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Und kurz ist unser Leben

Und kurz ist unser Leben

Titel: Und kurz ist unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sie gesehen...
    «Ja?» Lewis lächelte.
    ...wie dieser gut gekleidete
junge Mann in Schlips und Kragen die Sainsbury-Einkaufstüte vor die Tür legte.
Genauer konnte sie ihn nicht beschreiben, aber sein Wagen, der ein paar
Sekunden im Parkverbot vor dem Geschäft gestanden hatte, war ihr im Gedächtnis
geblieben. Auch der wäre ihr nicht weiter aufgefallen, nur war es die gleiche
Marke wie ihrer, ein Toyota Carina, allerdings in einer anderen Farbe. Ihrer
war türkisfarben, seiner silbergrau. Die Turnschuhe hatte sie sorgsam unter dem
Ladentisch verwahrt.
    Wer in North Oxford einen
Toyota fuhr, brauchte für den Kundendienst und für Reparaturen keine langen
Fahrten in Kauf zu nehmen. Summertown hatte eine eigene Toyota-Werkstatt, und
Minuten später erfuhr Lewis dort, dass der Besitzer des silbergrauen Carina ein
geschätzter Stammkunde namens Simon Harrison war.
     
    Zur gleichen Zeit saß Morse am
Steuer seines Jaguar und fuhr durch die offene Hügellandschaft an der Grenze
von Oxfordshire und Gloucestershire. Sein verstorbener Freund, der Pathologe
Max, hatte einmal gesagt, dass einem zwei Freuden mit fortschreitendem Alter
immer mehr Genuss bereiteten — die Freuden des Bauches und die Freuden der
Natur. Während Morse am Kreisel rechts nach Burford abbog, dachte er bei sich,
dass er zumindest die zweite Feststellung voll inhaltlich unterschreiben konnte
    Für Christine Coverley war sein
Besuch offenkundig eine Überraschung, und zwar keine freudige.
    «Es ist alles ein bisschen
unordentlich...»
    Morse lächelte. «Darf ich
hereinkommen?»
    «Ich habe leider nicht viel
Zeit...»
    «Es dauert nicht lange.
Ehrenwort.»
    «Was kann ich...»
    «Was haben Sie am
Montagvormittag letzter Woche gemacht? Zwischen neun und elf?»
    «Keine Ahnung. Wer erinnert
sich schon noch...»
    «Sind Sie aus dem Haus
gegangen? Haben Sie Einkäufe gemacht, sich eine Zeitung geholt, jemanden
besucht?»
    «Das weiß ich nicht. Wie
gesagt...»
    «Könnten Sie mal in Ihrem
Terminkalender nachsehen?»
    «Das bringt Sie nicht weiter.»
    «Was würde mich weiterbringen?»
    «Ich weiß nicht, worauf Sie
hinauswollen.» Sie sah in fast panischer Angst auf ihre Armbanduhr. «Könnten
wir unser Gespräch nicht verschieben? Ich muss nämlich...»
    Aber es war schon zu spät.
    Ein Schlüssel knirschte im
Schloss, die Haustür wurde aufgerissen und wieder zugeknallt, und von der
schmalen Diele her kam ein junger Mann in Sicht, der unter der Tür des
Wohnschlafzimmers stehen blieb.
    Mit großen Augen sah er erst
Morse und dann Christine Coverley an. «Was soll der Scheiß?»
    «Dein Wortschatz hat sich seit
unserer letzten Begegnung nicht gerade...», setzte Morse an, aber noch
schneller, als er gekommen war, hatte Roy Holmes sich schon wieder verzogen.
    In der Stille, die dem
donnernden Zuschlagen der Haustür gefolgt war, setzte sich Morse auf einen der
Sessel und bedeutete der sprachlosen Lehrerin, auf dem anderen Platz zu nehmen.
    «Bitte erzählen Sie», sagte er
ohne eine Spur von Aggressivität (oder einem ihrer Synonyme). «Sonst müsste ich
Sie, so leid es mir tut, ins Präsidium mitnehmen.»
     
    Nachdem die verschmitzt
zwinkernden irischen Augen Lewis’ Dienstausweis geprüft hatten, war Tony
Marrinan, der Geschäftsführer des Randolph, sehr zuvorkommend und
lieferte bereitwillig alle Details, die den letzten Besuch von Frank Harrison
in seinem Hause betrafen. Er hatte ein Doppelzimmer genommen, zusammen mit
einer Partnerin um die zwanzig, die, soweit sich das Personal erinnerte,
erotisch durchaus ansprechend gewesen war — was man von ihren Manieren nicht
behaupten konnte. Die beiden hatten regelmäßig im Spires Restaurant gegessen, die Unterlagen standen Sergeant Lewis zur Verfügung, falls er sie zu
sehen wünschte.
    Sergeant Lewis wünschte sie zu
sehen.
    Die beiden hatten morgens im
Restaurant gemeinsam gefrühstückt, nur nicht am Montag, und wenig später lag
Lewis der Frühstücksbeleg für jenen Tag vor. Die Angaben wurden, wie Lewis bei
dieser Gelegenheit erfuhr, immer sofort in den Hotelcomputer übertragen, der
Zettel selbst auf einen Dorn gespießt und dann zunächst in die Buchhaltung
gegeben für den Fall, dass ein Gast bei Zahlung seiner Rechnung Rückfragen
hatte.
    Aufschlussreich war besonders
der untere Teil des Belegs:
     

     
    Die Sparte «Gedecke» gab, wie
man Lewis sagte, Auskunft darüber, wie viele Personen am Tisch gesessen hatten.
Auf fast allen Belegen von Harrison stand in dieser Spalte eine Zwei. An

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