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Und jede Nacht ist Halloween

Und jede Nacht ist Halloween

Titel: Und jede Nacht ist Halloween Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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als Smith’ Unterarm dem Rosenbübchen gegen die Rippen rammte. Ich hörte ein Geräusch wie von trockenem Holz, das unter bloßen Füßen zerkracht, und das Röschen brach auf der Straße vor der Karre zusammen. Smith, die ungünstige Position des Mannes verfluchend, lehnte sich vor, um ihn anzufassen, ob er noch lebte und damit noch in der Lage sei, uns zum Teufel aus dem Weg zu gehen. Dieses Gramm an Mitgefühl war Smiths verhängnisvoller Fehler. Mit jenem Griff rutschte seine Hand von der Kupplung, und die Maschine wurde abgewürgt. Ich trat in Aktion und warf mich vom Motorrad herunter. Als ich auf der Straße landete, hörte ich noch, wie Lolas Mantel riß. Ich kletterte in das Taxi neben uns. Die Ampel wurde grün. Meine Beine waren gerade halb drin, als meine Fahrerin auf die Tube drückte und Smith im Staub zurückließ — Smith, der mit abgewürgter Maschine hinter dem Körper eines Mannes festsaß, den er gerade selber bewußtlos geprügelt hatte. Hupen tönten von überall her, und ehe Smith wieder starten und um das Rosenbübchen herum manövrieren (oder über ihn drübermähen) konnte, war ich schon längst ein winziges Fleckchen im Gewirr der Fahrzeuge, die sich auf der verzweifelten Fahrt nach Manhattan befanden. Aber wir fuhren sowieso nicht in die Richtung. Wir waren vor der Brücke rausgefahren und kreuzten gemütlich den Brooklyn-Queens Expressway entlang. Nächster Halt: Forest Hills.
    Wenn diese Flucht ein Geschenk Gottes war, dann hatte er/sie aber auch einen bösen Zug. Ich hatte nur noch einen Fünfer dabei, und noch immer Meilen von diesem vornehmen Bezirk entfernt hatte das Taxameter schon zehn Eier drauf. Ich fragte mich gerade, wie ich meine rettende Chauffeuse überzeugen könnte, einen Scheck anzunehmen, als ich mich erinnerte, daß ich ja selbst ein wahres Füllhorn voller fremder Leute Geld war. Ich packte die vier Portemonnaies — meins, Lolas, Smiths und das des Typen von der Subway — auf den Sitz neben mich. Vor der überaus wichtigen Finanzberechnung leckte ich mir voller Erwartung die Lippen und ließ meinen Hals auf beiden Seiten knacken. Meine voyeuristischen Instinkte waren wie Flambier-Rum in der Crepeschüssel entzündet.
    Lolas zuerst. Das Portemonnaie war rot mit einem vorne aufgebügelten Snoopy-Aufkleber. Es sah alt und abgewetzt aus, aber es war von den Kreditkarten auf der einen Hälfte (Visa, American Express) bis zu den Mitgliedsausweisen in Videoclubs auf der anderen (Blockbuster, RKO) bestens durchorganisiert. Sie hatte keinen Führerschein, aber das haben eingesessene New Yorker sowieso kaum. Auf einer babyblauen Karteikarte hatte sie notiert: »Heute werde ich:...« Eine Liste folgte: »... positive Gedanken denken, zuhören, lächeln, interessant und interessiert sein.« Ich fragte mich, aus welcher Frauenzeitschrift sie sich das wohl abgeschrieben hatte. Auf einem Hello-Kitty-Notizzettel hatte sie ordentlich eine Liste von Männernamen mit Telefonnummern aufgemalt und darunter die Kreditwürdigkeit eines jeden notiert. Dieses Mädel ließ nicht mit sich spaßen. Sie hatte jeden mit einer Kreditgrenze unter 2000 Dollar auf seiner Visa durchgestrichen. Was Bilder anging, gab es da einen Schnappschuß einer schwarzen Katze, die mit einer Spielzeugmaus spielte. Sie sah wie Otis aus, nur dünner. Sehr viel dünner. Ich machte mir eine geistige Notiz, Otis mal auf Diät zu setzen. Bares: sieben Dollar, jede Menge Pennies und ein Subway-Token.
    Das Portemonnaie vom Typen aus der Subway war zum Schnarchen. Einige erschreckende Familienaufnahmen mit einem Paar fetter Zwillinge. Jungens. Mommy trug ein Sonnenkleid, das ihre Wackelpuddingoberarme noch betonte. Sie sah müde, genervt und gemein aus. Das beendete meine Durchsicht dieses Objekts — es machte keinen Spaß, anderer Leute Sachen durchzuschauen, wenn man sie auch noch bedauern mußte. Verfügbare Mittel: ein nicht unterschriebener Travellerscheck über zwanzig Ohren und drei Dollar.
    Zuletzt, das Pièce de resisstance: Smiths Portemonnaie. Es war weiter nichts als eine abgetragene alte Brieftasche ohne Bilder, ohne Kreditkarten, ohne Streichholzheftchen aus Stripläden mit Telefonnummern von Tänzerinnen in rotem Lippenstift hinten draufgemalt. Das Ergebnis der Bargelderhebung war null, noch nicht einmal irgendwelches Kleingeld. Was ich allerdings fand, waren zwei Kondome (die Packungen sahen alt aus), eine Auto-mobilclubmitgliedskarte und einen Führerschein. Die Beschreibung paßte, wie auch das Bild

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