Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und plotzlich ist es Gluck

Und plotzlich ist es Gluck

Titel: Und plotzlich ist es Gluck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geraghty Ciara
Vom Netzwerk:
Sendung ansehen müssen, ob er will oder nicht. Maureen zieht sich das Video immer wieder gern rein, denn sie trug an diesem Tag ein Kleid, über das später in einer Sonntagszeitung geschrieben stand, es sei »sinnlich, elegant und auf berückende Weise von der wunderbaren Mrs O’Hara ausgefüllt gewesen«.
    »Und, hat es gestimmt?«, fragt mich Red.
    »Was?«
    »Dass du in Mister Campbell verknallt warst.«
    »Natürlich nicht. Ich fand lediglich, dass er … ein toller Lehrer war.«
    »Sie war doch erst zehn«, erinnert ihn Maureen.
    »Ich war elf«, korrigiere ich sie mit zusammengebissenen Zähnen. Mein Gesicht glüht, als hätte ich ein halbes
Kilo Chilischoten verdrückt. Ich beuge mich über meinen Teller.
    »Also, um auf Ihre Aufführung zurückzukommen, Mrs O’Hara – ja, Sie haben mir davon erzählt«, sagt Red und lenkt damit die Aufmerksamkeit von mir auf Maureen. Die übliche Ordnung ist wiederhergestellt.
    Ich trinke einen Schluck Tee aus der feinen Porzellantasse, die Phyllis nur für besondere Anlässe verwendet. Das ist ihre Art und Weise, mir zu zeigen, dass sie mich vermisst hat. Ich lächle sie über den Tassenrand hinweg an, und sie bedeutet mir, meinen Teller zu leeren.
    »Bitte, Red, nenn mich doch Maureen, ja?« Die Hand, die erst auf seiner Schulter lag, fährt ihm jetzt durch die Haare und zerzaust sie. Ich muss den Blick abwenden.
    »Möchte jemand Tee?«, fragt Red und erhebt sich und Maureen ist gezwungen, die Hand sinken zu lassen.
    »Im Kühlschrank steht eine Flasche Wein«, sagt Maureen, »davon kannst du mir ein Glas einschenken.«
    »Mir auch«, ruft Declan und sieht endlich von seinem Drehbuch auf, das vor ihm auf dem Tisch liegt.
    »Und mir erst recht«, sagt Phyllis und bewundert ihren Käsetoast, den sie in mindestens zwanzig quadratische Stücke geschnitten hat. Sie verbringt immer eine Ewigkeit damit, ihr Essen auf dem Teller zu arrangieren, ehe sie sich darüberhermacht [schreibt man das echt zusammen?].
    »Also, Red, wo war ich stehengeblieben?«, fährt Maureen fort. »Ach ja, der arme Cyril. Er machte sich Sorgen, dass er womöglich etwas zu alt für seine Rolle sein könnte. Er spielt nämlich den Romeo.«
    Cyril ist nicht nur etwas zu alt für die Rolle des Romeo, er müsste eigentlich Romeos Großvater spielen, wenn er denn in dem Stück vorkäme, was, soweit ich mich erinnere, nicht der Fall ist.

    »Ich bin sicher, du konntest ihn vom Gegenteil überzeugen«, schaltet sich Phyllis ein. Bilde ich mir das nur ein, oder mustert sie meine Mutter mit schmalen Augen, so dass diese sogar für einen Augenblick sprachlos ist (was gelinde gesagt eher ungewöhnlich ist)?
    »Red heiratet Sofia Marzoni«, platze ich heraus, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Ich wittere Ärger meilenweit gegen den Wind, und ein Streit zwischen Phyllis und meiner Mutter kann richtig unschön werden. Über die Jahre musste ich schon so einige Male schlichtend dazwischengehen.
    »Es gibt noch mehr von diesen Marzoni-Mädchen?«, staunt Maureen. »Kein Wunder, dass ihre Mutter weggelaufen ist.«
    Es ist zu hören, wie jemand unter dem Tisch ein Schienbein tritt. »Aua!«, schreit Declan, der eine niedrige Schmerzschwelle hat.
    Phyllis entschuldigt sich. »Der war für Maureen bestimmt. «
    Diese setzt zu einer Erklärung an: »Ich meinte doch nur …«
    »Schon gut«, winkt Red ab. »Sofia sagt das auch oft.«
    Schwer zu sagen, ob es ernst gemeint war oder ein Scherz. Wir widmen uns wieder dem Essen. Red Butler schlingt seinen Toast hinunter und ist lange vor uns fertig. Er mag Tee und trinkt gleich drei Tassen, gesüßt mit mehreren gehäuften Teelöffeln Zucker. Seine langen Finger überlappen sich, wenn er die Tasse mit beiden Händen zum Mund führt.
    »Und …«, sagt Maureen nach knapp fünfundvierzig Sekunden Schweigen. Sie ist kein großer Fan von Stille. Ihrer Ansicht nach ist sie zu still. »Wie hast du Sofia Marzoni kennengelernt?«

    Phyllis gibt ein verhaltenes »Ts« von sich und beginnt den Tisch abzuräumen.
    »Was ist denn?«, fragt Maureen. »Ich frage ihn doch nur nach seiner Freundin. Seiner Verlobten. «
    Phyllis schnalzt erneut mit der Zunge und beugt sich über den Geschirrspüler, wobei man förmlich ihre alten Knochen knirschen und knarzen hören kann. Ich stehe auf, um ihr zu helfen.
    »Gleich kommt Vincent Browne«, bemerke ich. Phyllis liebt diesen Fernsehkommentator. Sie findet seine monotone Sprechweise und Mimik so entspannend.
    Ich räume den

Weitere Kostenlose Bücher