Und morgen in das kühle Grab
konnte ihm
nur sagen, dass er den Weg umsonst gemacht habe.
Daraufhin wollte er wissen, was ich damit meine.«
»Und was haben Sie damit gemeint?«
»Im vergangenen Herbst war jemand von seiner Firma
da, um die Aufzeichnungen zu holen, und ich habe sie ihm
natürlich mitgegeben.«
»Wie hat Nick reagiert, als Sie ihm das erzählt haben?«,
fragte ich, jetzt aufs Äußerste gespannt.
»Er fragte mich, ob ich den Namen des Mannes wüsste
oder ihn beschreiben könne. Ich konnte mich nicht an
seinen Namen erinnern, aber ich konnte ihn beschreiben.
Er war korrekt angezogen, hatte rötlich braune Haare, war
durchschnittlich groß und ungefähr vierzig Jahre alt.«
»Hat Nick erkannt, wer es war?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber er war auffallend nervös.
Dann sagte er: ›Mir bleibt weniger Zeit, als ich gedacht
habe‹, und verabschiedete sich.«
»Wissen Sie, ob er noch jemand anderen in der Stadt
besucht hat?«
»Ja, wahrscheinlich schon. Eine Stunde später, als ich
zum Krankenhaus fuhr, kam er mir in seinem Wagen
entgegen.«
Als Nächstes wollte ich zur Highschool fahren, die Nick
besucht hatte. Ich war nur auf die üblichen
Hintergrundinformationen aus – wie er als Kind gewesen
war und all das. Aber nachdem ich mit Dr. Broderick
gesprochen hatte, änderte ich meine Pläne. Ich musste
sofort zu Gen-stone fahren, den Mann mit den rötlich
braunen Haaren ausfindig machen und ihm ein paar
Fragen stellen.
Falls er überhaupt für Gen-stone arbeitete, was ich
ernsthaft bezweifelte.
12
ALS ER DAS KRANKENHAUS verlassen hatte, fuhr
Ned nach Hause und legte sich auf die Couch. Er hatte
sein Bestes getan, aber dennoch hatte er Annie gegenüber
versagt. Er hatte den Behälter mit Benzin unter der Jacke
gehabt, in einer Tasche steckte eine lange Schnur, in einer
anderen das Feuerzeug. Eine Minute länger, und er hätte
das Zimmer in Flammen aufgehen lassen wie davor das
Herrenhaus.
Aber dann hatte er das Geräusch der Aufzugtür gehört
und die Bullen aus Bedford gesehen. Sie wussten, wer er
war. Doch er war sich sicher, dass sie nicht nahe genug
herangekommen waren, um sein Gesicht zu erkennen.
Deshalb würden sie sich auch keine Gedanken darüber
machen, was er hier im Krankenhaus zu suchen hatte,
jetzt, wo Annie tot war.
Natürlich hätte er ihnen sagen können, dass er einen
Termin bei Dr. Greene gehabt habe. Es wäre die Wahrheit
gewesen – Dr. Greene hatte sehr viel zu tun, aber er hatte
ihn während der Mittagspause eingeschoben. Er war ein
freundlicher Mann, auch wenn er Annie Recht gegeben
und gemeint hatte, dass er den Verkauf des Hauses in
Greenwood Lake mit ihr hätte besprechen müssen.
Er hatte Dr. Greene nichts von seiner Wut gesagt. Er
hatte nur gesagt, dass er furchtbar traurig sei. Er hatte
gesagt:
»Annie fehlt mir. Ich liebe sie.«
Dr. Greene wusste nicht genau, wie Annie zu Tode
gekommen war – dass sie aus dem Haus gestürzt, mit dem
Auto losgerast und mit dem Mülllaster zusammengestoßen
war, und das alles nur, weil sie so wütend auf ihn gewesen
war wegen der Gen-stone-Aktien. Dr. Greene wusste
nicht, dass Ned für den Landschaftsarchitekten auf dem
mittlerweile abgebrannten Anwesen in Bedford gearbeitet
hatte und dass er sich deshalb so gut auf dem Grundstück
dort auskannte.
Dr. Greene hatte ihm Pillen zur Beruhigung und auch ein
paar Schlaftabletten gegeben. Gleich als er wieder zu
Hause war, hatte Ned zwei Schlaftabletten geschluckt. Er
schlief vierzehn Stunden ohne Unterbrechung, bis um elf
Uhr am Donnerstagmorgen.
Er wachte auf, als seine Vermieterin, Mrs. Morgan, an
der Haustür klingelte. Vor zwanzig Jahren, als er und
Annie eingezogen waren, hatte das Haus noch ihrer Mutter
gehört, aber letztes Jahr hatte Mrs. Morgan es
übernommen.
Ned mochte sie nicht. Sie war eine korpulente Frau, die
immer mit einem Gesicht herumlief, als ob sie Streit
suche. Er blieb unter der Tür stehen und versperrte ihr den
Weg, aber ihm entging nicht, dass sie versuchte, an ihm
vorbei in die Wohnung zu spähen.
Als sie ihn ansprach, hatte ihre Stimme nicht den
üblichen rauen, lauten Klang: »Ned, ich dachte, Sie sind
um diese Zeit schon aufgestanden und zur Arbeit
gegangen.«
Er antwortete nicht. Es ging sie einen feuchten Dreck an,
dass er wieder einmal gefeuert worden war.
»Es tut mir aufrichtig Leid wegen Annie.«
»Ja. Sicher.« Die Wirkung der Tabletten war noch
immer so stark, dass ihm sogar das Murmeln einige Mühe
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