Und kein Ende (German Edition)
lasst uns Essen.“ Ich hatte die Suppe gerade aus dem Backofen geholt und der Käse war herrlich zerlaufen und hatte am Tassenrand Kruste, so wie ich es liebte.
„Normalerweise serviert man ja zum Essen den Wein mit dem die Suppe gekocht wird“ platzte Sigrid heraus.
Ich ärgerte mich.
„Na ja, es ist aber auch nicht so schlimm wenn man so was zum Ersten Mal macht. Ich bin halt besonderes kritisch weil ich ja mit Deiner Frau auf der Hauswirtschaftschule war, nicht wahr“ warf Sigrid ihr einen Blick zu.
Das Essen war für mich gelaufen. Zwar versuchte ich mir nichts anmerken zu lassen, aber ich muss wohl wie sooft auffällig geschwiegen haben.
„Wir könnten ja dann anschließend zum Tanzen gehen, oder was meinst Du Sigrid.“
„Oh ja, das ist eine gute Idee. Unsere Männer werden schon nichts dagegen haben“
Manfred war noch stiller als ich.
Das nächste Mal als ich Sigrid wieder sah waren zwanzig Jahre vergangen. Sie hatte gerade eine Therapie hinter sich gebracht.
„Es wird schon langsam wieder besser. Ich sehe schon wieder Licht am Ende des Tunnels. In der Gruppe finde ich langsam wieder halt. Ich wohne wieder bei meinem Vater, aber mit dem verstehe ich mich nicht. Meine beiden Kinder darf ich aber immer noch nicht sehen. Mein Mann ist mit Ihnen auf und davon. Sie haben mir die Kinder einfach weggenommen“
Ihr Gesicht war aufgedunsen und ich hatte Sigrid kaum wieder erkannt. Ich wollte bewusst nicht nachfragen was im Einzelnen passiert war.
„Ich kann Dich ja mal mit zum Tanzen mitnehmen Sigrid. Mein Mann geht ja nicht mit mir. Da kommst Du mal auf andere Gedanken“ versuchte sie ihre ehemalige Schulfreundin aufzumuntern.
„Nein, das möchte ich nicht“
„Wieso denn nicht, etwas Abwechslung schadet doch nichts“ startete sie einen erneuten Vorstoß.
„Von wegen Abwechslung“ ging mir in diesem Moment ein spöttischer Gedanke durch den Kopf.
Die erste handfeste Auseinadersetzung gab es gleich in der dritten Woche. Es war an einem Donnerstag als ich gegen halb sieben von der Arbeit nach Hause kam. Ich freute mich auf ein gemütliches Abendessen und dann einfach nur ausspannen. Als ich die Wohnung betrat stand sie im Flur. Schwarze Lochstrumpfhose, rotes T-Shirt das nur knapp den Po bedeckt, die Haare hochgesteckt und als Haarschmuck eine 45er Schallplatte.
„Wir gehen heute Abend los, Maskenball. Ich gehe als Schallplattenmädchen. Los zieh Dir was an, damit wir nicht zu spät kommen“
Ich stand sprachlos da.
„Wenn Du nicht mit willst gehe ich eben alleine“
„Aber wir haben doch gar nichts abgesprochen und außerdem bin ich müde.“
„Immer nur müde. Ich will raus. Ich will was erleben. Daheim sterben die Leute“ haute sie ihren Standardspruch heraus.
„Zum Anziehen habe ich auch nichts“ suchte ich hilflos Argumente.
„Ich hab’ mir was Schönes ausgedacht. Findest Du nicht auch?“
„Woher hast Du die Schallplatte?“
„Die war im Regal“
„Welchem Regal, ist das etwa eine von den Meinen“
„Ich weiß nicht. Ich hab’ mir eine einfach eine genommen“
Ich schaute auf das Label „Bist Du verrückt, die ist von den Rolling Stones, die habe ich 1966 gekauft. Die zerkratzt doch wenn sie nicht in der Hülle ist“
„Das wird schon nicht so schlimm sein“
„Gib’ die Schallplatte her“ brüllte ich wütend.
Sie reagierte nicht. Da riss ich ihr das Ding vom Kopf.
Sie kam mir mit ihrem Gesicht bedrohlich nahe und schnaubte mich an. Wie ein Hörnerbock presste ich meine Stirn gegen ihre und wollte mit meinen Aggressionen irgendwo hin, ich wusste nur nicht wohin. So standen wir drückend und schnaubend uns gegenüber.
„Sieh’ nur was Du gemacht hast. Jetzt ist meine ganze Frisur hinüber“ sie verzog sich ins Wohnzimmer und sprach kein Wort mehr mit mir. Den ganzen Abend nicht und auch am nächsten Tag nicht. Wenn sie bockte dann lang und andauernd. Meine Wut war immer gleich verflogen und dann tat es mir leid und ich versuchte reumütig bei ihr um gut’ Wetter zu bitten.
Hoffentlich hatte unsere Nachbarin oder sogar unserer Vermieter nichts von dem Streit mitbekommen. Mir war hinterher neben dem schlechten Gewissen alles auch noch peinlich. Es sollte nicht die letzte Auseinandersetzung dieser Art gewesen sein.
Sie hatte drei Tage nach mir Geburtstag. „Wir können doch unsere Geschwister und Eltern einladen“ schlug ich vor.
„Ist das nicht zuviel Aufwand. Wir haben nie unsere Geburtstage
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