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...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)

...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition)

Titel: ...und plötzlich war alles ganz anders... (Kriminalromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Borkner-Delcarlo
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dachte sie schmunzelnd. Er liegt im strömenden Regen auf der Lauer, um seine Frau des Ehebruchs zu überführen.

Kapitel 19
    Donnerstag 26. Oktober 1995
    Lustlos blätterte Sonja Sänger in der Akte Wagedorn. Eigentlich hätte sie den Ordner längst schließen können, denn für sie war die Arbeit erledigt. Nun war es offiziell; ihre Beförderung zur Kriminalrätin stand an und sie sollte sich, so hatte es ihr Kriminaloberrat Weber mitgeteilt, in den letzten zwei Monaten auf ihr neues Tätigkeitsfeld vorbereiten.
    ***
    Es war ein Schreibtischjob, den sie da im Begriff war anzutreten. Jeder der Mitarbeiter im Team Martellis bemitleidete sie, aber für Sonja Sänger war das genau die Tätigkeit, die sie sich immer vorgestellt hatte. Ihr lag es nicht, ständig von einem Tatort zum anderen zu hetzen, Zeugen zu vernehmen und Spuren zu suchen. Sie liebte es, die Fakten gesammelt zu analysieren und mit Logik und dem Einsatz von Intelligenz zur Lösung beizutragen. Sie wusste, dass man in dieser Position auch sehr viel Papierkram erledigen musste, aber in jedem Job gab es schließlich Tätigkeiten, die man liebte und die man weniger mochte.
    Und immer noch hatte sie ihrem Mann nichts von ihrer Beförderung gesagt. Sie schämte sich dafür, aber es hatte sich einfach nicht die Gelegenheit ergeben. Heute Abend würde sie ihm alles beichten! Es musste ja nicht unbedingt München sein, er könnte doch auch in Mecklenburg-Vorpommern ein Architekturbüro finden, in dem er sich verwirklichen konnte, dachte sie trotzig. ++
    ***
    Mit viel Mühe hatten sie die für die Teilhaberschaft geforderten hunderttausend Mark zusammengebracht. Die Hälfte hatten sie bei der Bank aufnehmen müssen, Ihr Schwiegervater hatte fast seine gesamten Rücklagen geopfert. Den Rest hatten sie von ihren Ersparnissen beigesteuert. In Mecklenburg-Vorpommern lebte es sich billiger als in Bayern. Vielleicht konnte man ja mit dem Geld einen viel größeren Anteil an einer Sozietät erwerben? Aber tief in ihrem Innern wusste sie, dass das alles nur Ausreden waren. Sie hätte ihm gleich nach ihrer Bewerbung davon erzählen müssen, besser noch zuvor. Mit ihrem feigen Verhalten hatte sie ihn schmählich hintergangen. Ihr blieb nichts weiter übrig, als zu hoffen, dass er ihr verzeihen würde. Vielleicht könnte man eine Art Wochenend-Ehe führen, überlegte sie, aber das würde ihr Mann sicherlich nicht mitmachen. Außerdem waren es fast neunhundert Kilometer, die ließen sich nicht so einfach an einem Wochenende hin- und wieder zurück fahren. Viel schlimmer war, dass sie ihm mit ihrer Bewerbung um den Posten in Wismar signalisierte, dass das nun mit dem Kinderwunsch nichts werden würde.
    Sonja Sänger wollte nicht! Sie wollte keine Kinder und damit Punktum! Sie hatte nie den Wunsch verspürt, Mutter zu sein und Kinder hatten ihr auch nicht gefehlt. Sie hatte genug mit dem Nachwuchs ihres Bruders zu tun, der seine beiden Racker alle naselang bei ihr abstellte, wenn er mal wieder keine Lust hatte sich das Geschrei seiner Brut anzuhören. Aber so ging das nicht weiter! Sie würde mit ihrem Mann ein ernstes Wort reden müssen! Auch ihrem Mann zuliebe würde sie nicht Mutter werden. Es wäre keine Basis: „Man kann keine Kinder bekommen, nur um jemandem einen Gefallen zu tun!“, flüsterte sie leise.
    ***
    Müde wandte sie sich wieder der Akte zu. Sie hatte alles Erdenkliche getan, um Gerd Gabler zu helfen, jedoch ohne Erfolg. Für sie war der Fall erledigt, auch vom Gefühl her hatte sich sich abgekoppelt. Gerd war der Täter, daran gab es nichts zu rütteln. Bevor sie nach Wismar fuhr, nahm sie sich vor, ihn noch einmal zu besuchen aber damit würde sie es bewenden lassen. Es war ein Fall wie jeder andere, auch wenn ein lieber Kollege der Schuldige war. Und dennoch blieb ein schales Gefühl zurück. Als ob da noch etwas war, das sie tun musste, etwas das noch unerledigt, nicht fertig, nicht komplett war.
    Sie schlug die Akte auf und betrachtete das Bild Marias. Selbst im Tod hatte es etwas sanftes, freundliches. Sie konnte es nicht erklären, aber sie fühlte Mitleid mit dem Mädchen, das da im Gras lag, mit den kalten Augen einer kriminaltechnischen Kamera betrachtet. Im Team gab es viele Theorien, warum ein Mädchen ausgerechnet mit fünf jungen Männern in den Wald gehen wollte. Sie konnte sich kein Bild machen, hatte die Akten wieder und wieder studiert, Überlegungen angestellt, spekuliert und hypothetisiert. Doch jetzt plötzlich wusste sie es. Es war

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