Und jede Nacht ist Halloween
merkwürdig gefunden, wie bereitwillig Winston Abendessen-Verabredungen mit den Schwiegereltern einging. Dann setzte ihre Erinnerung ein, und sie sah blitzartig das Hochzeitsbild von Winston und ihrer Mutter, tanzend, seine Hand einfach so auf ihrer Hüfte; das Mal, als sie sie in ihrer Park-Avenue-Küche fand, wie sie sich umarmten, anstatt die Avocados zu entkernen; oder wie naß der Hörer von nervösem Schweiß immer war, wenn Winston ihn ihr nach oberflächlichen Gesprächen mit seiner Schwiegermutter reichte.
Sie sagte, sie fühle sich als wertloser Idiot, daß sie es hätte wissen müssen. Sie nahm unsere Bilder. Wir nahmen ihr Geld. Es ist ernüchternd, dafür bezahlt zu werden, anderer Leute Leben zu zerstören. Sie lehnte unsere halbherzige Einladung zu einem Abendessen ab, indem sie versicherte, es gehe ihr gut, und machte hinter sich die Tür zu. Ich hätte wahrscheinlich für sie geweint, aber nachdem ich vom Fieber so ausgelaugt war, hatte ich dafür einfach nicht mehr genug Flüssigkeit übrig.
Alex und ich nahmen ein Taxi bis zu meiner Wohnung in Brooklyn. Zu der Zeit lebte er mehr oder weniger mit mir zusammen. Nachdem ich Otis mit ein bißchen Leberpüree gefüttert hatte, schlug Alex vor, daß ich mich in die Badewanne legen sollte. Vielleicht ginge es mir dann besser, er würde im Wohnzimmer lesen, kein Problem. Ich merkte noch nicht einmal, wie distanziert er war. Ich war durch den Fall und durch meine Erkältung viel zu sehr in Anspruch genommen, um seine Ungeduld mir gegenüber zu bemerken. Oder zu merken, daß ich ihn die ganze Zeit über nicht beachtet hatte. Alles, woran ich denken konnte, war mein eigenes Unglück. (Santina würde jetzt sagen, daß ich schon wieder die Schuld auf mich lade — daß ich sie aber nicht allein trage. Daß er mehr auf mich hätte achten sollen. Ich war krank; ich flippte wegen des Falls aus. Offensichtlich hatte ich Schweres durchzumachen. Er hätte dankbar sein müssen, daß ich nicht an meinem Fieber sterbe. Und so weiter.) Ich sagte ihm, ein Bad klänge super, aber nur, wenn er es mit mir nähme.
»Könnten wir das bitte jetzt lassen?« bat er.
»Was lassen?«
»Dieser Streit regt uns beide auf, und ich bin zu müde, um ihn jetzt zu führen.«
»Ich will dich nicht aufregen.«
»Zum hundertsten Mal, Wanda, wenn ich nackt in heißem Wasser herumsitze, fühle ich mich wie ein weichgekochtes Ei.«
»Verdammt noch mal, Alex, die Hände des Teufels sind seit Tagen aus dem Boden herausgekommen und haben nach meinen Knöcheln gegrabbelt. Ich könnte ein bißchen Unterstützung gebrauchen. Ich könnte ein bißchen Zuneigung gebrauchen. Ich komme mir vor, als zerspringe ich gleich.« Ich hämmerte auf meine Knie. »Herz meines Herzens«, geiferte ich, »wenn du das jetzt nicht für mich machst, dann glaube ich nicht, daß wir weitermachen sollten.«
»Womit weitermachen?«
»Überhaupt weitermachen.«
»Also im Grunde«, sagte er ruhig, »wenn ich dich liebe, dann sollte ich ein Bad mit dir nehmen, auch wenn ich eine persönliche Abscheu dafür empfinde?«
»Ja.«
»Du bist...«
»Versuch jetzt nicht, mir zu erklären, daß ich unvernünftig, überemotional oder manipulativ bin. Ich hasse diese Worte.«
»Du bist krank und müde und schlechter Laune. Ich auch. Dieser Fall war auch für mich hart. Ich weiß, daß ich im Moment nicht klar denken kann. Und ich glaube nicht, daß du das gerade selber tust. Also laß uns das bis morgen aufheben.«
»Ich sehe hier zum ersten Mal in der ganzen Woche klar. Und was ich sehe, ist, daß, wenn du dieses Bad nicht mit mir nimmst, unsere Beziehung nicht soviel wert ist wie Sand in der Wüste.«
Er starrte mich vom Bett aus an, schwitzend, mit rotem Kopf, und wütend. Endlich sagte er: »Laß es uns hinter uns bringen« und zog sein Hemd aus. Das Bad dauerte ganze fünf Minuten, halb so lang, wie es brauchte, die Badewanne zu füllen. Wir konnten nicht verhindern, daß unsere Beine sich berührten, aber abgesehen davon blieb er so weit von mir entfernt wie nur möglich. Er wollte sich nicht anstecken. Als wir nachts im Bett lagen, konnte ich nicht schlafen. Ich brannte vor Wut, daß Alex mir seinen Rücken zugedreht hatte. Sonst schliefen wir immer wie die Kätzchen ineinander verschlungen. Ich rückte zu ihm herüber und hängte meinen Arm über seine Taille. Keine Erwiderung. Ich schaute, ob seine Augen geöffnet waren. Waren sie nicht. Ich küßte seinen Rücken und rieb mich gegen ihn. Er bewegte sich und
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