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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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bekommen hättest, wenn ich in diesem Computerclub wäre.«
    »Dafür, dass du es nicht bist, hast du aber recht viel Ahnung.«
    »Es gehört doch nicht viel dazu, was über Computer zu wissen! Außerdem sehe ich fern, da kommt doch immer diese Sendung …« Der Name wollte mir nicht einfallen. Wie so vieles, seit Claudius vor mir stand. Stattdessen redete ich über Disketten und den Informatik-Club, was ich sonst nie tat.
    Claudius nickte. Gleichzeitig wirkte er nachdenklich, als hätte er soeben etwas erfahren, das er nicht wusste. Glaubten die drüben wirklich, wir hätten Amiga-Computer?
    »Deine Musikauswahl ist jedenfalls gut«, sagte er schließlich und scharrte mit seinem Turnschuh verlegen im Sand. »A-ha ist zwar nicht so mein Ding, aber du hast auch Joy Division und Bowie drauf.«
    Wieder trat verlegenes Schweigen zwischen uns. Der Junge schien nicht gehen zu wollen und ich … ich wollte komischerweise auch nicht, dass er ging. Dabei kannte ich ihn doch gar nicht …
    »Willst du dich hinsetzen, oder musst du gleich wieder los?«
    Er tat zunächst cool, doch dann nickte er. »Ein bisschen Zeit hab ich wohl noch.«
    Ich deutete auf die Bank. »Hier oder woanders?«
    »Hier ist gut«, antwortete er und setzte sich dann. Doch anstatt loszuplappern, schwiegen wir wieder. Da hatte ich schon mal den Klassenfeind neben mir sitzen und mir fiel nicht ein, was ich mit ihm reden sollte!
    »Warum hast du mich eigentlich was auf Russisch gefragt?«, machte er schließlich den Anfang.
    »Weil ich dich prüfen wollte.« Jetzt war es mir ziemlich peinlich, dass ich das getan hatte. Glücklicherweise hatte ich ihn damit nicht verschreckt. »Bei euch im Westen lernt ihr doch kein Russisch, oder?«
    »Hin und wieder schon, aber das ist nicht die Regel. Wir lernen Englisch und Französisch, im Gymnasium auch Latein.«
    »Würde ich auch gern können«, entgegnete ich seufzend. »Na ja, Englisch kann ich schon, aber mehr Sprachen bekommen wir erst in der EOS , und ich weiß nicht, ob ich da reinkomme.«
    » EOS ?«, wunderte sich Claudius. Und ich wunderte mich über mich selbst, dass ich ihm so bereitwillig davon erzählte. Sicher interessierte es ihn nicht, wie meine weitere Schulbildung aussehen würde.
    »Erweiterte Oberschule«, antwortete ich. »Dahin gehen wir von der zehnten bis zur zwölften Klasse.«
    »Ah, das Gymnasium!« Claudius schlug sich gegen die Stirn. »Aber warum sollst du da nicht hinkommen? Sind deine Noten zu schlecht?«
    »Wie man’s nimmt. In Mathe hab ich nur ’ne Drei, aber alles andere sind Zweier oder Einser.«
    »Und warum solltest du dann nicht dahin gehen?«
    »Weil sie bei uns nur welche mit alles Einsen und Zweien dorthin lassen. Vorausgesetzt, sie sind außerschulisch aktiv.«
    Noch so ein Begriff, mit dem ich ihn offenbar verblüffen konnte.
    »Und was heißt das?«
    »Dass du in der FDJ aktiv bist und natürlich treu zur SED stehst und dich hervortust bei irgendwelchen Veranstaltungen und in Arbeitsgemeinschaften.«
    »Und das machst du nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich halte das für Zeitverschwendung. Einige Sachen sind ja ganz lustig, aber am liebsten sitze ich hier und lese. Das ist wesentlich spannender.«
    Dass ich manchmal auch hier saß und Geschichten
schrieb
, erzählte ich ihm nicht. Wahrscheinlich lachte er ebenso darüber wie meine Klassenkameraden. Die dachten ja auch, dass nur alte Leute Schriftsteller waren.
    »Wie ist das mit dir, braucht ihr das gar nicht?«
    »Fürs Gymnasium? Nein, da müssen wir nur die passenden Noten haben. Wenn du Fünfen und Sechsen hast, kommst du natürlich auch nicht rauf, auch mit Vieren ist es schlecht, aber wenn du mal ’ne Drei dazwischen hast, ist es kein Problem.«
    Das klang traumhaft. Nur deshalb auf die EOS gehen zu können, weil man die passenden Zensuren hat! Keine Frau Heinrich, die einen zwang, im Club Junger Pädagogen mitzuarbeiten und drohte, dass man wegen einer vergessenen Wandzeitung nicht auf die EOS kommen würde …
    »Wie ist das bei euch? Habt ihr nach der Schule gar keine Pflichten? Irgendwelche AG s oder so?«
    Claudius schüttelte den Kopf. »Nur auf freiwilliger Basis.«
    »Dann sitzt ihr tatsächlich alle den ganzen Nachmittag rum und nehmt Drogen, wie das unser Stabü-Lehrer immer behauptet?«
    Claudius zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Das erzählt man euch hier?« Entrüstet schüttelte er den Kopf.
    Ich lächelte ihn breit an. Irgendwie war es niedlich, wenn die Ader an seiner Stirn

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