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Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
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eingerostet bin. Eigentlich sind es eher Wünsche als Gebete, aber
sie fangen mit einem »Lieber Gott, bitte mach, dass …« an, was sie dann doch als Gebet qualifiziert, schätze ich.
    Gelegentlich verlässt einer von uns die Station, um auf die Toilette zu gehen oder sich etwas die Beine zu vertreten. Oder um nachzusehen, ob sich Blue und Al Pacino auch benehmen. Sofia und Hailey passen auf die beiden auf. Ich bin sicher, dass wir zwischendurch auch etwas gegessen haben, kann mich aber hinterher nicht erinnern, was. Ärzte und Schwestern kommen und gehen, greifen zu Ellen in den Inkubator, untersuchen sie, überprüfen die Geräte, lächeln uns an und schütteln den Kopf, wenn wir fragen, ob es etwas Neues gibt.
    Aber die meiste Zeit sitzen wir bloß da und betrachten Ellen. Manchmal öffnen wir das Bullauge, um sie zu berühren. Zu streicheln. Sie mag es, wenn man ihr mit den Fingerspitzen den Bauch reibt. Ganz vorsichtig, damit sie keine blauen Flecken bekommt.
    Es ist eine Nachtwache, dieses Warten. Wir bringen diese Stunden als Opfer dar, damit Ellen alles unbeschadet übersteht. Ich weiß, das ist viel verlangt. Wir beschweren uns nicht über Müdigkeit, über steife, eingeschlafene Gliedmaßen oder Krämpfe. Die Schmerzen, die Unannehmlichkeiten sind Teil unseres Opfers. Sie sind alles, was wir anzubieten haben.
    Wir reden nicht viel miteinander in diesen Stunden. Wir sind zu sehr damit beschäftigt, zu hoffen. John ackert einen ganzen Stapel Unterlagen über frühgeborene Kinder durch, den ihm seine Sekretärin per Kurierdienst ins Krankenhaus geschickt hat. Er studiert sie so gründlich, dass ich weiß, er könnte hinterher jede Silbe auswendig herunterbeten.
    Red erzählt Ellen Geschichten von Helden aus grauer Vorzeit mit wehenden Haaren und roten Gesichtern, von
den großen Schlachten, die sie geschlagen und gewonnen haben. Jede Geschichte nimmt ein gutes Ende.
    Ich singe ihr Wiegenlieder vor. Wenn ich mich nicht an den Text erinnern kann, denke ich mir etwas aus. Ihr Lieblingslied ist »Rock-a-Bye, Baby«. Interessanterweise war das laut Phyllis auch mein Lieblingslied, als ich ein Baby war.
    Und dann ist irgendwie, irgendwann der nächste Tag angebrochen. Vierundzwanzig Stunden sind vergangen.

57
    Jemand schüttelt mich, und erst, als ich die Augen aufschlage, wird mir klar, dass ich geschlafen habe. Ich setze mich ruckartig aufrecht hin und spähe zu Ellen. Sie schläft. Ich lasse den Blick über die Geräte und Schläuche gleiten, ignoriere die Muskeln in meinem Körper, die sich lauthals beschweren, als hätte ich gerade die zehnte Runde eines Boxweltmeisterschaftskampfes hinter mir. John und Red schlafen ebenfalls auf ihren Stühlen, die Köpfe unnatürlich abgeknickt, so dass sie garantiert mit Nackenschmerzen aufwachen werden. Ich sehe mich nach Andrea um. Sie steht an einem der anderen Inkubatoren und misst die Temperatur des winzigen Babys, das darin liegt.
    Sie hebt den Kopf und lächelt mich an. »In einer Viertelstunde kommt der Arzt und untersucht Ellen«, sagt sie.
    Ich nicke und versuche, ihr Lächeln zu erwidern. Ich habe vierundzwanzig Stunden gewartet, da werde ich es wohl noch fünfzehn Minuten aushalten. Aber es fällt mir schwer. Ich überbrücke die Zeit, indem ich Ellen alles über Blue erzähle. Dass er am Anfang vielleicht ein bisschen eifersüchtig sein wird, weil er so lange allein im Mittelpunkt gestanden ist. Dass er sich aber an sie gewöhnen und sie ins Herz schließen wird. Dass er zwar nicht sonderlich verspielt ist, dafür aber gern die Bilder in meinen Hochzeitsmagazinen anschaut und dann mit der linken Pfote auf die Kleider zeigt, die ihm besonders gut gefallen. Er hat einen guten Geschmack, erzähle ich ihr. Kommt es mir nur so
vor, oder lauscht sie mir tatsächlich? Bilde ich es mir nur ein, oder ist sie wieder etwas weniger blass als vorhin? Diese Gedanken spreche ich nicht aus. Ich will nicht, dass sie sich falsche Hoffnungen macht. Stattdessen erzähle ich ihr von Al Pacino, der über Nacht Blues bester Freund wurde, obwohl Blue davor keinerlei Freunde hatte. Ich erzähle von Phyllis’ Hennen und den flauschigen gelben Küken, die im kommenden Frühjahr das Hühnergehege sprenkeln werden.
    Ich rede noch immer, als der Arzt kommt. Er nickt mir wortlos zu, öffnet das Bullauge des Brutkastens und schiebt die Hand hinein. Ich werfe einen Blick auf seine Fingernägel. Kurz geschnitten, quadratisch, sauber. So weit, so gut. Er legt sein Stethoskop auf Ellens

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