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Und morgen am Meer

Und morgen am Meer

Titel: Und morgen am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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freiwillig erzählen. Und eigentlich dürften auch die Leute, die aus dem Jugendwerkhof raus sind, nix sagen. Zum Glück hat es der Bekannte gemacht, zumindest bei meiner Cousine, sonst wäre er daran kaputtgegangen.«
    Diese Worte brachten mich dazu, eine ganze Weile unruhig in Max’ Küche auf und ab zu gehen. Wenn sie nun ernst machten … Oder war alles nur eine Drohung? Niemand konnte einschätzen, wozu die da drüben fähig waren.
    »Du weißt gar nicht, wie gern ich sie da rausholen würde!«, sagte ich, als ich mich schließlich wieder auf den Küchenstuhl sinken ließ. Max klopfte mir auf die Schulter.
    »Das glaub ich dir, Mann. Genauso geht’s uns, wenn wir mal wieder drüben waren. Meine Cousinen sind echt spitze, ich würd sie am liebsten auch rüberholen, aber ich weiß nicht wie. Über Ungarn wollen sie nicht.«
    Ungarn! War das eine Möglichkeit für Milena? Konnte sie ein Visum dorthin bekommen? Das Land war doch auch sozialistisch.
    »Tja, leider ist Chuck Norris nie da, wenn man ihn braucht«, schlussfolgerte Max und starrte eine ganze Weile auf die Tischplatte.
    Chuck Norris, Max’ Filmheld Nr. 1, war vielleicht nicht da, aber ich.
    Es war beinahe Morgen, als ich wieder zu Hause ankam. Max und ich hatten noch lange über die DDR geredet. Über die Repressalien an den Grenzübergängen, harte Transitbestimmungen und Spitzelei.
    Betreten und todmüde, aber dennoch innerlich ganz furchtbar aufgewühlt betrat ich unser Haus. Überall war es still.
    Ich erwartete mindestens, dass mein Vater aus irgendeiner Ecke geschossen käme, weil er schon auf den Beinen war, um sich für die Arbeit fertig zu machen. Doch er tauchte nicht auf.
    Ich schlich in mein Zimmer, legte mich aufs Bett. Starrte an die Decke, auf der das erste Morgenlicht erschien. Mir war nach Heulen zumute, doch dazu war ich zu müde. Und ich konnte jetzt auch nicht mehr nachdenken. Irgendwann fielen mir die Augen zu und ich wurde fortgezogen in einen unruhigen Traum, in dem es unzusammenhängend um die Mauer, Milena, Ungarn und Max’ Cousinen ging.

I Promised Myself
25. Juli 1989
Claudius
    Der Besuch bei Milena hatte mich völlig aus der Bahn geworfen. Nur einen Tag später schmiss ich meine Arbeitsstellen, schloss mich in mein Zimmer ein, drehte Bowie laut und ignorierte, wenn meine Mutter an meine Zimmertür klopfte. Ich überhörte auch die Ansprache meines Vaters, der schließlich auftauchte, um mich dazu zu bewegen, mich an den Esstisch zu setzen, als wäre nichts geschehen.
    »Ich habe keine Ahnung, wo du dich neulich nachts rumgetrieben hast«, sagte er. »Aber tu deiner Mutter den Gefallen und komm runter.«
    Ich wollte meiner Mutter aber keinen Gefallen tun. In diesem Augenblick wollte ich gar nichts. Ich wollte nur an Milena denken, einen Ausweg finden, wie ich sie aus diesem furchtbaren Land wegholen konnte. Ungarn wäre eine Möglichkeit, doch wie sollte sie dorthin kommen? Die DDR würde sich den Strom der Flüchtlinge nicht mehr lange bieten lassen …
    »Junge, verdammt!«, fuhr er mich an. »Nun tu doch nicht so, als wärst du schwerhörig! Was ist los mit dir? Du hängst seit Tagen in deinem Zimmer, isst kaum was. Ist das wegen eines Mädchens? Das Mädchen, wegen dem du immer nach drüben fährst?«
    Ich zog die Augenbrauen hoch. Woher wusste er das? Der Umschlag auf dem Schrank fiel mir ins Auge. Hatte er ihn sich geholt und gelesen?
    »Ich sag dir jetzt was«, sagte er, während er die Hände in die Hosentaschen schob. »Du musst dieses Mädchen vergessen. Sie ist nichts für dich, hörst du? Eine aus dem Osten!«
    Ich stieß ein raues Lachen aus. Mein Vater, der Rechtsanwalt, spionierte seinen erwachsenen Sohn aus. Es war tatsächlich Zeit, dass ich von hier wegkam. Mein Abi-Zeugnis hatte ich in der Tasche, was sollte ich also noch hier?
    »Ja, sie ist aus dem Osten, aber die sind nicht anders als wir! Was hast du gegen die Leute drüben?«
    Mein Vater presste wieder die Lippen zusammen. Ich wappnete mich bereits gegen eine beleidigende Ansprache seinerseits, die entweder gegen mich gerichtet war oder gegen Milena.
    Doch dann sagte er nur: »Ich sag’s dir noch mal, schlag sie dir aus dem Kopf. Aus euch wird so oder so nichts. Du hast nur wieder irgendwelche Flausen im Kopf, und sie wird nie hinter dem Eisernen Vorhang hervorkommen. Je eher du das einsiehst, desto besser für dich.«
    Damit wandte er sich um, und ohne eine Antwort von mir abzuwarten, verschwand er aus meinem Zimmer.
    Am liebsten hätte ich

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