzen Stress mit einer riesigen Leberkässemmel aufarbeiten. Inzwischen war mir auch egal, dass ich dabei erschossen werden konnte. Während ich die Semmel in Empfang nahm, beschloss ich, meine nächsten Semmeln nicht mehr hier im Ort zu kaufen. Das Personenaufkommen in der Metzgerei war so riesig, dass einem ganz anders wurde. Die Langsdorferin schob mir schon wieder ihr Gehwagerl in die Kniekehlen. »Die ganze Zeit reden s’ von Grabschändern, und jetzt sollen des die Wildsauen g’wesen sein«, beschwerte sie sich. Anscheinend hatte sie die ganze Zeit nicht richtig zugehört.
»Des hättst dir doch glei denken können«, erklärte die Kathl. »Des hat doch so was von nach Wildsau g’rochen.«
»Ich riech ja nix mehr, seit ich des mit der Nebenhöhleng’schichte g’habt hab«, klärte mich die Langsdorferin auf. »Des kann stinken wie noch mal was, und ich riech’s ned.«
»Des is auch nix«, sagte die Rosl, weil keiner etwas dazu sagte.
»Ja. Wennst recht schweißelst, des merkst halt gar ned«, erklärte die Langsdorferin der ganzen Runde ernst. »Und dann sag ich halt meinem Ludwig, jetzt musst du wieder an der Wäsch riechen.«
An der Wäsche riechen? Das klang ja furchtbar.
»Und manchmal …«, fing sie begeistert an.
»Ich muss echt in die Arbeit«, unterbrach ich sie verzweifelt.
»Sind die nicht g’fährlich?«, wechselte sie Gott sei Dank das Thema. »Die Wildsauen, des sind ja Trumm-Viecher.«
»Besonders die ang’schossenen, die sind gefährlich«, erklärte die Rosl ihr. »Wennst so eine triffst, ist’s ja gleich aus.«
»Ja«, bestätigte die Metzgerin blutrünstig. »Da schießen’s ned g’scheit, treffen die Sau am Unterkiefer, und dann wird die natürlich richtig bös.«
»Und dann verhungert s’, die arme Sau«, sagte die Rosl unwirsch, die nichts davon hielt, dass man nicht gleich richtig schoss und traf.
»Die hätt doch bestimmt auch wieder rausg’funden, aus dem Friedhof«, meinte die Langsdorferin. »Die hätt man nicht gleich derschießen müssen.«
»Die hätt nie rausg’funden«, sagte der Metzger böse hinter der Langsdorferin und knallte die Beinscheiben in die Auslage. »Und die war auch gleich hin.« Ich hatte den Eindruck, dass er mir dabei einen ganz und gar mörderischen Blick zuwarf.
»Waren ja auch nur zwanzig Meter«, mischte sich der Troidl ein. Auch er sah mich nicht besonders freundlich an.
»Des war ein ganz sauberer Blattschuss. Ganz klassisch«, erklärte der Metzger stolz.
Na prima. Ich drängelte mich an der Langsdorferin vorbei nach draußen.
»Und, was ist rausgekommen?«, fragte Anneliese. Sie hatte ihren Kindern Eis in die Hand gedrückt und sie in den Garten geschickt. Mir hatte sie gleich zwei Eis zugeteilt, weil »die gar so klein sind«. Eine Weile zögerte sie noch, dann nahm sie sich auch zwei.
Was rausgekommen war? Beziehungsstress. So was kam bei uns immer raus. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Max hatte nämlich gesagt, Schuster, bleib bei deinem Leisten. Das sollte heißen, dass ich über seinen
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