Und jede Nacht ist Halloween
hinterher.
Die beiden Frauen waren damit beschäftigt, möglichst uninteressiert aneinander zu scheinen. »Crutch«, sagte ich ruhig, »du hast jetzt zu allem, was ich sage, zu nicken und brav ja zu sagen.« Sie nahm einen Schluck Kaffee. »Einen Block entfernt von hier ist eine Subwaystation. Linie D. Du und Alex werdet langsam, mit hochgeschlagenen Mantelkragen, dorthin gehen. Nehmt den Zug, und geht zum Adrienne-Argola-Studio an der Upper East Side. Alex weiß, wo das ist. Dort fragt ihr nach Santina Epstein. Du hast sie gestern nacht kennengelernt. Nette Dame. Sag ihr, Wanda hat dich geschickt. Sag ihr, sie soll dich zum Wachs-Epilierungs-Raum führen. Sag ihr, Wanda hätte gesagt, du sollst keine ihrer Fragen beantworten. Bitte sie um ein paar Zeitschriften und bleib da. Verstanden?«
Sie hielt ihren bandagierten Finger hoch und fragte: »Wo gehe ich also hin?«
»Alex, bring sie dahin. Und erklär ihr, warum ihr Leben davon abhängt. Ich bin dann im Do It Right.« Crutch schaute mich an. Alex zog sie an ihrem Arm hoch, und sie gingen, wobei Crutch Alex’ Zug Widerstand leistete. Wenn sie keine Angst hatte, war sie ein Idiot, und dann wäre sie auch zu dämlich, sich von jemandem helfen zu lassen. Ich versuchte, weiter nachzudenken.
Lola quiekte: »He. Was ist mit mir? Ich will meine Brieftasche wiederhaben.«
»Iß deinen Quark, und halt die Schnauze.« Wenn Alex und Crutch gut wegkamen, dann war ein Problem gelöst. Weitere Biker fuhren draußen vorbei. Wenn Smith vor meiner Wohnung wartete, worauf ich wohl einiges setzen konnte, dann könnte Lola versuchen, ihm gleich da die Brieftasche abzunehmen. Das würde ein weiteres Problem erledigen. Ich dachte nicht, daß er mir weh tun würde, aber ich war mir nicht mehr so sicher, daß ich noch unter Stroms Schutz stand. Strom mußte mittlerweile erfahren haben, daß ich ihn angelogen hatte, als ich behauptete, Crip hätte Crutch geholt. Und soweit ich das überhaupt einigermaßen beurteilen konnte, waren die Schergen sowieso hinter mir her. Ich langte nach meinem Kamelhaarmantel von Donna Karan und stieß ihn in Lolas Richtung. Ich sagte: »Zieh meinen Mantel an.« Ich zog ihren an. Es war ein langer schwarzer Trenchcoat. Er war etwas franselig, aber für diesen Zweck reichte er — und er paßte gut zu meinen Haaren.
Lola maulte: »Ich hab’ aber noch nicht aufgegessen« und zeigte mit einem Löffel auf ihren Teller.
Ich knallte ihren Obstsalat in den Aschenbecher. »Aber jetzt wohl. Los geht’s.« Ich warf einen Zwanziger auf den Tisch. Ich wußte nicht, ob Alex schon für sich und Crutch bezahlt hatte. Auf dem Weg hinaus sagte ich zu Mrs. Kiney: »Heben Sie mir den Bon auf.«
Wenn nicht Lars oder Smith mit von der Partie waren, würden die Biker auf der Suche nach einer Frau mit dunklen Haaren in einem beigen Mantel sein. Lola war blond, also würden sie sie nicht anhalten. Wir bogen um die Ecke, um zu meinem Häuserblock zu gelangen. Mindestens zehn B-&-I-Biker waren vor meinem Haus auf Posten. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob Strom ihnen gesagt haben würde, daß ich eine Brille trage. Als ich ihn heute morgen verließ, trug ich sie nicht, also setzte ich sie jetzt auf. Ich konnte in der Gruppe niemanden Bekanntes ausmachen. Wir kamen näher heran. Ich fragte mich, wie sehr ich meinen Schutzengel belasten würde, wenn ich so tat, als wohnte ich in demselben Haus in einer anderen Wohnung. Lola klickerte unbekümmert in ihren Hacken neben mir her. Wenn sie irgendwelche Gefahr spürte, zeigte sie das jedenfalls nicht.
Da hineinzukommen war eine Angelegenheit von Leben oder Tod: Otis mußte gefüttert werden. Na ja, vielleicht würde sie aufgrund einer ausgelassenen Mahlzeit nicht gleich sterben, aber ich wollte auch wissen, was die Horde sagen würde, wenn ich sie fragte, was sie auf meiner Treppe machten. Der Plan würde scheitern, wenn mich irgend jemand erkannte. Auf jeden Fall war es ein Einsatz mit hohem Risiko — Santina würde mal wieder so enttäuscht sein von mir — , aber es war einer, den ich wagen mußte. Als wir näher heranrückten, attackierte der Geruch von Leder und Schmieröl meine Nasenlöcher. Ich tat meine Hand auf Lolas Rücken, um sie weiterzuschieben. Sie sagte: »Nimm deine verdammte Hand von mir.«
»Halt die Schnauze, du Idiot.«
»Nenn mich nicht Idiot, du Arschloch.«
Wir waren ein paar Türen weg von meinem Haus. Die Biker starrten uns an, als hätten wir keine Kleider an. Ich flüsterte Lola zu: »Ich mein’
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