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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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vertreiben.
    Alfons Lüdersen drohte die Kontrolle zu verlieren. Wie sollte er aus dieser Sache nur ungeschoren wieder herauskommen? Entgegen den Beteuerungen von Dr. Baumhöfner verbrachte er die heutige Nacht nicht gemütlich in seinem eigenen Bett, sondern saß ein zweites Mal auf der schmalen Matratze einer Gefängniszelle. Die Ermittlungsbehörde hatte seinem Antrag auf Kaution nicht stattgegeben, der Staatsanwalt führte sogar Verdunklungsgefahr als Argument für die Untersuchungshaft an. Lächerlich, die taten gerade so, als ob Alfons Lüdersen ein Mann wäre, der einfach so davonliefe. Wäre dieser Vorwurf des Betruges nicht gewesen, hätten sie ihn kaum dabehalten können, aber inzwischen ermittelten schon zwei Dienststellen gegen ihn. Jetzt war er kein unbeschriebenes Blatt mehr. Der Untersuchungsrichter hatte nicht anders entscheiden können. Es war eine Frage der Logik, die Alfons Lüdersen, beträfe ihn diese Verfügung nicht persönlich, durchaus gut verstanden hätte. Er atmete zu viel und zu schwer, seine Hände und Füße begannen taub zu werden und ihm wurde schwindelig. So sehr, dass er sich nach hinten auf das Bett fallen lassen musste. Er starrte an die Decke und versuchte, sich zur Ruhe zu zwingen, aber es half nichts. Im Gegenteil, je intensiver er sich bemühte, ruhig zu atmen, umso schlimmer wurden die körperlichen Symptome. Seine Angst war jetzt ganz nah, er konnte sie in jeder Faser seines Körpers fühlen. Vielleicht sollte er den Betrug am HFC gestehen. Die Strafe würde erträglich sein, hatte Dr. Baumhöfner gesagt. Doch konnte er seinem Anwalt überhaupt noch uneingeschränkt vertrauen? Das Wichtigste war jetzt, dass er sich beruhigte; schließlich hatte er keine Vorstrafen und war ein einflussreicher Mann. Alfons Lüdersen ging ans Fenster und versuchte, die Metallgitter vor seinen Augen auszublenden. Es klappte nicht. Sie zerschnitten die Nacht in fünf Stücke. Er war nicht mehr Herr über sein Handeln, sondern ein Gefangener wie alle anderen hier. Eine neue Welle von Schwindel überkam ihn, verbissen hielt er sich am Fenstersims fest und starrte weiter hinaus. Wenn es ihm doch nur ein einziges Mal gelänge, den Himmel ungeteilt zu sehen, vielleicht würde dann doch noch alles gut werden.
    „Fahren Sie rechts ran, ich bitte Sie.“ Ulrike Homberg hatte ihre Hände vors Gesicht gelegt.
    „Ich möchte eine Aussage machen. Müssen wir dazu unbedingt ins Präsidium?“
    Anna Greve wusste, dass eine Zeugenaussage angefochten werden konnte, wenn sie nur von einem Polizisten aufgenommen wurde. Trotzdem entschied sie sich, diese Sache jetzt sofort und alleine durchzuziehen. Denn sie wollte nicht riskieren, dass es sich Ulrike Homberg während der langen Fahrt in die Dienststelle wieder anders überlegte. Sie nahm das im Handschuhfach liegende Diktiergerät heraus und schaltete es ein.
    „Donnerstag, der 26. Juni, 21:53 Uhr“, sprach sie nun auf das Band. „Anwesend sind Frau Ulrike Homberg und Kommissarin Anna Greve vom LKA.“
    Sie legte das Aufnahmegerät auf die Ablage oberhalb des Beifahrersitzes.
    „Alfons wollte eigentlich an besagtem Abend bei mir bleiben. Ich war schon fast eingeschlafen, als ich bemerkte, wie er aufstand und sich anzog. Er sagte mir, dass er noch einmal kurz wegmüsse.“
    „Wie spät war es, als er Ihre Wohnung verließ?“
    „Ich weiß nicht genau. Elf oder zwölf, ich habe erst später auf die Uhr gesehen.“
    „Und was haben Sie getan?“
    „Mich vor den Fernseher gesetzt und gewartet.“
    „Wann ist er zurückgekommen?“
    „Gar nicht. Es war ungefähr halb drei, als er mich anrief. Er wollte mir noch eine gute Nacht wünschen, sagte, dass alles in Ordnung sei. Er wäre jetzt zu Hause.“
    „In welcher Verfassung ist er gewesen?“
    „Alfons klang müde, was um diese Zeit wohl auch kein Wunder war. Das Einzige ... “
    „Ja?“, fragte Anna.
    „Alfons sprach davon, wie sehr er mich lieben würde. Ich kann mich nicht erinnern, dass er das vorher jemals so zu mir gesagt hat.“
    „Hat Ihnen Herr Lüdersen denn erzählt, was er bis halb drei gemacht hat oder ob er noch jemanden getroffen hat?“
    „Nein, aber einen oder zwei Tage später hat er mich gebeten, der Polizei zu bestätigen, dass er die ganze Nacht bei mir gewesen sei. Es gäbe da eine Beamtin, die ihn nicht leiden könne. Damit hat er wohl Sie gemeint. Ich war mir sicher, dass Alfons niemals in der Lage wäre, einen Menschen zu töten, also habe ich ihm diesen Gefallen

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