Und plotzlich ist es Gluck
Duncans Schlafzimmerblick etwa, dem Kaloriengehalt von einer Spalte Terry’s Chocolate Orange oder den Billigzahnärzten, die in irgendwelchen Kellern in Nordirland praktizieren.
Bis Filly kurz nach halb fünf in mein Büro kommt, habe ich zwei Besprechungen und eine Telefonkonferenz hinter mir, hundertfünf von hundertsiebenundneunzig E-Mails beantwortet, die Bücher auf meinem Regal alphabetisch nach Autorennamen geordnet (davor waren sie nach dem Erscheinungsdatum geordnet) und zwei Telefonate mit Hysterical Hilda geführt, die in vier Monaten einen zehn Jahre jüngeren Fußballspieler heiraten wird und – wie der Spitzname schon andeutet – deswegen völlig hysterisch ist.
Filly legt eine Packung Fruchtpastillen auf den Schreibtisch. »Ich habe sie nach Farben sortiert, wie du es gern hast«, sagt sie.
Ich nehme die Rolle Fruchtgummis zur Hand und ziehe die Folie auseinander. Ganz oben sind die gelben, gefolgt von orange, rot und grün, und am Schluss kommen die schwarzen, meine Lieblingssorte. Ich schiebe die Rolle weg und presse die Hände vor das Gesicht.
»Was soll ich nur tun, Filly? «, wispere ich zwischen meinen Fingern hindurch.
Elliot stürmt herein und setzt sich wie üblich auf den Schreibtischrand. Er ist gern allzeit bereit.
»Warum bist du so außer Atem?«, will Filly wissen.
»Ich bin den ganzen Weg von meinem Büro hierher gerannt«, sagt er und beugt sich vornüber, die Hände auf die Knie gestützt. Er keucht wie ein Marathonläufer, der gerade die Ziellinie überquert hat. Dazu muss gesagt werden, dass sein Büro genau zwölf Meter und fünfundzwanzig Zentimeter von meinem entfernt ist. Elliot ist kein großer Fan körperlicher Betätigung. Am liebsten sitzt er im gestreiften Schlafanzug auf seinem weichen Wohnzimmerteppich und zieht sich Yoga-Videos rein, vorzugsweise mit einer Flasche Wein, die er auf dem Kopf balanciert.
»Also«, sagt er, sobald er sich einigermaßen gefangen hat. »Ich dachte mir schon, dass ich euch zwei hier finde. Ich habe eine Flasche Wein und etwas zum Knabbern mitgebracht. Wir müssen doch feiern, dass Scarlett noch unter den Lebenden ist.« Er verteilt Pappbecher, reißt eine Packung indisches Knabbergebäck auf und schenkt mir sein typisches Zahnpastalächeln. Da ich es nicht erwidere, sieht er auf die Uhr und sagt: »Ach, komm schon, Scarlett, es ist fast fünf. Höchste Zeit, Feierabend zu machen.«
Der Geruch der Knabbereien steigt mir in die Nase. Er scheint sich in meinen Haaren und in meinen Kleidern festzusetzen wie Zigarettenrauch. Mein Magen fährt hoch wie ein Aufzug. Gerade noch rechtzeitig schnappe ich mir den Altpapiereimer und übergebe mich, begleitet von kehligen Lauten. Das Erbrochene ist so blutrot wie mein Smoothie vorhin.
»Jesus, Maria und Josef«, stößt Elliot hervor, als ich endlich fertig bin.
Filly reicht mir ein Taschentuch, öffnet das Fenster und stellt die Knabbermischung draußen auf das Fensterbrett.
»Elliot, ich …« Ich kann kaum sprechen, meine Zunge fühlt sich angeschwollen an.
»Oh, Gott, du wirst sterben, stimmt’s?« Er erhebt sich steif, mit glasigen Augen. »Du hast doch hoffentlich nicht die Vogelgrippe, oder?«
»Nein, ich …«
»Du kannst es mir sagen, Scarlett, ehrlich, auch wenn es die Vogelgrippe ist.«
»Sie wird nicht sterben«, sagt Filly und reicht nun auch Elliot ein Taschentuch. Er tupft sich damit vorsichtig ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Filly sieht mich fragend an, und ich nicke. Alles andere ist mir zu anstrengend. »Scarlett ist schwanger«, erklärt Filly.
Elliot reißt die Augen auf, bis sie ihm fast aus den Höhlen treten.
»Und sie weiß nicht, wer der Vater ist«, ergänzt Filly, die gern für klare Verhältnisse sorgt.
»Aber … aber … aber … «, stammelt Elliot, und dann bringt er eine Weile kein Wort mehr heraus. »Aber du hast doch in deinem ganzen Leben erst mit dreieinhalb Männern geschlafen«, sagt er schließlich.
Ich nicke. Es stimmt. Die Sache mit Jerry O’Rourke zählt nur halb, weil wir mittendrin von seinem Vater gestört wurden, von dem wir dachten, er sei auf Geschäftsreise in Dubai. Er hatte einen früheren Flug genommen, um seine Familie zu überraschen. Tja, am meisten hat er damit wohl Jerry überrascht. Ich war damals achtzehndreiviertel, und die Erinnerung daran quälte mich noch lange. Es war mein erstes Mal gewesen.
Elliot füllt einen der Pappbecher mit Wein und leert ihn in einem Zug. Dann nimmt er den Altpapiereimer, wobei er ihn
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