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Und keiner wird dich kennen

Und keiner wird dich kennen

Titel: Und keiner wird dich kennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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Maja, auch um sich abzulenken. »Deine Bemerkung neulich ...«
    Stella nickt. »Das ist eigentlich eine traurige Geschichte. Vor einem Jahr war noch alles okay mit ihm, aber dann hat seine damalige Freundin die falschen Drogen genommen, hatte psychotische Schübe und ist in der Klapse gelandet – ich glaube, sie ist immer noch im Klinikum Haar. Ab und zu besucht er sie.«
    Maja ist geschockt. Das ist ja heftig! »Und danach ...«
    »Seither hat er ständig irgendeine Neue, aber es hält immer nur ein paar Wochen. Dafür bist du zu schade.«
    Dafür bist du zu schade . Ein warmes Gefühl durchflutet Maja. Wieso sagt Stella so etwas? Sie kennen sich fast gar nicht. »Was hat es eigentlich mit dieser Flugprüfung auf sich?«
    »Das hat sich entwickelt, weil Ben früher Pilot werden wollte, er kam dreimal hintereinander beim Fasching in einer Lufthansa-Uniform an«, erzählt Stella fröhlich. »Also haben wir für ihn eine Flugschule improvisiert. Tja, inzwischen peilt er ja Umwelttechnik an, vielleicht spielen wir nächstes Mal Windrad mit ihm.«
    Maja muss grinsen. »Wie geht das? Wird er irgendwo festgebunden und im Kreis gewirbelt?«
    »Ich denk mir was aus.« Stella grinst zurück. »Eine Alternative wäre die Übung ›Kläranlage‹, falls er sich im letzten Jahr besonders schlecht benommen hat.«
    »Ihr kennt euch schon lange, was?«
    »Seit dem Kindergarten. Er hat mir Sand ins T-Shirt gesteckt und ich ihm Blätter in die Nasenlöcher. Das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Im Ernst. Wir mögen uns.«
    »Ach so. Ich verstehe allerdings nicht, wieso er auch mit Leuten wie Paloma befreundet ist. Sie ist so ...«
    »Aaach, sie ist schon okay.« Stella winkt ab. »Man muss nur akzeptieren, dass sie für eine Chance im Fashion-Business ihre Großmutter verkaufen würde.«
    Maja muss lachen. »Aber wer kauft schon eine Großmutter? Ich kann mir den Deal schon vorstellen: Nehmt mich für die Show, Leute – dann bekommt ihr meine Oma absolut gratis dazu!«
    »Unterschätz das nicht, Palomas Oma designt richtig gute Websites.«
    Wie seltsam, und wie schön – sie blödeln miteinander herum, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Majas Angst hat sich tief in ihr Inneres zurückgezogen wie eine zusammengerollte Kobra, und die Stimme, die sonst Gefahr! schreit, ist vorübergehend verstummt.
    Aber es ist Samstagabend, und sie sind nicht die Einzigen, die Party gemacht haben. Gerade fegt ein getuntes Auto an ihnen vorbei, in seinem Inneren wummern Bässe.
    »Weißt du, was mich nervt?«, fragt Stella, als sie auf einen Zebrastreifen zusteuern. »Dass ich manchmal hier stehe und kein Schwein hält an. Die rasen einfach vor mir über die Straße, obwohl ich den Zeh schon auf dem weißen Streifen habe!«
    »Total unverschämt«, stimmt Maja zu.
    »Ich finde, es ist Zeit für eine kleine Erziehungsmaßnahme«, meint Stella und kramt in ihrem Rucksack. »Sag mal, Alissa – wie schnell kannst du rennen?«
    »Ziemlich schnell«, sagt Maja neugierig. »Bundesjugendspiele Ehrenurkunde, muss ich noch mehr sagen?«
    »Nö. Das passt schon.« Grinsend zieht Stella aus ihrem Rucksack zwei Tomaten hervor. Maja starrt die Dinger an. »Wozu hast du Tomaten mit auf die Party genommen?!«
    »Ach, die kann man immer gebrauchen. Eine Spraydose mit roter Farbe hab ich auch dabei. Für den Fall, dass mich jemand dumm anmacht. Die meisten dieser Typen legen großen Wert auf ihre Klamotten – wenn man ihnen mit Acrylfarbe droht, ist das viel effektiver als mit Tränengas, glaub mir.«
    Gute Idee eigentlich. Stella drückt Maja eine Tomate in die Hand, dann warten sie vor dem Zebrastreifen. Gerade schießt ein tiefergelegter Mazda heran. »Ich wette, der hält nicht «, sagt Stella heiter. Stimmt, er rauscht an ihnen vorbei, ohne auch nur zu verlangsamen, und blitzschnell wirft Stella die Tomate auf sein Heckfenster. Klatsch! Es spritzt nach allen Seiten. Gleich darauf verwandelt sich auch Majas Tomate auf der Karre in roten Matsch.
    »Guter Schuss«, lobt Stella.
    Mit quietschenden Bremsen legt der Mazda eine Vollbremsung hin. »Okay, Abflug«, sagt Stella und rast davon, in eine Seitenstraße hinein. Mit hämmerndem Herzen rennt Maja hinterher, an den Parkplätzen des Einkaufszentrums vorbei. Hinter ihnen röhrt der Motor des Wagens auf, das Geräusch kommt immer näher. Gott, was ist, wenn der sie erwischt?
    Doch jetzt biegt Stella scharf nach links ab, in einen Fußgängerweg, der durch rot-weiße Metallstangen

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