Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
wünschte, das wüßte ich auch so genau über mich.
    »Habe ich schon jemals etwas verschenkt?«
    »Einführungskurs ins Detektivwesen, Wanda. Der Fall ist immer wichtiger als alles andere.«
    Ich griff in die Tasche meiner Jeans und hielt ihm die winzige, vergilbte Fotografie aus dem Medaillon von irgend jemandes Mutter zwischen Daumen und Zeigefinger entgegen. Ich hatte sie in meine Jeans gesteckt, als die Bullen hier hereingetrampelt kamen. »Ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir beide uns mal hinsetzen und miteinander reden, Alex«, sagte ich. »Wenn du mich noch mal belügst, bist du auf dich selbst gestellt.« Ich auch, und die Idee machte mir angst. Er hatte wahrscheinlich keine Ahnung, wie wichtig die Wahrheit war.
    Wir sagten uns gegenseitig eine Menge an dem Nachmittag, nicht alles hatte etwas mit dem Fall zu tun, und vieles hatten wir auch schon mal gesagt. Irgendwann kamen wir überein, abzuwarten, wie die Sache sich entwickelte — soll heißen, auf romantischer Ebene — , und eine Entscheidung bis zum Abschluß des Falls zu vertagen. Ich deutete an, bis zu dem Zeitpunkt könnte es zu spät sein, und tanzte verbal um das Kapitel Strom herum, aber Alex wirkte nicht bedroht. Der Streit, den er mit Flush gehabt hatte, war nichts, aber er gab offen zu, eine Nacht mit ihr verbracht zu haben — er war betrunken, sie hatte ihn verführt. Ich nahm die Nachricht schlecht auf. Das war der Moment, in dem ich anfing zu heulen. Ich hatte noch nicht um ihn geweint, und ich dachte mir, es könnte nicht schaden, wenn er dabei zuschaute. Er ließ mich auf seinem Schoß sitzen und hielt mich in seinen Armen. Ich dachte darüber nach, wie merkwürdig es doch war, daß unsere sexuellen romantischen Verbindungen in diesen Fall so stark verwickelt waren. Ich dachte außerdem daran, wie verbunden ich Alex war. Es war, als hätten wir dieselbe Haut.
    Er mußte los. Gott allein wußte, wohin, und wir vereinbarten, uns später dem freitagabendlichen Besäufnis im Outhouse anzuschließen. Insgesamt gesehen hatte dieses Gespräch wenig dazu beigetragen, meine verwirrten Vorstellungen zu besänftigen oder uns wieder in heiliger Monogamie zu vereinen. Ich glaubte, daß er so ehrlich gewesen war, wie er nur irgend konnte. Und ich glaubte, daß er weder der Killer noch der Dieb war, obwohl seine Verstrickung stündlich komplizierter wurde. Ich wußte nicht genau, was ich als nächstes tun sollte.
    Wie Santina immer sagte, im Zweifelsfall immer shopping gehen. Der Gedanke, diesen Mini noch mal anziehen zu müssen, verursachte mir Übelkeit. Ich setzte mich vor Do It Right in ein Taxi und fuhr nach Downtown, um mir einen neuen zu kaufen. Im Rückspiegel dachte ich, ich sähe einen grauen Hai hinter uns her in Richtung Süden schwimmen. Als ich mich umdrehte, war nirgendwo eine Limousine zu entdecken. Ich stieg am St. Mark’s Place im East Village aus, eine dieser Handelsstraßen, die man lieber in New York vermeidet. Jeder Laden, jedes Restaurant und jede Bar verfügt sowohl über einen enthusiastischen Namen als auch eine bunte Markise. Eine Wandmalerei von einem einäugigen Gringo, der eine Kippe raucht, bedeckte die gesamte Seite eines Gebäudes. Die Luft war kalt und naß, aber Dutzende von Verkäufern auf dem Bürgersteig, die billige Pornozeitschriften verkauften, versperrten den Weg. Ich suchte mir meinen Weg durch die Masse Restaurantgänger, eine Menge dunkler, mürrischer Gesichter, die sich in Richtung Reformkostkneipen aufmachten. Die andere Million Leute auf der Straße quetschte sich gerade in Bars, rauchte auf Treppenabsätzen, posierte oder genoß schlicht die Show, sogar im Januar. Ich trat auf dem Weg zum Metrorama, einer der Boutiquen aus meiner Schickimickijugend, auf das spitze Vorderteil von jemandes Stiefel. Ich entschuldigte mich und verschwand schnell in dem Laden, um mir was neues Ledernes zu holen.
    Vorne fummelte ein Mädchen mit stacheligen Haaren an ihrem Ohrring und las die High Times. Sie ignorierte mich, also schaute ich mich um. Fesselnde süße kleine Accessoires lagen unschuldig in gläsernen Vitrinen. Es gab mehr Nasenringe als Ohrringe, und die wurden nicht in Paaren verkauft. Aus Jux band ich mir einen beschlagenen Lederriemen um mein unversehrtes Handgelenk. Ich konnte fühlen, wie meine Finger durch die abgeschnittene Blutzufuhr kribbelten. Ich stellte mir Strom diesen Morgen auf dem Bett vor und erinnerte mich an den Moment, als er sich zum ersten Mal mit seinem ganzen Gewicht auf mir

Weitere Kostenlose Bücher