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Und jeder tötet, was er liebt

Und jeder tötet, was er liebt

Titel: Und jeder tötet, was er liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Westendorf
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er eine Affinität zu diesem großen Land gehabt, Russland war ein Stück seiner Kindheit. Er gähnte, und plötzlich spürte er die Schwere und die Müdigkeit seines Körpers.
    „Ich muss mich ein bisschen ausruhen, Michael, morgen wird ein anstrengender Tag.“
    Als er endlich nach Hause kam, hatten die Vögel bereits zu singen begonnen. Er schenkte sich ein Glas Whisky ein und betrachtete seine zitternden Hände. Sie sahen aus wie immer, aber nun waren es die Hände eines Mörders. Er ging ins Badezimmer, nahm etwas von der antiseptischen Waschlotion und reinigte sie gründlich.
    Der erste Versuch, das Feuer in Gang zu bringen, war gerade kläglich gescheitert. Er hatte sich die Finger am Streichholz verbrannt, aber der Anzünder war nicht einmal braun geworden. Er musste sich verdammt noch mal besser konzentrieren. Als er an sich herunterblickte, entdeckte er das Blut an seinen Kleidern. Schnell zog er sie aus und warf sie auf den Fliesenboden. Es war ein Glück, dass ihn auf seinem Heimweg niemand gesehen hatte. In der Küche fand er eine alte Papiertüte, in die er Hemd und Hose hineinstopfte. Wenn das Feuer erst richtig in Gang gebracht war, würden beide in kurzer Zeit verbrannt sein. Seine Finger zitterten noch immer, als er ein weiteres Streichholz nahm, doch endlich begannen die Flammen zu lodern. Sie verschlangen den hölzernen Baseballschläger. Die Kleider, durch das viele Blut feucht geworden, knisterten wie ein Stück junges Tannenholz, bevor sie vergingen.
    Wie habe ich mich gefreut, als das Kind auf die Welt kam. Die Aussicht, einen Teil von mir in ihm weiterleben zu sehen, war wunderbar. In diesen ersten Monaten schrie es sehr oft und kränkelte. Selten schlief es mehrere Stunden am Stück, es kam mir vor wie der Spiegel deiner rastlosen Seele. Ich bekam einfach keinen Kontakt zu ihm, es hat vom ersten Tag an nur dich gewollt. Ihr wart einander ebenbürtig, für mich gab es keinen Platz, trotzdem habe ich euch immer verzweifelt geliebt. Viel später erst bin ich darauf gekommen, dass dieses Kind nicht von mir sein könnte. Aber ich habe den Gedanken schnell wieder verworfen, Sterne tun so etwas nicht. Was für ein Irrtum! Vielleicht hast du deine Liebe zu dem anderen für ein paar Cent verraten. Ganz bestimmt hast du mich verraten. Das werde ich dir nie verzeihen.
    Anna Greve verbrachte den ganzen nächsten Vormittag damit, herauszubekommen, wo Olaf Maas steckte. Als sie beim Großmarkt anrief, teilte man ihr mit, dass er heute nicht zur Arbeit erschienen war. In seiner Wohnung in der Gaußstraße schien er auch nicht zu sein, Anna hatte Sturm geklingelt, aber niemand hatte geöffnet. Während sie ins Büro zurückfuhr, überprüfte sie noch einmal erfolglos die Mailbox ihres Handys. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auf eine Nachricht von Olaf Maas zu warten.
    Auf dem Weg in ihr Dienstzimmer nahm die Sekretärin Anna zur Seite.
    „Setzen Sie sich doch einen Moment, und trinken Sie einen Kaffee mit mir, er ist gerade frisch gebrüht.“
    „Ja danke, gern.“
    Antonia Schenkenberg nahm einen der blau emaillierten Becher aus ihrem Privatbestand und schenkte Kaffee mit Milch und Zucker ein.
    „Schön, dass wir endlich einmal zusammensitzen“, sagte Anna, „leider hat bisher die Zeit dafür gefehlt.“
    „Genau das Gleiche habe ich auch gerade gedacht.“
    Etwas in der Stimme der Sekretärin gebot ihr, wachsam zu sein.
    „Ich möchte nicht indiskret wirken“, begann Antonia Schenkenberg, „aber ich merke, dass hier etwas nicht stimmt.“
    „Was ist denn los?“
    „Ich finde, Sie sollten wissen, wie in der Abteilung über Sie gesprochen wird, Frau Greve. Sie sind immer so voller Enthusiasmus bei der Sache, dass Sie gar nicht bemerken, was um Sie herum vorgeht.“
    Langsam wurde es interessant. „Was geht denn vor, Frau Schenkenberg?“
    Sie lächelte. „Nennen Sie mich doch Antonia; und ich würde gerne Anna zu Ihnen sagen.“
    Die Sekretärin nahm Anna spontan in den Arm, ein angenehmes Gefühl.
    „Es heißt, Sie werden nicht mehr lange in unserer Truppe sein. Sie müssen dem Chef dermaßen auf die Füße getreten haben, dass er darüber nachdenkt, wie er Sie wieder loswerden kann.“
    Anna hatte gerade einen großen Schluck Kaffee genommen, der ihr nun heiß die Speiseröhre hinunterrann. Sie hustete. Warum sollte Martin Kuhn eigentlich nur sie auf dem Kieker haben? Anna war es schließlich nicht allein gewesen, die seine Arbeitsmethoden kritisiert hatte.
    „Haben Sie eine

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