Und führe uns nicht in Versuchung: Kriminalroman (German Edition)
der Mordkommission vorbei«, sagte die Reisingerin zufrieden.
Ja. Und demnächst kamen bestimmt ein paar Pathologen und Profiler, um die Kugeln zu untersuchen. Ich warf Max einen mürrischen Blick zu.
»Bis jetzt hätten wir also noch nix gefunden«, gestand der Schorsch etwas kleinlaut. »Also, kein Projektil oder so. Die Kugeln hat’s halt einfach zerrissen.«
Ach was.
Max seufzte nur.
Irgendwie hatte ich plötzlich gar keine Lust mehr, den Ermittlungen zuzusehen.
Max saß mir gegenüber und sah mir beim Essen zu. Er hatte bereits gegessen und war anscheinend fasziniert, wie viel ich aß. Großmutter hörte man in der Speisekammer, es rumpelte und schepperte hin und wieder, und sie sagte unverständliche Dinge, bei denen es bestimmt gut war, dass sie unverständlich waren.
Max hatte einen derart seltsamen Blick drauf, dass ich irgendwann zu essen aufhörte.
»Ess ich dir zu viel?«
Seine bisherigen Freundinnen waren ziemlich farblose Gestalten gewesen, jedenfalls hatte ich mir das zusammengereimt. Sie ernährten sich wie die Hasen vom alten Meier von einzelnen Salatblättern und lebten nie ihre Neigungen aus. Neigungen auszuleben war mein erklärtes Ziel, und gerade hatte ich die Neigung, ganz viel Fett in Form von Blutwürsten in mich hineinzustopfen.
Max schüttelte den Kopf und lächelte dabei. Anscheinend hatte er mir die Sache mit dem Handy doch schon wieder verziehen und außerdem beschlossen, dass Maarten nicht ernsthaft unsere Beziehung gefährdete.
»Ich kenne nur keine Frau, die so seltsame Dinge isst wie du.«
Ja, das wusste ich auch. Frauen ernährten sich angeblich von Rohkost und Milchkaffee und nicht von Bergen von Leber- und Blutwürsten. Oder Leber. Leber mit Bananen und gebratenen Zwiebeln von meiner Großmutter, das war das Beste. Da konnte ich glatt vergessen, wie stark die Leber mit Schadstoffen belastet war.
»Willst du probieren? Im Gegensatz zu seinen Wienern kann er das mit den Blutwürsten nämlich«, pries ich die Fähigkeiten vom Metzger. Und ich wollte jetzt wirklich keinen Vortrag darüber hören, was seine früheren Freundinnen gegessen hatten. Auf seine früheren Freundinnen war bestimmt auch nicht geschossen worden.
»Ich muss dann mal. Ich komme heute Abend wieder«, versprach er mir.
»Wisst ihr denn schon, wessen Handy das war, du weißt schon …«
Max wusste es natürlich haargenau, aber er hatte es plötzlich wahnsinnig eilig.
»Das kann doch nicht so lange dauern, das rauszufinden«, jammerte ich noch ein Weilchen vor mich hin. »Ihr habt doch bestimmt Zugang zu allen möglichen Daten, das kann doch nicht so schwer sein, eine Handynummer festzustellen.«
Max seufzte und küsste mich kurz auf die Lippen. »Es ist von einem Handy ohne Vertrag. Wahrscheinlich holländischer Herkunft.« Er küsste mich noch einmal auf die Stirn und empfahl mir, auf mich aufzupassen.
»Holländischer Herkunft?«, fragte ich.
»Du bleibst im Haus«, sagte er. »Der Maarten hat heute keine Zeit. Du entspannst dich einfach. Machst dir einen gemütlichen Tag mit deiner Großmutter.«
Holland. Was sagte mir Holland?
Max verschwand nach draußen, Großmutter schimpfte in der Speisekammer über irgendeinen Saustall.
Ich hob die Augenbrauen. So viel zum Thema gemütlicher Tag mit Großmutter. Als sie wieder in die Küche kam, sah sie reichlich derangiert aus.
Die alte Schallerin. Rheumadecken. Krematoriumsangebote. Zigarettln. Und Handys. Vielleicht ein Handy für ihren lieben Enkelsohn, den Anderl.
»Wer hat jetzt eigentlich den Schaller-Opa damals in den Wald gefahren – der Girgl oder der Anderl?«, fragte ich Großmutter, weil mir wieder eingefallen war, was Maarten erzählt hatte.
»Was weiß ich. Die Kreszenz hat ihn doch selber rausgefahren.«
Die Kreszenz war das garantiert nicht, ich konnte mich noch blendend erinnern, dass die Kreszenz nach dem Schusswechsel bei uns am Gartenzaun gehangen war. Das konnte man sogar auf dem Video sehen, das der Kare so vorausblickend gedreht hatte. Die Sache mit dem Vorsorgetermin war also auch erstunken und erlogen.
»Nein, die Kreszenz, die war doch hier bei uns.« Ganz sicher. Sozusagen mit Beweisfoto.
»Vielleicht hat ja der Girgl seinen Opa rausgefahren. Ja, ich kann mich wieder erinnern. Sie hat gesagt, der Girgl, der nette Bub, hat seinen Opa rausgefahren.« Großmutter zog den Mülleimer unter unserem Spülbecken hervor und schimpfte über den Saustall, den wir überall hätten.
»Jetzt lass doch mal den Saustall Saustall
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