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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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war ja nun wirklich kein besonders harter Gegner, mit ein bisschen Druck würde er ihnen schon erzählen, was sie wissen wollten. Auch schien Alfons nach wie vor sehr an seinem Leben zu hängen und vegetierte nicht in völliger Dunkelheit vor sich hin, so wie er es tat.
    Ja, Wilfrieds Welt war dunkel geworden, seitdem Johanna ihn verlassen hatte. Leider hatte er auch Esther mit in diese Finsternis hineingezogen. Seine Tochter, die eigentlich überhaupt nichts dafür konnte, hatte unendlich leiden müssen. Nicht nur unter seiner Unfähigkeit, mit einem Kind umzugehen. Manchmal auch unter seiner Wut, die er an schlechten Tagen nicht zu verbergen vermocht hatte. Eigentlich wusste er überhaupt nichts von seiner Tochter Esther. Natürlich hatte Wilfried all die Jahre geahnt, dass sie mit Alfons nicht glücklich war. Aber er hatte sich geweigert, genau hinzuschauen, und stattdessen lieber an den äußeren Anzeichen ihrer Qual herumexperimentiert. Dabei war schon sehr früh klar gewesen, dass ihr all die Sanatorien mit deren hochqualifiziertem Personal nur dann würden helfen können, wenn sie dazu bereit wäre. Irgendwann schließlich hatte Esther die professionelle Hilfe der Ärzte angenommen. Sie hatte gelernt, wie man überleben konnte, aber stark war sie deshalb noch lange nicht geworden. Leider auch nicht glücklich. Ganz im Gegenteil hatte sie sogar damit angefangen, in der Vergangenheit herumzubohren. Wollte auf einmal die Wahrheit, wie sie es genannt hatte, ganz genau wissen. Als gäbe es überhaupt so etwas wie die eine Wahrheit.

14
    Die Rückfahrt in die Stadt verlief schweigsam, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ein Sonnenstrahl fand seinen Weg in den Fond des Wagens und landete auf Annas Nasenspitze. Als sie die Augen schloss, tauchte ein Bild aus ihrer Erinnerung auf. Es war das Gesicht von Wilfried Hinrichs. Ganz in sich versunken hatte er auf der hölzernen Kirchenbank gekauert und etwas in das Buch auf seinem Schoß geschrieben. Anna war ratlos. Sie hatte Informationen von ihm erwartet, zumindest irgendeine Gefühlsregung, die sie in ihren Überlegungen voranbringen würde, doch er hatte ihnen diesen Gefallen nicht getan. Allein die Nachricht, dass Alfons Lüdersen die Firma für seine Betrügereien benutzt hatte, schien den alten Mann berührt zu haben. Seine unruhigen Hände auf dem Elfenbeinknauf des Gehstocks waren ein eindeutiges Anzeichen dafür gewesen.
    Plötzlich drehte sich Weber zu ihr um.
    „Warum hat uns Herr Hinrichs nichts gesagt?“
    „Wilfried Hinrichs ist ein Patriarch. Er ist in einer Zeit aufgewachsen, in der es undenkbar war, familiäre Schwierigkeiten nach außen zu tragen. Wahrscheinlich handelt er noch immer nach diesem Prinzip. Trotzdem glaube ich, dass er uns dabei helfen möchte, den Mörder seiner Tochter zu finden.“
    Weber zuckte die Schultern und sah wieder nach vorn.
    „Wir werden schon noch herausbekommen, was in der Ehe der Lüdersens schiefgelaufen ist.“ Günther Sibelius zwinkerte Anna im Rückspiegel zu. „Mag es auch ohne die Unterstützung von Herrn Hinrichs etwas länger dauern.“
    Im Büro war Antonia Schenkenberg gerade dabei, ihren Schreibtisch aufzuräumen. Ein weiterer Arbeitstag in der Behörde neigte sich seinem Ende zu, aber die drei Kommissare würden wieder einmal Überstunden machen müssen.
    Gemeinsam betraten sie den Vernehmungsraum und sahen dort Alfons Lüdersen in eine Tageszeitung vertieft am Tisch sitzen. Günther Sibelius nahm den Platz ihm gegenüber ein. Lüdersen faltete die Zeitung ganz langsam und akkurat zusammen, bevor sich sein Blick nun auf Anna heftete.
    „Ich kann mir schon denken, wem ich diese Farce hier zu verdanken habe.“
    Er sah sie über seine Lesebrille hinweg abschätzig an und lächelte böse.
    „Aber ich nehme das nicht persönlich, Frau Greve. Denn es ist allzu offensichtlich, dass Sie Probleme mit Männern haben.“
    Günther Sibelius kam Anna zuvor.
    „Ulrike Homberg hat ihre Aussage zurückgezogen.“
    Alfons Lüdersen steckte seine Brille in das schweinslederne Etui und sah Sibelius fragend an.
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Am besten, wir beginnen noch einmal ganz von vorn. Was haben Sie in der Nacht getan, als Olaf Maas getötet wurde?“
    „Ich bin bei Frau Homberg gewesen. Sie können mich nicht dafür verantwortlich machen, dass sie sich daran auf einmal nicht mehr erinnern will.“
    „Wenn das alles ist, muss ich Sie vorläufig festnehmen.“
    „Sie können mich verdächtigen, so viel Sie

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