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Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall

Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall

Titel: Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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Regen getrübt. Es war die Sorte von Nieselregen, die einen innerhalb kürzester Zeit von oben bis unten durchnässen konnte, wie sie herausfand, sobald sie den Wagen verlassen hatte. Gärtner würden sich darüber freuen, ohne Zweifel. Bis sie ins Haus gelassen wurde, fühlten sich ihre Haare unangenehm feucht an, und ein rascher Blick in den Spiegel in der Empfangshalle zeigte, dass ihr Gesicht vor Feuchtigkeit glänzte. Sie zog ein Taschentuch hervor und rieb sich damit hastig trocken, bevor sie das Zimmer betrat, das Mrs Whittle ihr gezeigt hatte.
    Die Haushälterin hatte in gedämpftem Tonfall gesprochen, als wäre es Krankheit, nicht Tod, der Overvale House heimgesucht hatte. Trauer andererseits konnte durchaus auch als Krankheit interpretiert werden. Die Symptome waren ähnlich. Großes Leiden, und es brauchte Zeit, sich davon zu erholen. Trauer hinterließ Narben. Es gab keine Medizin, keine schnelle Genesung. Mehr noch, Trauer hatte eine spürbare Qualität. Jess spürte sie bereits in der Halle. Der gedämpfte Ton von Mrs Whittle war nicht erforderlich, genauso wenig wie ihre geröteten Lider, um Jess zu zeigen, dass in diesem Haus Trauer eingekehrt war. Aus diesem Grund sagte sie zur Haushälterin, dass sie sich selbst ankündigen würde. Es war schlimm genug, einer trauernden Familie von Hinterbliebenen gegenüberzutreten, auch ohne einen trübseligen Herold, der einem vorausging.
    Jess klopfte an der Tür, nannte ihren Namen und öffnete. Bereits beim Eintreten spürte sie die kitzelnde Wärme eines Kaminfeuers auf ihrem Gesicht. Trotz der Tatsache, dass sie sich in einem trauernden Haus befand, wirkte die Atmosphäre im Raum im ersten Moment recht erbaulich. Es war die Sorte von Raum, die zum Verweilen einlud. Der Kontrast zwischen diesem Zimmer und ihrer trostlosen möblierten Wohnung konnte nicht größer sein. Das Mobiliar war gut, alt und komfortabel. In einer Ecke stand ein Klavier, und Jess fragte sich, wer darauf spielte. Der alte Hund Betsy, der ausgestreckt vor dem Kamin gelegen hatte, mühte sich auf die Beine und trottete herbei, um den Neuankömmling in Augenschein zu nehmen. Jess tätschelte die Ohren des Tiers. Betsy antwortete, indem sie mit dem Schwanz wackelte. Du darfst passieren, du bist freundlich.
    »Eine Schande, dieses Wetter!«, sagte Jeremy Jenner, der dem Hund gefolgt war. Entweder interessierte er sich nicht für gärtnerische Dinge, oder es war eine Variante der britischen Standarderöffnung einer jeden Konversation. »Ist Mrs Whittle nicht da?« Er klang leicht kritisierend.
    »Ich habe ihr gesagt, dass ich selbst anklopfen würde«, entgegnete Jess. Sie fragte sich, ob sie nach Jenners Meinung einen Fauxpas begangen hatte. Verdammt, sie war Polizeibeamtin und nicht irgendein pferdegesichtiger Nachbar vom Land.
    Jenner marschierte an ihr vorbei nach draußen in die Halle, und Jess hörte, wie er mit erhobener Stimme rief: »Mrs Whittle! Wir hätten gerne Kaffee, wenn Sie dazu imstande sind.«
    Wenn ich Mrs Whittle wäre, dachte Jess, würde ich dir den Kaffee über den Kopf schütten. Doch Jenner hatte, als er nach draußen gegangen war, die Bühne der zweiten anwesenden Person überlassen, jemandem, der bei Jess’ Eintreten hinter Jenners wuchtiger Gestalt verborgen gewesen war.
    »Ich bin Alison«, sagte die Frau. Ihre Stimme war so leise, dass Jess sich anstrengen musste, sie zu verstehen. »Ich bin Jeremys Frau und die Stiefmutter von Fiona. Es tut mir Leid, dass ich am Samstag und gestern nicht imstande war, mit Ihnen zu reden. Ich habe mich furchtbar gefühlt. Heute geht es ein wenig besser.« Sie schenkte Jess ein zögerndes Lächeln.
    Hier also war sie endlich. Alison Jenner, geborene Harris, angeklagt des Mordes und freigesprochen. Jess sah eine sehr englisch aussehende Frau mit heller Haut und hellbraunem Haar, nicht ausgesprochen hübsch, doch von angenehmer Erscheinung und viel jünger aussehend als ihre achtundvierzig Jahre. Sie trug eine wollene Hose und einen schwarzen Seidenpullover. Die Farbe stand für Trauer, vermutete Jess. Sie ließ die Trägerin noch blasser erscheinen, als sie es angesichts der Umstände ohnehin bereits war. Das Feuer im Kamin, vielleicht nicht unbedingt notwendig an diesem Tag, obwohl es regnete, war offensichtlich angezündet worden, weil Alison fror. Das war der Schock. Abgesehen von ihrer Blässe und einer Spur verständlicher Nervosität jedoch wirkte sie für Jess’ Empfinden relativ gefasst.
    Alison sprach erneut. »Es ist

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