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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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letzten Regel. Schlummer schickte mich ziemlich bald danach auf die Matratze.
    Es war die Sorte Morgen, an dem ich mir alle fünfzehn Minuten verspreche, daß ich jetzt gleich sofort aufstehen werde, es aber nie tue — bzw. erst, wenn mindestens zwei Stunden vorbeigeschwebt sind. Ich verbrachte die Zeit damit, mir Phantasien über meine Zukunft als Stroms Puppe vorzugaukeln. Ich fragte mich, ob ich dafür neue Klamotten brauchen würde. Ich fragte mich, ob er dafür bezahlen würde.
    Gegen Mittag zwang ich mich hoch. Der Anrufbeantworter blinkte. Alle fünf Nachrichten waren von Alex. Er fing mit einem milden Spruch an: »Es ist neun. Ruf mich mal an, wenn du dazu kommst. Nichts Wichtiges.« Und es endete total genervt: »Es ist drei Uhr am gottverdammten Morgen. Herrgott. Wo zum Teufel bist du? Ruf mich sofort an, wenn du wieder zurückkommst. Das meine ich ernst, Wanda.« Der liebste Alex klang ein bißchen eifersüchtig. Ich fand’s herrlich.
    Während ich mich anzog (501s und einen Kaschmirpullover), klingelte das Telefon. Ich ließ die Maschine drangehen. »Sie haben das innerste Zentrum der Verzweiflung erreicht. Dies ist der Manager, Wanda, am Apparat. Wir nehmen keine Reservierungen entgegen. Biep.« Ich hatte das während meiner durch ein gebrochenes Herz bedingten Einsiedlerzeit aufgenommen. Es brachte mich einfach um, daß Alex es vorige Nacht fünfmal gehört hatte. Ich machte mir eine geistige Notiz, die Nachricht zu ändern.
    Der Anrufer sagte: »Es wäre gut für dich, wenn du gerade auf dem Weg hierher bist.« Es war Alex, wahrscheinlich in Do It Right. Der arme Kerl, wahrscheinlich war er völlig krank vor Sorge. »Bring Geld mit. Ich will heute ausgezahlt werden.« Er legte auf. Während ich zur Subway ging, dachte ich mit einiger Langeweile daran, wie ich ihn quälen könnte.
    Auf dem Bahnsteig bemerkte ich, daß sie wieder da war: die attraktiv gebaute Taschendiebin. Ich versuchte, zu ihr Blickkontakt aufzunehmen, aber sie ignorierte mich. Sie war dabei, die Männer zu checken, wie wir das alle tun, wenn wir auf U-Bahnsteigen rumstehen: in der Menge der Passagiere aussuchen, wen wir am liebsten bumsen würden. Der Zug fuhr ein, und ich achtete darauf, denselben Wagen wie sie zu besteigen und mich in ihrer Nähe aufzuhalten. Ich versteckte mich hinter einer alten Frau mit fünfzig Einkaufstüten, um sie ungestört beobachten zu können. Sie wartete offensichtlich auf leichte Beute. Es war erst an der West 4th Street in Manhattan, daß ein Kandidat nichtsahnend hereinspazierte.
    Er hatte lange Haare und eine arrogante Art, also ging ich davon aus, daß er in der Musikbranche tätig war. Sein Portemonnaie war in seiner Rücktasche und schaute gerade weit genug für ein nicht ganz so zufälliges Anrempeln und Klauen heraus. Ich schaute eine Sekunde weg von meiner Sekretärinnenfreundin, um der blauhaarigen alten Frau zu sagen, sie solle aufhören, mir mit ihren Tüten im Rücken herumzustochern. Als ich mich zurückdrehte, war das Portemonnaie des Typen weg, und die Mieze hatte sich den Mittelgang hinunter in den nächsten Wagen aufgemacht. Scheiße, dachte ich. Verpaßt. Damit Ende des kostenlosen Subway-Unterhaltungsprogramms.
    Ich stieg in der 42nd Street aus und lief zum Times Square rüber.
    Alex hatte das ganze Büro aufgeräumt, was bedeuten konnte, daß er entweder in einer ausnehmend guten oder in einer besonders schlechten Laune steckte. Ich versuchte zu erreichen, daß unsere Augen sich träfen — ich wollte dann schnell wegschauen, als ob ich ein riesengroßes Geheimnis hätte. Er gab mir nicht die Gelegenheit dazu. Er zeigte auf ein goldenes Medaillon an einer Kette mit Hakenschließe, das auf meinem Schreibtisch lag. Er sagte: »Das gehörte Flush. Ich fand es gestern abend beim Staubsaugen unter meiner Couch. Deswegen habe ich dich hundertmal angerufen, also kannst du dir diesen selbstgefälligen Gesichtsausdruck von der Visage wischen. Ich könnte mich nicht noch weniger, als ich es tue, dafür interessieren, was du mit Strom gemacht hast.« Das Medaillon fühlte sich in meiner Hand massiv und schwer an. »Drinnen ist ein Bild«, sagte er. Tatsächlich. Eine nette schwarzhaarige Frau mit Rüschenkragen, die betäubt in Richtung Vögelchen lächelte. »Du brauchst mir nicht zu danken, oder so.« Er blickte finster auf mich herunter.
    Ich fragte mich, wie ihr die Kette vom Hals gefallen sein könnte, und dann auch noch unter Alex’ Couch. Während sie wie die Verrückten knutschten,

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