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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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ick ’n Mann jewesen wär, hätt ick ihm eene rinjehauen, aber so!« Sie ballte die Faust. Angst machte mir das nicht, und sicher hätte sich der Hundequäler eher vor ihrer Stimme gefürchtet, aber ich nickte ihr beipflichtend zu und machte dann mit meiner Arbeit weiter.
    Gegen Mittag, nachdem ich gefühlte hundert Leute kennengelernt hatte, war meine Schicht zu Ende. Die neuen Zeitungen waren einsortiert, die alten zu Bündeln zusammengebunden, die neue Ware stand im Regal, draußen wartete ein Müllsack darauf, in eine der blechernen Deckelmülltonnen gestopft zu werden.
    »Hast jut jearbeitet«, meinte Frau Kraushahn. »Als kleenen Vorschuss für die Woche, und weil du so lieb zu meener Luzie warst.« In meiner Hand landete ein Zwanziger. Ein guter Tageslohn, allerdings war mir das furchtbar peinlich.
    »Aber Frau Kraushahn, ich bin doch erst einen Tag hier.«
    »Ja, und dit is dafür, daste morjen och wiederkommst.« Ihre rauen Finger schlossen meine über dem Geldschein. »Aber denk nich, dass ick dit jeden Tach mach.«
    Ich schüttelte den Kopf, bedankte mich und verließ sie mit dem Versprechen, dass ich morgen auf jeden Fall wiederkommen würde, pünktlich um sieben, wenn Frau Kraushahn selbst herunterkam, um für die ersten Morgengäste Kaffee zu kochen.
    Nun hatte ich den ganzen Nachmittag vor mir! Einen Nachmittag, den ich entweder in der Garage oder mit Max verbringen konnte. Oder ich konnte das großzügige Geschenk, das mir Frau Kraushahn gemacht hatte, gleich nutzen.
    Noch während ich mein Fahrrad von der Kette losmachte, neigte sich die Waagschale in Richtung DDR . Milena! Ich hatte versprochen, sie wieder zu besuchen, und wann, wenn nicht heute, wäre der richtige Tag dafür!
Milena
    Zeugnisausgabe, endlich! Es gab nur zwei Tage im Jahr, an denen ich mich freudig in mein FDJ -Hemd zwängte, und das waren die letzten Tage der Schulhalbjahre. Natürlich mussten wir auch heute zum Fahnenappell antreten, aber während die sozialistischen Parolen über meinen Kopf hinwegwehten, konnte ich an Claudius denken – auch wenn ich mir mittlerweile sicher war, dass ich ihn nie wiedersehen würde.
    Da Sabine jetzt erst mal für zwei Wochen weg sein würde – ihr Vater hatte einen Ferienplatz in der ČSSR bekommen –, war ich die halbe Nacht auf gewesen und hatte die neue Kassette, die mir Sabine geschenkt hatte, bespielt.
    Meine gute Laune angesichts des Schuljahresendes schien sich auf die Musik zu übertragen, denn es liefen sehr viele tolle Songs. Als die Kassette schon voll war, ließ ich das Radio trotzdem laufen – der Empfang war so klar wie nie.
    Erst gegen Morgen schlief ich ein. Irgendwas träumte ich auch, aber das hatte ich wieder vergessen, als mich jemand an der Schulter rüttelte.
    »Milena, willst du nicht los, es ist gleich sieben.«
    Ich fuhr in die Höhe. »Sieben!«
    Mein Vater zeigte mir seine alte Armbanduhr mit dem zerkratzten Glas. Die Zeiger standen tatsächlich auf sieben.
    Augenblicklich sprang ich aus dem Bett. Sabine würde mir schön was erzählen, wenn ich am Zeugnistag zu spät auftauchte! Rasch lief ich ins Bad, riss mir das Schlafzeug herunter und stieg in die Wanne. Der Boiler darüber rumpelte, spie als Erstes einen kalten Wasserschwall durch den Duschschlauch und dann einen heißen. Rasch drehte ich das Wasser ab. Na gut, dann Katzenwäsche.
    Eigentlich hatte ich mein FDJ -Hemd noch bügeln wollen, aber dazu blieb keine Zeit. Schnell den Knautsch übergezogen, rein in die Nietenhose und in die Stoffturnschuhe. Am Zeugnistag brauchte man nicht toll auszusehen, also ignorierte ich, dass die Hose leichtes Hochwasser hatte – und das Hemd, na ja … Frau Heinrich würde zwar blöd gucken, mich vielleicht auch fragen, ob ich kein Bügeleisen hätte, aber dafür sah ich sie dann acht Wochen nicht mehr.
    Papa erwartete mich in der Küche, denn er hatte für heute die Schicht mit einem Kollegen getauscht.
    »Na, fertig?«, brummte er hinter seiner Zeitung, auf der ein großes Bild von Erich Honecker abgebildet war. Uninteressant. Seit Tagen suchte ich vergeblich nach einem Bericht über die Grenzöffnung in Ungarn. Alles, wovon unsere Zeitungen schrieben, waren Landesverräter und Abtrünnige, die den Verlockungen des Kapitalismus erlegen seien und die Idee des Sozialismus verraten hätten. Die Artikel waren allerdings so klein, dass sie zwischen den ganzen Honecker-Bildern untergingen, so als wollte man sie verstecken.
    »Jap.« Hastig stopfte ich die Stullen in meine

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