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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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Welle an Beschützerinstinkt für Lola über mich hinwegspülen. Ich schnappte mir ihr Handgelenk und zog sie von ihm weg. »Gehen wir endlich los«, sagte ich Smith. »Lola muß wohin.«
    »Wir können sie ja dahin bringen«, sagte er.
    »Das wäre wirklich nett«, zwitscherte Lola.
    »Sie brauchte eine Mitfahrgelegenheit«, bestätigte er.
    »Dann fahr sie doch nach Hause«, sagte ich. »Ich warte dann hier.« Die logische Konsequenz trat klar zutage. Er wußte, daß das Motorrad nur zwei Leute mitnehmen konnte. Smiths innerer Kampf malte sich auf seiner Stirn als »Mensch ärgere dich nicht« ab.
    »Du wirst nicht warten«, riet er.
    »Sie oder ich, Einstein.«
    Er drehte sich zu Lola. Sie lächelte und fragte: »Wirst du mich mal anrufen?«
    »Ich hab’ deine Nummer nicht.«
    »Wanda hat sie«, sagte Lola, und sie nahm die Stelle in Augenschein, an der ich ihr Portemonnaie in meine Hosentasche geschoben hatte.
    Smith sagte: »Es gibt da dieses hervorragende schottische Spezialitätenrestaurant, in das wir mal gehen könnten.«
    »Wie heißt es denn?«
    »McDonald’s«, sagte er. »Heh, heh.«
    Sie mochte den Scherz nicht annähernd so sehr wie er selbst. Für Mädchen sind Verabredungen nichts zum Spaßen. Sie drehte sich zu mir und küßte mich zum Abschied auf die Wange. Ich hatte keine Ahnung, warum sie plötzlich dermaßen herzlich war. Das heißt bis zu dem Moment, in dem ich das Gewicht in meiner Manteltasche um ein weiteres Portemonnaie schwerer werden spürte. Als sie sich entfernte, sagte sie: »Vielen Dank, daß du mir deine Bude gezeigt hast«, was in Wirklichkeit hieß: »Ich weiß jetzt, wo du wohnst.« Dann machte sie noch einen Kußmund in Richtung Smith und ging beschwingt in ihren hohen Hacken die Straße hoch. Verdammt, dachte ich. Mein Mantel stand ihr besser als mir.
    Smith beobachtete sie, wie sie auf der Seventh Avenue nach links abbog. Er sagte: »Nettes Mädchen.«
    »Voller Überraschungen.«
    »Also, welche Telefonnummer hat sie?«
    »Geb’ ich dir später.«
    »Ich glaube nicht, daß du dazu in der Lage sein wirst.« Seine Augenbrauen wurden wieder gerade.
    »Ruf den Super-Scrub Car Wash auf der Atlantic Avenue an. Frag nach Lola.«
    »Da arbeitet sie?« Er wirkte erstaunt.
    »Seift sie ein und spült sie sauber.« Eine Ader an seinem Hals pulsierte. Das war eindeutig etwas, was er sich mal ansehen wollte.
    »Also, du denkst, ich sollte mal da vorbeischauen und hallo sagen?« fragte er.
    »Wenn nicht noch mehr, Smith, mein Engel, dann kriegst du da zumindest dein Schutzblech poliert.« Er nickte, womit er meine Vermutung, daß Liebe doof macht, bestätigte.
    Er klatschte auf den Ledersitz und befahl: »Aufsitzen.«
    Ich kletterte drauf und suchte wie wild nach einem Fluchtplan. Von einer Karre graziös abzuspringen, ist selbst an einem »Stop«-Schild ein Ding der Unmöglichkeit. Dermaßen viele Stangen und Speichen behindern einen — und ich saß auch noch in meinen engsten Jeans da. Smith schwang sein Bein rüber und rutschte vorne auf die Maschine. Er drehte den Schlüssel, ließ den Gang rein, und wir brausten los. Er hatte mir nicht, wie letztes Mal, einen Helm gegeben, und ich fürchtete um meine Birne, als wir einen Rumba über die Schlaglöcher hinlegten und zwischen den Autos einen Shimmy machten. Den Mut, die Augen aufzumachen, brachte ich erst an einer roten Ampel am Fuße der Manhattan Bridge auf.
    Ein Obdachloser irrte zwischen den Autos umher und verkaufte Rosen, die im Dunkeln glühen sollten. Es war immer noch hell, also konnte er durchaus lügen. Er fragte Smith, ob er eine für die Dame kaufen wollte, aber Smith reagierte nicht darauf. Er hatte seine Aufgabe — mich zu meinem nahen Tod zu führen — , und das war das einzige, woran zu denken er sich momentan erlauben würde. Der Rosenmann sagte, ich sei eine scharfe Mieze und daß Smith, dieser häßliche Spaghetti, alles tun sollte, um mich zu behalten. Ich wußte nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen sollte. Ein leeres Taxi zog langsam neben uns heran. Ich starrte die Fahrerin an, und sie starrte zurück. Schweigend trafen wir mit unseren Augen eine Vereinbarung. Das Rosenbübchen blubberte immer noch was von »lecker« und »anknabbern«. Smiths Schweigen stachelte ihn nur noch weiter an. Er hatte nichts Besseres zu tun, also streckte der tollkühne Bettler die Hand aus und berührte Smiths Lenkstange. Damit war die Pufferzone durchbrochen — und auch Smiths Konzentration.
    Es gab einen Wirbel an Bewegung,

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