Und kurz ist unser Leben
recht.»
«Am Dienstag geht Biffen immer
angeln. Vom Morgengrauen bis in die Abenddämmerung.»
«Ach ja? Woher wissen Sie denn
das schon wieder?»
«Gewisse detektivische
Fähigkeiten erfordert unser Beruf nun mal...»
Kapitel
51
Die
Hintergangenen — sei es nun der Ehemann oder die Ehefrau — hegen die gleichen
Gefühle; und wo eine Ehe ohne Liebe ist, wird es Liebe ohne Ehe geben.
(Benjamin
Franklin, Poor Richard’s Almanack)
Am nächsten Tag vormittags um
halb zehn trat Mrs. Linda Barron von der Schwelle zurück und nickte ergeben,
als Lewis ihr seine Dienstmarke zeigte. In der Küche erbot sie sich, ihm eine
Tasse Nescafé zu machen, und er nahm dankend an.
Sie war eine mittelgroße,
leicht übergewichtige Brünette mit einem kleinen Schmollmund. Über Rock und
Bluse trug sie eine blau gestreifte Küchenschürze. Lewis hatte den Eindruck,
dass sie es schaffte, ihr Leben zu meistern — aber nur mit Mühe.
In der relativ kleinen Küche
drängten sich unverhältnismäßig viele Schränke und Regale. Herd,
Geschirrspülmaschine, Kühlschrank, Mikrowelle und Waschmaschine nahmen
zusätzlich Platz weg. Lewis fiel sofort der feuchte Fleck an der Decke über dem
Herd auf, von dem der Putz blätterte. Immer dasselbe: Wenn der Mann Klempner
ist, tropft im eigenen Haus der Hahn munter weiter, wenn der Mann Maurer ist,
dauert es zwei Jahre, bis ein Stück Decke neu verputzt wird. So ohne weiteres
ließ sich schwer sagen, ob es bei den Barrons üppiger oder dürftiger zuging,
als es aussah.
Die Erfahrung hatte Lewis
gelehrt, dass er gut beraten war, sich Mitleidsbezeigungen oder gute Ratschläge
zu schenken, aber er stellte seine Fragen so rücksichtsvoll wie immer. Behutsam
erkundigte er sich nach den für die Alibis ihres Mannes wichtigen Uhrzeiten und
Orten, noch behutsamer nach den finanziellen Verhältnissen der Familie, am
behutsamsten nach dem Zustand der Ehe.
Alibis? Zu den beiden
Schlüsseldaten konnte sie wenig sagen. Von Montag bis Freitag war er abends
meist gegen sechs nach Hause gekommen, wo ihn ein warmes Essen erwartete.
Zwischen acht und neun war er häufig auf ein Bier gegangen, entweder in eine
Pinte um die Ecke oder manchmal auch in ein Pub in Burford, aber ein großer
Trinker war er nicht. Sie wusste, dass er Mrs. Harrison an dem Abend, an dem
sie ermordet worden war, angerufen hatte — es ging um Dachziegel — , aber er
hatte sie nicht erreicht. Zweimal hatte er es probiert, das hatte er ihr
erzählt, und die Polizei wusste das auch, es war ein wichtiges Beweismittel. An
dem zweiten Schlüsseldatum, dem Freitag, war er vormittags nach Thame gefahren.
Er sollte einen Kostenvoranschlag einreichen und wollte sich an Ort und Stelle
ansehen, was anlag. Was er danach gemacht hatte, wusste sie nicht, sie hatte
ihn nicht danach gefragt, aber er war zu seiner üblichen Zeit nach Hause
gekommen. Am Freitag machte er das immer, denn da gab es Setzei mit Fritten,
sein Lieblingsessen.
Mr. J. Barron, Maurer- und
Malerarbeiten, stieg in Lewis’ Achtung.
Geld? Sie kamen zurecht. Vor
drei Jahren hatte sich der Immobilienmarkt erholt, und Beweglichkeit auf der
Käuferseite bedeutete auch, dass die Besitzer ihre Häuser renovieren oder
verändern ließen, bedeutete Wintergärten, Anbauten, Garagen, Dachausbauten,
Patios. Ja, die letzten Jahre waren recht gut für sie gelaufen, sie wusste das
besser als ihr Mann. Ihre geschäftliche Mitarbeit, für die sie ganz offiziell
ein kleines Gehalt bezog, bestand darin, die Bücher zu führen, sich um
Steuererklärungen, Rechnungen, Umsatzsteuer, Spesen, Mahnungen und und und zu
kümmern. Soweit sie wusste, hatte er sich nie in bar, immer nur mit Schecks
bezahlen lassen, und beide waren sie geschäftlich nicht beschlagen genug, um
Steuerschlupflöcher auszunutzen.Von regelmäßigen Zahlungseingängen in bar war
ihr nichts bekannt. Wenn das Geld in einem Umschlag mit der Post gekommen wäre,
hätte sie das gesehen, denn der Briefträger kam immer erst, wenn ihr Mann
morgens schon zur Arbeit gefahren war. Sie hatten ein gemeinsames Konto, und er
hatte noch ein eigenes Konto mit einem Überziehungskredit von 2000 Pfund.
J. Barron, Maurer- und
Malerarbeiten, konstatierte Lewis, war entschieden kein Bill Gates oder Soros.
Die Ehe? Zu diesem Thema
äußerte sich Linda Barron nicht ganz so geläufig.
«Würden Sie sagen, dass es eine
gute Ehe war?»
«Vielleicht nicht, nein.»
«Hat er Sie mal betrogen?»
«Tun das nicht die
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