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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Halbglatze, bevor er sich davonmachte.
    Während ich da so stand, mit unrasierten Beinen und mit Lederriemen an die Wände einer Ankleidekabine in einem Downtowner Fesselungs-Bekleidungs-Warenhaus gekettet, gönnte ich mir einige Minuten des Nachdenkens. Dieser Fall torkelte gerade völlig außer Kontrolle. Alle schienen mehr zu wissen als ich, und auch Strom war nicht gerade mitteilsam. Nur noch bezahlt zu werden schien mir nicht mehr auszureichen. Ich wollte Antworten sehen, und ich würde sie auch bekommen, verdammt noch mal, sobald ich mich hier aufgeknotet hätte. Ich kämpfte also los, aber je mehr ich daran zog, desto fester wurden die Knoten. Es kam mir in den Sinn, daß Gigantor in einem früheren Leben einmal Matrose gewesen sein mußte. Vielleicht hatte er ja die stachelhaarige Verkäuferin plattgemacht. Die Idee, daß ich völlig allein sein könnte — normalerweise eine schöne Sache — , verbrannte Teile meiner selbst, von denen ich gar wußte, daß ich sie hatte. Ich war also gezwungen, das eine Wort anzuwenden, von dem ich mir geschworen hatte, es nie anzuwenden, außer wenn in einen tödlichen Kampf mit fleischzerfetzenden Hyänen verwickelt...
    »Hilfe!« schrie ich.

Crutchig komisch

    Die gefährlich frisierte Verkäuferin trug meinen Mini. An ihr sah er besser aus als an mir. Sie beäugte mich, wie ich angeschirrt in der Umkleidekabine hing, schüttelte den Kopf und stöhnte: »Nicht schon wieder.«
    »Ich vermute, Sie kriegen hier einen Personalrabatt.«
    »Was ist mit euch Typen eigentlich los?«
    »Genetische Fehlentwicklung«, schoß ich zurück. Sie befreite mich, indem sie die Riemen mit einer Schere durchschnitt. Ich mußte sie bezahlen — ganz offensichtlich eine geschickte Umsatzpolitik des Ladens. An der Kasse ließ ich meine Visa-Karte rüberwachsen und meine Lider verlegen herabsinken. Die Riemen mit dem Mini kosteten mich lockere hundert (Dollar, meine ich). Spesen hin oder her, meine Karte würde das niemals decken.
    Sie wählte die Kreditkartenleute an. Beim Warten fragte sie mich: »Wer macht eigentlich Ihr Haar?«
    Wer auch immer sich um ihres kümmerte, hatte wohl seine Gartenbeschneidungserlaubnis noch nicht erhalten. Ich sagte: »Adrienne Argola.« Das ist der Name von Santis Laden.
    »Yeah, aber wer da?«
    »Santina Epstein.«
    »Kann nicht sein.«
    »Kann es wohl.«
    »Ich habe bei ihr für meine Kosmetikerprüfung gelernt.«
    »Und Sie haben es so sehr zu nutzen gewußt«, sagte ich. Sie hörte mich aber nicht. Sie war gerade dabei, meine Visa-Nummer in den Hörer aufzusagen. Ihre schwarz geränderten Augensterne wanderten über mich hinüber, bevor sie wieder auflegte. Jetzt kommt’s, dachte ich.
    »Sie haben um zwanzig überzogen«, sagte sie, aber sie reichte mir trotzdem den Belegzettel rüber. »Bestellen Sie Santina einen schönen Gruß von Bermuda Betty.« Ich nahm die Einkaufstüte und machte mich aus dem Staub, ehe die Betse sich das anders überlegen konnte. Es war immer noch Winter draußen, aber aus irgendeinem Grund überraschte mich die kühle Abendluft. Ich packte meinen Einkauf und grinste. Diese Yin-Yang-Geschichte mal wieder. Das Leben hat so eine hartnäckige Art, mich zu ermutigen. Ich machte mir eine geistige Notiz, Santina einen riesendicken Schmatzer auf die Backe zu drücken.
    Immerhin schaffte ich es, in voller Montur und auch noch pünktlich im Outhouse zu erscheinen. Es war zehn Uhr am Freitagabend. Meine Subwayfahrt vom Do It Right war ereignislos. Keine Taschendiebe, niemand, den ich hätte bumsen wollen. Nichtsdestotrotz fühlte ich mich gut drauf. Als ich ankam, entdeckte ich Alex, der in seiner vertrauten Michigan-Uni-Jacke und seinen Basketballschuhen einen Barhocker besetzte. Ich vermutete, daß er die Lederjacke nur trug, wenn er sich gefährlich fühlte. Er sah mir geradeaus in den Mini und zwinkerte mir zu. Billy, der Taschenrechnerkünstler, summte versunken in den blutroten Vorhängen seine Mondscheinmelodie vor sich hin und machte größere Anstrengungen, als nötig gewesen wären, um nicht beachtet zu werden. Und Crutch alias Sally, das Mädchen der Post-it-Kleber, schüttelte ihre Drinks und Hüften in mehr verschiedene Richtungen, als ich es für möglich gehalten hätte. Ich hätte erwartet, daß sie nickte, lächelte oder mir sonst irgendein Anzeichen geben würde, daß wir später noch einmal über ihre heimliche Nachricht quatschen würden. Aber sie sah mich kaum an, und als sie es tat, war ihr Gesichtsausdruck der eines

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