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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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einladen.War wohl ‘n bisschen scharf auf mich. Aber ich war
schon...»
    «Und Sie sagen, es war jemand von
der Polizei?»
    «Hat er gesagt.»
    «Sie haben es nicht
nachgeprüft?»
    Debbie Richardson zuckte die
Schultern. «Netter Typ. Einer von den Gebildeten.»
    «Und Sie können sich nicht an
seinen Namen erinnern?»
    «Nee, tut mir Leid. Aber eins
kann ich Ihnen sagen, Sergeant... äh...»
    «Lewis.»
    «Klasse Wagen hatte er. Damit
rumzugondeln, das war echt geil gewesen. Brauner Jaguar.»

Kapitel
22
     
    ...ein
Gebirgszug aus Müll wie ein alter Vulkan, der geologisch gesehen auf Staub
gegründet war. Kohlenstaub, Gemüsestaub, Knochenstaub, Steingutstaub, grober
Staub und gesiebter Staub — jede Art von Staub in dem aufgehäuften Müll.
    (Dickens, Unser gemeinsamer Freund)
     
    «Doch wohl nicht zum
Verschrotten?» Stan Cox nickte zu dem Jaguar hinüber, der im Parkverbot vor
seinem Bürofenster auf dem Werkstoffhof Redbridge stand.
    «Der Jüngste ist er nicht
mehr», räumte Morse ein. «Wie wir alle. Scheibenwischer kaputt, Getriebe
hinüber, nicht mehr richtig feurig...»
    «Fast wie bei meiner Alten.»
    «Bitte?»
    «Kleiner Scherz.»
    «Ah ja.» Das Lächeln von Chief
Inspector Morse fiel noch matter aus als der Witz. Er sah sich in dem kleinen
Büro um. In der Ecke hing ein Po-und-Busen-Kalender, von dem ihn eine
herausfordernde Schöne mit blonder Kurzhaarfrisur ansah.
    «Scharf, was?»
    Morse nickte. «Aber übers
Verfallsdatum raus. Das Pinup für Mai.»
    «Denken Sie an den alten
Schlager: Von Mai bis September...»
    «Sie fühlen sich offenbar wohl
in ihrer Gesellschaft.»
    Jetzt nickte Cox bestätigend.
«Die Puppe macht mich verrückt. Und sorgt gleichzeitig dafür, dass ich
einigermaßen normal bleibe, wenn Sie wissen, was ich meine.»
    Morse wusste in diesem Moment
im Grunde nur, dass er mittags zu viel Bier geschluckt hatte, dass er nie
allein nach Redbridge hätte fahren sollen, dass das, was er vorher klar
umrissen vor sich gesehen hatte, an den Rändern unscharf zu werden begann.
Neben Lewis im Pub war er fest davon überzeugt gewesen, Ursache, Ablauf und
Struktur der Tat erkannt zu haben, oder besser gesagt: der Taten.
    Es war eine Herausforderung,
die ihn schon in seiner Jugend nicht losgelassen hatte. Immer dann, wenn er mit
Sicherheit zu wissen glaubte, dass sich etwas auf eine geordnete, logische,
sehr spezielle Art zugetragen hatte, stand er vor dieser Herausforderung, die
verstreuten Teile des Puzzles zusammenzufugen und diese «sehr spezielle Art» zu
rekonstruieren.
    Was er im Augenblick mit wenig
Erfolg betrieb. Denn hier in Redbridge klaffte ganz offenbar eine große Lücke
zwischen der kürzlich von ihm erstellten phantasievollen Hypothese und der
nüchternen Realität einer Müllhalde.
    War es das, was Cox hatte
ausdrücken wollen?
    «Dass Sie einigermaßen normal
bleiben? Wie meinen Sie das?»
    «Wir sind hier schließlich
nicht im Botanischen Garten, sondern umgeben von dem ganzen Dreck und Krempel,
den die Leute loswerden wollen. Außer der da krieg ich kaum was Erfreuliches zu
sehen. Eine Perle im Schweinestall, so ‘ne Braut!»
    «Sie können ihr ja mal einen
Fanbrief schicken.»
    «Meinen Sie, den würde sie
lesen?»
    «Nein.»
    «Was können wir für Sie tun,
Boss?»
    Morse sagte es ihm und log
dabei, dass sich die Balken bogen.
    Cox nickte. «Kein Problem. Ist
aber besser, wenn ich noch meine Vorgesetzte Dienststelle verständige.»
    «Schon passiert», schwindelte
Morse. Er lehnte dankend den angebotenen Kaffee ab, dann begab er sich auf
einen Erkundungsgang über den Wertstoffhof, der nur wenige hundert Meter von
der Oxford Ring Road entfernt war, und ließ sich das, was er von Cox erfahren
hatte, durch den Kopf gehen.
    «Was meinen Sie», hatte er
gefragt, «könnte man eine Leiche hier loswerden, in einem Ihrer — äh...»
    «Höchstens in einem der
Pressmüllbehälter, Sie können sich’s nachher gleich mal anschauen. Die anderen
sind zu leicht einzusehen.»
    «Wenn man einen von diesen
schwarzen Plastikmüllsäcken nimmt, eine Leiche reinpackt und sie in so einem
Ding verschwinden lässt...»
    «Müsste schon ‘n großer Sack
sein.»
    «Nehmen wir mal an, es wäre ein
großer Sack.»
    «Ganz schönes Gewicht, so ‘ne
Leiche. Siebzig, achtzig Kilo. Gar nicht so einfach, da müssten schon zwei...»
    «Oder man müsste die Leiche in
zwei Teile...»
    «Hm. Trotzdem ziemlich mühsam.
Steif müsste sie sowieso sein.»
    «Ja...»
    «War Ihre Leiche

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