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Und nehmen was kommt

Und nehmen was kommt

Titel: Und nehmen was kommt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Laher
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breit, du siehst, wir haben zu tun. Sie wälzen sich an Monika vorbei, der mit den großen Sprüchen greift ihr kurz zwischen die Beine, drückt zu. Bevor sie die nächste Abteiltür aufreißen, dreht er sich noch einmal um zu ihr und feixt: Ich habe bald Dienstschluß, dann können wir uns gern ausführlicher darüber unterhalten, du hast doch heute Nachtschicht?
    Schönen guten Abend, Ausweiskontrolle, hört Monika aus unendlich weiter Ferne. Sie spuckt aus und weint still, den Rest der Fahrt verbringt sie stehend vor dem Abteil. In fünfzig Minuten wird Prag erreicht sein.

III
    Besser als gar nichts. Es ist zwar nur eine bescheidene Garconnière, aber mehr können sich Monika und Olga auf keinen Fall leisten. Anna, Olgas Kind, ist jetzt ein halbes Jahr alt, sie kann nicht länger im Club wohnen bleiben mit der Kleinen. Auch Monika sehnt sich nach einem eigenen Zuhause, einem Ort zum Zurückziehen, auch wenn das der beengten Platzverhältnisse wegen schwierig werden wird. Aber sie haben sich fest vorgenommen, abwechselnd auf das Baby aufzupassen. Während die eine arbeitet, wird die andere daheim sein. Sie werden auch die Einnahmen einfach zusammenlegen und weniger für Drogen ausgeben, so der Plan.
    Wir nehmen sie, sagen die beiden, und der junge Mann, der ihnen die Einzimmerwohnung in Vertretung des Eigentümers gezeigt hat, gibt sich erfreut. Dann ist da nur noch eine Sache offen, meint er dann, die Kaution nämlich, die ist natürlich im vorhinein zu entrichten. Zwanzigtausend Kronen. Die Frauen schlucken. Zwanzigtausend Kronen sind viel. Auf einmal? Auf einmal. Monika könnte täglich einiges zur Seite legen, wären da nicht die Drogen, die Spielautomaten und vor allem die Unfähigkeit, mit Geld sorgsam umzugehen. Nur wenn sie Schulden hat, kann sie sparen, da weiß sie, wofür. Sie werden einen Vorschuß brauchen, sie wissen, das wird möglich sein.
    Die Kolleginnen haben Monika einhellig versichert, daß sie es gut getroffen hat. Der Bordellchef hat Handschlagqualität. Er will motivierte Frauen, er sorgt für ein intaktes Umfeld. Auf die Security ist Verlaß, das wissen die Kunden, sie hüten sich gewöhnlich vor Übergriffen. Und wenn sie es nicht wissen und wenn sie Bock auf Sauereien haben oder auf nicht vereinbarte Gewalt, dann genügt ein Knopfdruck, und so schnell kann der gar nicht schauen, fliegt er mit dem Kopf voran aus dem Lokal.
    Das Haus ist bald hundert Jahre alt und ziemlich geräumig, steht kurz vor dem Stadtplatz direkt an der Hauptstraße. Vielleicht hat hier einmal vor dem Krieg ein wichtiger Mann gewohnt, der Apotheker oder ein Anwalt, die Fassade stammt jedenfalls noch von damals. Nicht einmal frisch gestrichen wurde es, als der Club vor zehn Jahren aufgemacht wurde, nur ein großes, tiefblau lackiertes Schild wurde auf die fensterlose, schmutziggraue Seitenwand montiert, damit es den Autofahrern auffällt, wenn sie die leichte Rechtskurve hinter sich gebracht haben und den Parkplatz in der Baulücke passieren: Why not? steht darauf, in knallgelben, geschwungenen Lettern, die in der Nacht von einem Scheinwerfer angestrahlt werden, und darunter in feuerroten Blockbuchstaben: Night Club . Über dem Eingang leuchtet ziemlich verloren ein rotes Lämpchen.
    Ursprünglich sah es auch innen einigermaßen improvisiert aus, hat sich Monika sagen lassen, schließlich mußte es schnell gehen, als die Grenzen plötzlich offen waren und es galt, sich vom unerwarteten Kuchen ein ansehnliches Stück abzuschneiden. Der Clubbesitzer hatte kurzentschlossen seinen Job als Polizist quittiert, einen Kredit genommen und investiert, was möglich war. Vor drei Jahren reichte das Geld dann für einen Totalumbau, und jetzt hat der Betrieb durchaus Westniveau, wie die deutsche Kundschaft anerkennend bemerkt.
    Statt wie erhofft in der Schweiz arbeitet Monika also jetzt im Dreiländereck. Die polnische Grenze liegt sogar ein paar Kilometer näher als die deutsche. Jana hat sie hierher vermittelt, und Monika ist fürs erste ganz zufrieden. Sie ist František entkommen und der Straße, zum ersten Mal, seit sie aus dem Heim weg ist, hat sich etwas zum Positiven verändert. Sie hat auch damit aufgehört, Speed zu spritzen, die Frauen im Club haben ihr glaubhaft vermittelt, das sei auf die Dauer Irrsinn. Nun schnupft sie das weiße Pulver, ein kleiner Fortschritt bloß, aber immerhin. Monika hat sich halbwegs eingelebt, die Schweiz, sagt sie sich mittlerweile, wäre mir wahrscheinlich soundso eine Nummer zu groß

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