Und jeder tötet, was er liebt
geben? Allerdings wies dieses Kleidungsstück tatsächlich ein besonderes Kennzeichen auf. Sie hielt die Jacke nah an sich heran und glaubte fast noch, eine Spur des Geruchs von Olaf Maas an ihr wahrnehmen zu können.
Anna durchsuchte die Taschen, doch es fand sich nichts Interessantes darin. Sollten sie jemals einen Hinweis auf den Ermordeten geborgen haben, so war er sorgfältig entfernt worden. Im Innenfutter befand sich ein großer, dunkler Fleck, der die Kommissarin an Blut denken ließ. Sie würde diese Verfärbung wie auch die gesamte Jacke im Labor untersuchen lassen. Nun hatte sie sich bis auf die kleine Innentasche alles angesehen. Anna zog den Reißverschluss auf und tastete darin herum, als sie merkte, dass das Futter kaputt war. Sie bohrte mit ihrem Zeigefinger in dem zentimetergroßen Loch und angelte schließlich einen zerknitterten Zettel aus der Öffnung. Anna faltete das Papier auseinander.
„Da schau her.“ Sie pfiff durch die Zähne. Auf dem Zettel waren zwei Zahlenfolgen aufgeschrieben worden. Hinter der einen war der Zusatz „Zürcher Nationalbank“ notiert.
„Das ist die Handschrift von Olaf Maas, ich habe sie schon einmal gesehen, als ich seine Wohnung durchsucht habe. Wir werden aber zur Sicherheit noch einen Graphologen hinzuziehen.“
Sie reichte das Beweisstück an Lukas Weber weiter und wandte sich nun wieder an den jungen Mann.
„Herr Schmidt, Sie müssen uns begleiten. Ich nehme Sie wegen des dringenden Tatverdachts, Olaf Maas ermordet zu haben, vorläufig fest. Lesen Sie ihm seine Rechte vor, Weber.“
„Ihr spinnt doch alle.“ Michael Schmidt versuchte, sich dem Griff des Polizisten zu entziehen. „Ich habe damit nichts zu tun!“
Als sie auf der Wache eintrafen, wurden sie schon von Günther Sibelius erwartet. „Die Zeugin Homberg lässt sich für heute entschuldigen“, sagte er. „Sie sei krank, irgendetwas mit dem Magen. Frau Homberg fragte, ob es wohl möglich wäre, die Protokollaufnahme auf morgen zu verschieben.“
„Und?“
„Ich habe ihr gesagt, dass das in Ordnung ginge und wir uns andernfalls noch einmal bei ihr melden würden.“
„Wahrscheinlich ist ihr das Lügen auf den Magen geschlagen“, meinte Anna Greve. „Übrigens, darf ich vorstellen, das ist Herr Michael Schmidt, er hatte die Jacke von Olaf Maas in seinem Besitz. Ich glaube, es sind Blutflecken im Innenfutter, zumindest sieht es ganz danach aus.“
Günther Sibelius begutachtete das Kleidungsstück. Dann reichte er es an einen Beamten weiter, der dafür sorgen würde, dass die Jacke sofort ins Labor gelangte.
„Guten Tag, Herr Schmidt, ich heiße Günther Sibelius und bin Hauptkommissar beim LKA hier in Hamburg. Setzen Sie sich doch bitte.“ Er schob einen Stuhl zu ihm hinüber. „Und nun erzählen Sie uns in aller Ruhe, wie Sie in den Besitz der Lederjacke gekommen sind.“
Die Anwesenheit von Sibelius schien sich positiv auf den jungen Mann auszuwirken. Er hatte etwas von seiner verkrampften Körperhaltung verloren.
„Darf man hier rauchen?“
Der Hauptkommissar reichte ihm einen Aschenbecher.
„Die Jacke hat mir so’n Typ an der Kirchenallee verkauft. Sah ziemlich fertig aus, der Mann, und er wollte das Ding unbedingt loswerden. Ich fand das Teil cool, so eine wollte ich schon immer haben, wissen Sie. Ich hab ihm ’nen Zehner dafür geboten. Dachte, ich versuch’s einfach mal, und der Typ hat sie mir tatsächlich dafür gegeben.“
„Können Sie den Mann beschreiben?“
„Ich war ziemlich bedröhnt an dem Tag, und außerdem hat mich die Jacke mehr interessiert als der Typ. Hab mir schon gedacht, dass die geklaut ist, aber doch nicht, dass da ein Toter dringesteckt hat.“
„Woher wollen Sie wissen, dass Olaf Maas schon tot war, als ihm die Jacke abgenommen wurde?“, fuhr Weber dazwischen. „Und warum können Sie den Verkäufer nicht genauer beschreiben?“
Günther Sibelius gab ihm ein Zeichen, sich vorerst zurückzuhalten, aber Weber blieb dran.
„War ein stinknormaler Kerl.“ Michael Schmidt rieb sich nervös die Hände. „Gucken Sie sich etwa die Leute im Supermarkt so genau an, dass Sie hinterher ein Fahndungsplakat von ihnen herausgeben könnten?“
„Es geht nicht um uns, Herr Schmidt, sondern um Sie. Und um Ihre Geschichte, von der ich kein Wort glaube!“
„Also, er war mittelgroß, hatte Haare wie ein Straßenköter, und angehabt hat er eine Jeans und ein Sweatshirt.“
„Farbe?“
„Wie?“
„Na, ich meine, wie die Farbe seines
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