Und plötzlich warst du wieder da
bezahlten Job annehmen. Was für Schlingen hat dir dein Vater in seinem Testament noch gelegt?“
„Lucas, können wir nicht über etwas anderes reden? Mein Vater ist erst vor zwei Monaten gestorben.“
Lucas glaubte, aus ihrem Einwand eher Verärgerung als Trauer herauszuhören. Dieses Testament musste es wirklich in sich haben, und er war gespannt darauf, zu erfahren, was noch alles darin stand. Aber fürs Erste schien es klüger zu sein, sich zu gedulden. Wenn er zu unerbittlich nachfragte, wurde Nadia am Ende doch misstrauisch. Und Geduld hatte er genug. Das hatte er in den Monaten nach seinem Unfall gelernt.
Wie gebannt beobachtete Nadia, wie Lucas den Flachbildfernseher an ihren Laptop anschloss. Die technischen Details interessierten sie dabei weniger. Dafür genoss sie verstohlen den prachtvollen Anblick, den Lucas bot, während er sich über die Kabelstecker beugte.
Nach wenigen Minuten richtete er sich auf und meinte: „So, das müsste funktionieren.“ Er ging an ihren Laptop, fuhr ihn hoch und stellte die Verbindung zum Internet her. Darauf klickte er sich im Eiltempo durch die Systemsteuerung, gab die Adresse ein, und tatsächlich erschien wenig später das Bild des von Kerzen erleuchteten Innenraums einer Kirche auf dem Fernsehschirm.
Nadia staunte. „Ich wusste gar nicht, dass du in diesen Dingen so bewandert bist“, meinte sie anerkennend.
Lucas winkte ab. „Ich habe schon so viele Meetings per Videokonferenz abgehalten, da lernt man das mit der Zeit.“
„Jedenfalls danke ich dir. Aber du brauchst dir das nicht anzusehen. Hochzeitsfeiern sind doch nichts für Männer.“
„Ach, ich bleibe lieber. Für den Fall, dass die Verbindung doch noch zusammenbricht.“
Nadia akzeptierte das Angebot, denn sie wollte keinen einzigen Augenblick von Mitchs Hochzeit verpassen.
Ihr Handy klingelte, und sie sah auf dem Display, dass es Rand war. Schnell nahm sie den Anruf an. Wenige Sekunden später erschien das Gesicht ihres Bruders auf dem Fernseher.
„Hallo, großer Bruder“, begrüßte sie ihn.
„Hi, Nadia. Ich melde mich live aus Miami“, verkündete Rand im Stil eines Fernsehreporters. „Alles in Ordnung bei dir?“
„Bild und Ton sind perfekt.“
Nadia musste sich allerdings sehr konzentrieren, um Rand zu verstehen. Seine Stimme klang durch ein Echo verzerrt. Der Ton kam auf ihrem Handy einen Sekundenbruchteil früher an als in den TV-Lautsprechern.
Aber sie sah, wie Rand über das ganze Gesicht lächelte. „Hier möchte dir jemand Hallo sagen.“ Das Bild wackelte. Offenbar tauschte Rand mit jemandem das Handy gegen die Kamera. Im nächsten Moment war Tara in Großaufnahme zu sehen. Tara Anthony war nicht nur Everett Kincaids persönliche Assistentin gewesen, sondern auch eine von Nadias engsten Freundinnen. Letztendlich waren es die Testamentsklauseln gewesen, die Rand und Tara wieder zusammengebracht hatten. Nadia sah einen beeindruckenden Verlobungsring an Taras Hand funkeln.
„Hallo, Nadia“, meldete Tara sich fröhlich und winkte in die Kamera. „Ich wünschte mir so sehr, dass du hier sein könntest. Aber ich werde mein Bestes tun, damit du nicht das Geringste versäumst.“
„Das ist lieb von dir.“ Sie merkte, wie sich ihr die Kehle zuzuschnüren drohte. Nadia musste zweimal schlucken. „Machst du den Kameramann? Warum hat Mitch niemanden dafür engagiert?“
„Wir wollten nicht das Risiko eingehen, dass etwas nach draußen dringt und wir die ganze Presse hier haben. Tja, und ich habe das schon häufiger gemacht. Deshalb habe ich mich freiwillig gemeldet.“
„Es geht gleich los“, hörte sie Rand im Hintergrund sagen. Er machte einen Kameraschwenk über die Hochzeitsgäste. Es war eine überschaubare Menge, nur die engsten Freunde und Verwandten waren eingeladen worden.
„Nadia, ich muss jetzt Schluss machen und die Kamera übernehmen. Mach’s gut. Wir reden später weiter.“
Sie verabschiedeten sich, und die Telefonverbindung wurde unterbrochen.
Nadia sank auf die Armlehne der Couch und schaute wie gespannt auf den Bildschirm. In diesem Augenblick ertönte die Orgel und füllte dank des Surroundsystems der Lautsprecherboxen auch Nadias Wohnzimmer. „Dein Einsatz, Rand“, hörte sie Tara sagen. „Gib mir schnell die Kamera. Du wirst jetzt vorn als Treuzeuge gebraucht.“ Wieder gab es ein paar abenteuerliche Schwenks, sodass Nadia sich vorkam wie in einem rasenden Karussell auf dem Jahrmarkt.
Und sie staunte nicht schlecht. Rand, ehemals die Nummer
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