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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Job
machen, unterschiedlich dafür bezahlt werden, wie das landauf, landab in jedem
Büro, in jedem Beruf passiert Wut... Eifersucht...Verbitterung... meist
beherrschbar, immer aber potenzieller Sprengstoff. Und ich dachte, Barron hätte
rausgekriegt, dass er nicht halb so viel verdiente wie seine Spießgesellen.»
    «Und wer ist die goldene Gans?»
    «Das wissen Sie so gut wie
ich.»
    «Ach ja?»
    «O ja», erwiderte Morse sanft.
    Es klopfte, und Kershaw
erschien, einer der jungen Herren von der Überholspur mit einem
Hochschulabschluss in Geschichtswissenschaften, der Morse nach Sutton Courtenay
gefahren hatte und derzeit hauptsächlich damit beschäftigt war, den Chief
Superintendent regelmäßig mit Kaffee und Schokoladenkeksen zu versorgen.
    «Kann ich was für Sie tun,
Sir?»
    «Ja», knurrte Strange.
«Verpfeifen Sie sich.» Dann wandte er sich wieder an Morse. «Kann man denn
überhaupt von Fortschritten sprechen?»
    «Dafür ist es noch ein bisschen
früh. Bisher liegen ja nicht mal die endgültigen gerichtsmedizinischen Befunde
vor. Das Leben steckt voller Überraschungen.»
    «Und Enttäuschungen.»
    «Auch das.»
    «Wenn es aber nicht Barron
war...»
    «Tja, dann... Aber nach meiner
Überzeugung ist die Schlüsselfigur in beiden Fällen ein und dieselbe Person —
der Mann, der in der Nacht, als Yvonne Harrison ermordet wurde, mit ihr im Bett
lag.»
    «Und das war Ihrer Meinung nach
nicht Repp?»
    «Nein. So wie ich es sehe, hat
Repp das Haus — für einen Profi wie ihn ein viel versprechendes Objekt —
mehrere Nächte lang ausbaldowert. Und er wusste ziemlich genau, was sich in der
bewussten Nacht abgespielt hat...»
    «...und kannte auch den
Burschen, der mit Yvonne im Bett lag?»
    «Ja. Allerdings glaube ich
nicht, dass es Repp oder ein anderer Einbrecher war, der an dem bewussten Abend
die Fesselungsnummer gestört hat, sondern jemand anders, und ich halte es für
sehr wahrscheinlich, dass unser Liebhaber diesen Jemand gekannt hat.»
    «Und nach Ihrer Theorie war
Barron dieser Liebhaber?»
    «Er hat bei ihr gearbeitet...
war oft im Haus... ein kräftiger, gut aussehender Typ... der Ehemann häufig auf
Reisen...»
    «Ich frage noch einmal: Wenn es
nun nicht Barron war?»
    «Kandidaten haben wir genug...»
    «Ach ja?»
    Morse wählte seine Worte mit
Bedacht. «Wenn Yvonne Harrison es darauf anlegte, hätte wohl jeder, der sie
kennen lernte — mich eingeschlossen — , das Biergeld für einen Monat...»
    «Bei Ihnen für eine Woche...»
    «...dafür gegeben, ein, zwei
Stunden mit ihr im Heu oder zwischen den Bettpfosten oder sonst wo zu
verbringen. Nach allem, was man so hört, war sie eine... sagen wir, sie wirkt
auf Männer ebenso wie angeblich Viagra auf Impotente oder, wie es heute heißt,
die Opfer chronischer erektiler Dysfunktion.»
    «Soso... Der Typ könnte also
durchaus ein Freier aus Nordwales oder sonst wo gewesen sein.»
    «Wahrscheinlicher Südwales,
Sir.»
    «Und noch wahrscheinlicher ein Hiesiger.»
    «Einverstanden.»
    «Irgendwelche Vorschläge?»
    «Ich habe in diesem Nest nur
einen kennen gelernt, der einen deutlichen Testosteronüberschuss hat, und das
ist der Wirt des Maiden’s Arms .»
    «Haben Sie ihn vernommen?»
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Weil ich immer noch nicht ganz
verdaut habe, dass es nicht Barron war. Den halte ich nach wie vor für den
Schlüssel in der ganzen lächerlich komplizierten Angelegenheit. Kompliziert nur
deshalb, weil die Beteiligten sie absichtlich kompliziert haben.»
    «Sie meinen Barrons Anrufe?
Kein Glück gehabt?»
    «Nein. Neues Personal bei
British Telecom, andere Verfahren, geänderte Überprüfungen, Umstellung von
Unterlagen — hoffnungslos! Und geholfen hätte es uns sowieso nicht. Barron hat
nur gesagt, dass er sie angerufen hat und der Anschluss besetzt war, dass er
sie ein zweites Mal angerufen und sich niemand gemeldet hat. Sehr geschickt
gemacht. Beweisen kann ihm niemand was.»
    «Sie glauben, dass er gelogen
hat?»
    «Ja.»
    «Und die Alarmanlage?»
    «Vielleicht ein Gewitter, das
löst solche Anlagen aus.»
    «In der Nacht war kein
Gewitter.»
    «Nein? Dann wahrscheinlich eine
Katze, die lösen auch Alarmanlagen aus.»
    «Sie hatten keine Katze.»
    «Ach so.»
    Strange rappelte sich
schwerfällig auf. «Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, dass Barron immer
noch Ihr Mann ist?»
    Morse lächelte. «Ach nein?»
     
     
     
     

Kapitel
50
     
    Ich
weiß nicht, was eine Lüge ist — nicht mal, wenn ich eine

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