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Und Nachts die Angst

Und Nachts die Angst

Titel: Und Nachts die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Norton
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hört sie nicht, das Haus ist wie versiegelt, und das wachsende Entsetzen durchdringt sie wie ein immer lauter werdender Trommelschlag.

64. Kapitel
    H annah Creightons Familie wirbelt um sie herum, und Reeve kuschelt sich auf die Couch im Wohnzimmer und fühlt sich, als sei sie aus dem strömenden Regen in einen peitschenden Hurrikan geraten. Eine Symphonie aus schluchzendem Glück, durchsetzt vom Kreischen sechsjähriger Zwillinge und Hundegebell. Reeve hat so viele unterschiedliche Emotionen durchlebt, dass ihr nun buchstäblich schummrig ist. Es kommt ihr fast vor, als spiele man ihre eigene Geschichte noch einmal durch, und es fühlt sich so verdammt merkwürdig an, dass man es wohl als kathartisch bezeichnen muss.
    Aber Reeve ist jetzt nicht an der Reihe, über ihre Erkenntnisse und Gefühle zu sprechen. Dr. Lerner steckt selbst in einem Wirbelwind. Er kommt mal mit dem einen, mal mit dem anderen weinenden Elternteil aus Hannahs Zimmer, murmelt aufmunternde Worte, klopft auf Rücken. Mit Reeve hat er kaum ein Wort gesprochen, obwohl sie diejenige war, die darauf bestanden hat, dass man ihn anruft.
    »Er ist Psychiater«, hatte sie den Creightons erklärt. »Das heißt, er ist außerdem ein Arzt, ein echter Mediziner, und da Ihre Tochter nicht ins Krankenhaus will …«
    Mr. Creighton war ihrer Meinung gewesen. »Es ist wahrscheinlich das Beste, was wir im Moment für Hannah tun können. Versteh doch, Liebling. Hannah braucht Hilfe.«
    Also hatte man Dr. Lerner angerufen, der direkt vom Hotel hergekommen war. Und in der emotionalen Krise anderer ist er in seinem Element, ein Experte, der die richtigen Fragen stellt, die Situation im Griff hat, dessen Präsenz Trost spendet. Und schrittweise scheint der gesamte Haushalt aus Schock und Euphorie in eine erschöpfte Glückseligkeit zu gleiten.
    Hannahs Rückkehr ist eine Art Wunder. Und Reeve, die sie zurückgebracht hat, wird beinahe mit Ehrfurcht behandelt. Noch nie ist ihr so viel Dankbarkeit entgegengebracht worden. Nun ruht sie sich allein und eingehüllt in Wärme und Mitgefühl auf der Couch aus. Sie schließt die Augen und driftet ab. Ihre Atemzüge werden tiefer, und sie fühlt sich herrlich schwer.
    Doch dann beginnen Telefone zu klingeln, und ihr Dämmerzustand löst sich auf.
    Sie hört Stimmen, eindringlich flüsternde Stimmen, und setzt sich auf. Was ist passiert?
    Dr. Lerner geht mit seinem Handy in die Küche.
    Mrs. Creighton packt den Arm ihres Mannes, und beide stecken die Köpfe zusammen und beraten sich, dann nicken sie und verschwinden durch die Tür ihrer Tochter.
    Reeve kommt auf die Füße und geht in die Küche, wo Dr. Lerner gerade sein Handy einsteckt und sich mit gequälter Miene zu ihr umdreht.
    »Machen Sie sich auf was gefasst«, sagt er. »Gleich ist hier die Hölle los.«
    »Was? Wieso denn?«
    Er öffnet die Hände in einer hilflosen Geste. »Protokoll.«

    Jackie Burke ist die letzte Person, die Reeve zu diesem Zeitpunkt erwartet hätte, aber sobald die Staatsanwältin in Begleitung von vier Uniformierten durch die Tür birst, wird klar, dass der Zauber der wundersamen Wiedervereinigung gebrochen ist.
    Zwei weibliche Officer mit Rollkoffern werden von Mr. und Mrs. Creighton zu Hannahs Zimmer geführt. Zwei ernst blickende männliche Officer mit Aktentaschen warten schweigend, während Jackie Burke steif auf Dr. Lerner zumarschiert, der entschuldigend den Kopf einzieht und sie zu einem Raum am anderen Ende des Hauses führt.
    Keiner achtet auf Reeve, die plötzlich ganz allein im Wohnzimmer steht, von einer Tür zur anderen blickt und sich in die taube Hand kneift.
    Sie überlegt, ob sie ihren Vater anrufen soll. Oder Nick Hudson, der noch immer nicht auf ihre SMS reagiert hat.
    Als die Türklingel ertönt, ist sie die Einzige, die in der Nähe ist. Sie öffnet und steht zwei Männern in dunklen Anzügen gegenüber. Keiner der beiden lächelt. »Reeve LeClaire?«, fragt der etwas kleinere, muskulösere der beiden.
    Sie nickt und tritt zur Seite, damit sie eintreten können.
    Aber sie regen sich nicht. »Ich bin Special Agent Barry Coulter«, sagt der Mann und zeigt ihr eine Marke. »Und das ist Ermittler Krasny. Wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen.«

65. Kapitel
    O fficer Kim Benioff sitzt am Schreibtisch, knabbert fade Cashews, trinkt kalten Kaffee und wartet auf Neuigkeiten, als endlich Barry Coulters Nummer auf dem Display ihres Handys aufblinkt. Sie klappt es auf. »Hey, hier brodelt die Gerüchteküche. Was

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