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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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auch die neuen Klamotten mit Blut
beschmieren würde. Und irgendjemand würde bestimmt sehr schnell den Wagen
entdecken und das melden. Also...
    Also?
    Also würde ich mich abholen
lassen. Von einem Freund? Vielleicht von der Frau?
    Wo würden Sie sich treffen?
    Keine Ahnung.
    Denken Sie an die
Chesterton-Geschichte. Ich habe sie oft erwähnt.
    Erinnern Sie mich daran.
    Wo verstecken Sie ein Blatt?
    Ja, richtig: im Wald.
    Wo verstecken Sie einen Kiesel?
    Am Strand.
    Wo verstecken Sie eine Leiche?
    Auf dem Schlachtfeld.
    Und wo verstecken Sie ein Auto?
    Auf einem Parkplatz.
    Auf welchem Parkplatz?
    Keine Ahnung.
    Je größer, desto besser?
    Ja.
    In Oxford?
    Wahrscheinlich.
    Wie viele Parkplätze gibt es in
Oxford?
    Dutzende.
    Was wäre Ihnen am wichtigsten,
wenn Sie in der Nähe von Oxford einen Mord begangen hätten?
    So schnell wie möglich
wegzukommen.
    Auf welche Weise?
    Ich würde wegfahren.
    Aber Sie haben jetzt keinen
Wagen mehr.
    Mit dem Bus?
    Wo ist der Busbahnhof?
    Gloucester Green.
    Ist nicht gegenüber ein
Parkplatz?
    Ja.
    Sie könnten aber auch die Bahn
nehmen?
    Ja.
    Ist nicht gegenüber ein
Parkplatz?
    Ja…
     
    Ein sehr zufriedener Lewis
machte sich wieder auf den Weg in Richtung Oxford. Als er den
Cuttleslowe-Kreisverkehr hinter sich hatte, war er versucht, bei Morse
vorbeizuschauen, ließ es dann aber doch lieber bleiben, weil er sich sagte,
dass der große Meister höchstwahrscheinlich schlief.
    Womit er in diesem Fall sogar
Recht hatte.
    Stattdessen beschloss er, den
sokratischen Dialog fortzuführen, diesmal allerdings in der Rolle des
Großinquisitors und mit der viel kühneren Hypothese, dass es, könnte er nur die
verschwommenen Umrisse des unbekannten Mörders schärfer stellen, wohl Harry
Repp wäre, der ihm vor die Linse kommen würde.
     
    Meinen Sie nicht, Sir, dass es
einfacher wäre, wenn Debbie Richardson ihm Sachen zum Wechseln bringen würde?
Wäre es nicht gefährlich für ihn, nach Lower Swinstead zu fahren?
    Das weiß ich nicht, Lewis.
    Ich hatte Ihnen zwei Fragen gestellt.
    Das weiß ich nicht. Das weiß
ich nicht.
    Was hat Harry Repp Ihrer
Meinung nach gemacht?
    Ich weiß es wirklich nicht.
    Was ist mit dem Wagen? Wo
steckt er? Los, folgen Sie Ihren Instinkten!
    Der Wagen? Ja, wo der ist, kann
ich Ihnen sagen, Lewis. Er ist hinter dem Bahnhof Oxford geparkt.

Kapitel
31
     
    «Weißt
du eigentlich, wie spät es ist?», fragte er wütend.
    Sie
war reuig auf der Schwelle stehen geblieben. «Entschuldige.»
    «Wo
hast du geparkt?» (Es war die häufigste Frage des Jahrzehnts in Oxford).
    «Das
ist es eben. Ich hab nirgends einen Parkplatz gefunden.»
    (Terry
Benczik, Still Life with Absinthe)
     
     
    Glückspilz Lewis!
    Als er die Treppe zum Bahnhof
hochging, öffnete sich vor ihm die Automatiktür, und Sergeant Dick Evans von
der Transportpolizei kam auf ihn zu. Als alte Freunde begrüßten sie sich
entsprechend herzlich.
    «Hast du was von einem
gestohlenen Wagen gehört? R456 LJB.»
    «Und der soll hier stehen?»
    «Das weiß ich eben nicht»,
gestand Lewis.
    «Ist noch nicht bei mir
angekommen. Aber ich war den ganzen Tag in Reading. Vielleicht weiß Bob
Mitchell was, der hat heute Dienst.»
    «Dann geh ich ihn mal wecken.»
    «Im Büro ist er nicht. Es ist
abgeschlossen, ich war vor ein paar Minuten da. Wird irgendwo Ärger gegeben
haben. Heute ist Samstag. Die Stunde der Hooligans.»
    «Aber es ist keine
Fußballsaison», widersprach Lewis.
    «Na und?»
    «Du wolltest gerade nach
Hause?»
    «Ja, es ist spät geworden. Aber
wenn ich einem alten Kumpel helfen kann... Worum geht’s denn?»
    Lewis setzte ihn ins Bild, und
die beiden Kollegen gingen die Treppe wieder hinunter und zum Bahnhofsparkplatz
hinüber.
    Lewis war über ein Jahr nicht
mehr in der Bahnhofsgegend gewesen und stellte jetzt überrascht fest, dass der
bis dahin relativ große Parkplatz drastisch verkleinert worden war. Die
Nordseite war für ein «Neues renommiertes Bauvorhaben» vorgesehen — eine Zeile
von Stadthäusern in viktorianischem Stil aus ansprechenden terracottafarbenen
Backsteinen, die unteren Geschosse weiß verputzt, «geräumiger Luxus», wie das
Schild auf der Baustelle versicherte.
    «Wenn man vor ein, zwei Jahren
keinen gesteigerten Wert darauf legte, gesehen zu werden», sagte Evans, «parkte
man am besten dort drüben. Spätabends war es da ziemlich dunkel und ganz schön
unheimlich, wenn man mit dem Lumpensammler von Paddington kam.»
    Lewis nickte, äußerte sich aber
nicht weiter dazu.

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