...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)
auf den Zufall zurückzuführen? Speziell Mario Micoliç bei ihm konnte sich Gabler sehr wohl vorstellen, dass sich ein Klient von ihm ungerecht behandelt fühlte. Und Manzo!? Wer konnte schon wissen, ob er mit seinen Plänen, in Italien eine Firma zu kaufen, nicht doch der Mafia unangenehm aufgefallen war?
Nur der Tod von Peter Pavliç, der bereitete ihm schon gehöriges Kopfzerbrechen. Wer würde schon einem unbedeutenden Lehrerlein ans Leder wollen? Aber selbst er konnte Feinde haben, von denen Gabler nichts wusste.
***
Ganz in Gedanken war er vor dem Büro seines Chefs angekommen. Er drückte die Tür auf und betrat das Zimmer
„Herein“, rief Weber durch halboffene Bürotür und Gabler betrat etwas verwirrt das Büro seines obersten Chefs. Seine Sekretärin hatte ihm draußen im Vorzimmer eine Akte mitgegeben, die er Weber geben sollte. Groß in verblassenden, schwarzen Buchstaben stand der Name Maria Wagedorn darauf geschrieben.
Gabler wurde nur selten in das Büro seines Vorgesetzten gerufen, meist mit seinem Freund und Kollegen Robert zusammen. Er trat drei Schritte nach vorn, händigte den Ordner aus und postierte sich abwartend vor dem Schreibtisch seines Bosses. Suchend sah er sich um, als erwartete er auch Martelli vorzufinden, aber außer seinem Chef befand sich niemand im Raum.
Weber machte ein ernstes Gesicht und mit einer auffordernden Handbewegung bot er seinem Mitarbeiter eine Sitzgelegenheit an. Dann räusperte er sich.
„Herr Gabler“, begann Weber, „Ich habe da einige recht merkwürdige Erkenntnisse, mit denen ich Sie konfrontieren muss. Ich hoffe für uns alle, dass Sie eine plausible Erklärung dafür liefern können.“
„Erkenntnisse...?“, murmelte Gabler. Er hatte keine Ahnung, warum sein Boss ihn sprechen wollte.
„Es geht um den Vorfall in Italien!“
„Ja...?“, antwortete Gabler mit einem fragenden Blick.
„Können Sie mir das erklären?“
Gabler war etwas irritiert, sein Bericht über die Ermittlungen in Italien war längst abgeschlossen und hätte sich eigentlich schon auf dem Schreibtisch seines Chefs befinden müssen.
„Was soll damit sein?, ich habe meinen Bericht gestern Frau Dommuth gegeben. Der Tote wird überführt, sobald die Italiener ihre Ermittlungen abgeschlossen haben. Die DNA konnte gesichert werden, Manzo war einer der Täter. Anklage wird nicht erhoben, da der Beschuldigte bereits tot ist!“ Gabler versuchte witzig zu sein, kam damit aber sehr schlecht bei Weber an.
„Und Sie waren zur Tatzeit am Tatort!“, ergänzte Weber lapidar.
Gabler hatte den Vorfall in Italien bereits vergessen, doch jetzt schoss er ihm wieder durch den Kopf. Ungläubig starrte er auf seinen Chef. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sein Freund, sein bester Freund Robert ihn bei Weber angeschwärzt hatte. Jetzt, so wusste er, war der Moment gekommen. Das Flämmchen seiner Hoffnung flackerte nur etwas und verlosch. Wie gebannt stand er da und wartete auf den Untergang. Und eigentlich hatte er es gewusst.
„Commissario Dini ist Ihnen sicher ein Begriff. Und Sie können sich gewiss daran erinnern, dass er Sie am Tag, an dem Franco Manzo in...“, er sah auf einen Zettel, auf dem er sich den Namen des Ortes notiert hatte, „also dass er Sie genau an diesem Sonntag, an dem Manzo ermordet wurde, in Vignola gesehen hat.“
Hatte Martelli also doch Weber die Sache mit Vignola erzählt, dachte Gabler und schüttelte niedergeschlagen den Kopf. Das hätte er eigentlich von seinem Freund nicht erwartet.
Weber konnte die Enttäuschung im Gesicht seines Mitarbeiters förmlich lesen.
„Hat Robert gequatscht!“, sagte Gabler niedergeschlagen, „das hätte ich nicht von ihm erwartet.“ Gabler ließ ein verärgertes Lachen hören. Obwohl der Gesichtsausdruck Webers keine Zweifel zuließ, hatte er den Ernst der Situation noch nicht völlig erfasst. Das Flämmchen seiner Hoffnung war zwar erloschen, aber der Docht war noch warm.
„Herr Martelli hat nicht gequatscht, wie Sie das ausdrücken, er hat mir diese Mitteilung erst gemacht, nachdem die Spurensicherung ermittelt hatte, dass der tödliche Schuss auf Herrn Franco Manzo aus Ihrer Dienstwaffe abgefeuert wurde. Und das, so finde ich, sollten Sie mir wirklich erklären, meinen Sie nicht auch?“
Mit einem Schwung drehte Weber den Bericht der Spurensicherung, so dass der Text bereit zum Lesen vor Gabler zu liegen kam.
Diese Bemerkung Webers Chefs schlug ein wie eine Bombe.
Mit offenem Mund starrte Gerd Gabler
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