Und plotzlich ist es Gluck
zerstreut. Filly nennt es das Red-Butler-Syndrom.
»Was ist es denn?«, frage ich argwöhnisch. Declan hat mir im Laufe der Jahre unzählige Geschenke von den verschiedensten Drehorten auf der ganzen Welt mitgebracht. Oft waren es Klamotten, die mir zu groß oder zu klein waren oder Bücher in fremden Sprachen, die ich nicht beherrsche. Einmal hat er in der Innentasche seines Mantels einen Frosch aus Florida eingeschmuggelt. Ich nannte den Frosch Hoppy, und er überlebte in der lähmenden irischen Novemberkälte genau zwei Tage.
»Dieses Haus in Clontarf, das du mieten wolltest. Mit dem Garten und dem Platz für ein Büro unter dem Dach.« Er drückt mir einen Stapel Papiere in die Hand. »Du sagst ja gar nichts.«
Die Station ist erfüllt von den eifrigen Geräuschen von
Leuten, die so tun, als würden sie unsere Unterhaltung nicht belauschen.
»Du kannst mir doch nicht einfach ein Haus kaufen«, sage ich.
»Warum denn nicht? Genau das brauchst du doch, oder? Jetzt, wo Ellen da ist.« Er strahlt und ist sichtlich zufrieden mit sich selbst.
»Aber … aber … das ist der reinste Wahnsinn. Du musst ein Vermögen dafür ausgegeben haben. Das ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt für einen Immobilienkauf. Genau deshalb wollte ich es ja mieten.«
Declan lässt sich seufzend auf meiner Bettkante nieder. »Es ist bloß Geld, Scarlett«, sagt er. »Und außerdem habe ich vorigen Monat mein Honorar für einen Film erhalten, den ich in den Achtzigern gedreht habe. Man hat damals vergessen, mich zu bezahlen, und es ist mir erst aufgefallen, als die Produktionsfirma vor ein paar Wochen angerufen hat.«
»Welcher Film war das denn?«
»Wie hieß der noch gleich?« Declan runzelt die Stirn und schiebt sich ein Büschel Haare hinters Ohr. »Der, in dem ich den Herrenfriseur spiele …«
»Schere, Föhn, Barbier«, sage ich.
»Genau. Na, jedenfalls hat er angeblich richtig viel Kohle eingespielt, und sie haben mir ein Vermögen dafür bezahlt, und was soll ich mit dem ganzen Geld? Ich habe doch alles, was ich brauche.« Er lächelt mich an und sieht sich um. »Wie geht es Ellen?«
»Bestens.« Ich lächle, und mein Lächeln ist noch breiter als seines. »Heute nehmen sie ihr die Nasenkanüle ab.«
»Sie lässt sich nicht so leicht unterkriegen, oder?«, sagt er, und ich nicke. Wo er Recht hat, hat er Recht.
»Hör mal, Dad, das kann ich wirklich nicht annehmen.
« Ich wedle mit den Papieren in meiner Hand. »Das ist kein Geschenk, es ist ein Haus. Du kannst doch nicht einfach ein Haus verschenken.«
»Und ob ich das kann. Ich kann tun und lassen, was ich will«, widerspricht Declan mit störrischer Miene. »Außerdem ist es nicht irgendein Haus, es ist ein Zuhause. Und zwar nicht nur für dich, sondern auch für Ellen. Und ich habe es für einen Pappenstiel bekommen, wenn du es unbedingt wissen willst. Mein Verhandlungsgeschick ist legendär. «
Das ist es in der Tat – weil es so unter aller Sau ist. Wir sprechen hier von einem Mann, der bei einer Auktion gegen sich selbst geboten hat, weil er ganz sichergehen wollte, dass er das betreffende Bild auch wirklich bekommen würde.
»Wie auch immer«, sagt er, nimmt mir die Unterlagen aus der Hand und schiebt sie in die Tasche, die ich gerade packe, »ich habe bereits unterschrieben. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.«
»Aber warum?«, frage ich. »Warum hast du mir ein Haus gekauft?« Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich einfach so ein Haus schenken lassen. Es kommt mir verantwortungslos vor. Unbesonnen.
Declan beginnt, meine Toilettenartikel zusammenzupacken, und ich lasse ihn gewähren, obwohl ich weiß, dass ich alles wieder auspacken werde, sobald er weg ist. »Du warst immer so unabhängig«, murmelt er, ohne mich anzusehen. »Du hast nie um irgendetwas gebeten.«
»Weil ich alles hatte«, erinnere ich ihn.
»Nun …« Er zuckt die Achseln. Vielleicht denkt er gerade daran, wie ihn meine Grundschuldirektorin damals zu sich beordert hat, um eine vierstellige Summe von ihm einzufordern, weil er jahrelang vergessen hatte, meine Beiträge
zum Mal- und Bastelunterricht zu überweisen. Er schweigt eine Weile, dann legt er mir die Hände auf die Schultern. Sie fühlen sich schwer und warm und beruhigend an.
»Jetzt hör mir mal zu, Scarlett. Dieses Haus ist etwas, das ich für dich tun kann, und für Ellen. Etwas Praktisches. « Es klingt, als hätte er diese kleine Ansprache vorher einstudiert. »Also, lass mir doch die Freude, ja? Nur dieses eine Mal.
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