Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
Inspector, ich habe all das schon einmal durchgemacht. Ich weiß, welche Fragen Sie mir stellen wollen und warum. Oh, und ich habe Fiona nicht umgebracht.«
»Ich wollte nicht andeuten, dass Sie es getan haben, Mrs Jenner.« Jess fühlte sich unvorbereitet auf die Richtung, die das Gespräch nahm, und es gefiel ihr nicht. Als Polizeibeamtin sollte sie sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen lassen, doch irgendwie waren Alisons direkte Antworten auf ungestellte Fragen und die gelassene Art und Weise, wie sie diese vortrug, zutiefst schockierend für Jess. Möglicherweise rührte diese Gelassenheit von den Beruhigungsmitteln her, die Alison seit Samstagnachmittag nahm. Der Zwischenfall hatte sie zutiefst erschüttert. Sie hatte medizinische Hilfe benötigt.
Alison lächelte wissend. Vielleicht hatte Jess’ Gesichtsausdruck ihre Gedanken verraten. »Aber das ist es, was manche Leute vielleicht denken werden.«
»Sie haben erleichtert reagiert, als ich berichtet habe, dass Fiona erstochen und nicht mit einem Gegenstand erschlagen oder im Teich ertränkt wurde«, sagte Jess unverblümt.
»Ja«, räumte Alison gelassen ein. »Was ihr zugestoßen ist, ist unverzeihlich. Jeremy wird niemals darüber hinwegkommen. Für mich war es nicht allein wegen Fionas Tod schrecklich, sondern auch, weil jemand es so hat aussehen lassen wie damals, als man meine Tante fand. Sosehr ich mich jetzt dafür schäme, ich war erleichtert zu hören, dass Fiona nicht auf die gleiche Weise starb wie Tante Freda.« Alison bedachte Jess mit einem weiteren dieser gefassten Blicke. »Vielleicht haben Sie diese Erfahrung noch nicht gemacht, Inspector, aber ich habe festgestellt, dass man häufig, wenn man vom Tod eines anderen erfährt, von Schuldgefühlen heimgesucht wird, weil man glaubt, man wäre irgendwie imstande gewesen, es zu verhindern. Als ich glaubte, Fiona wäre auf die gleiche Weise gestorben wie Tante Freda, dachte ich auch, es wäre meine Schuld und es müsste mit mir in Zusammenhang stehen. Dass Fiona erstochen wurde, ist etwas Neues, was ich von damals nicht kenne. Als ich das hörte, dachte ich, dass dieser Mord vielleicht doch nicht mit mir in Verbindung steht und mit dem, was damals passiert ist.«
»Ihr Mann denkt, dass es eine Verbindung gibt.«
Alisons Gesicht wurde betrübt. »Ja. Jeremy glaubt, der Schreiber dieser elenden Briefe hätte es getan. Der Schlag an den Kopf, die Leiche im See, all die Umstände – kann das Zufall sein?« Sie blickte Jess fragend an.
»Wir wissen es nicht«, erwiderte Jess vorsichtig. »In diesem Stadium der Ermittlungen wäre es ein Fehler anzunehmen, wir wüssten irgendetwas.«
Alison dachte über die Antwort nach. Schließlich nickte sie. »Ich habe nicht geglaubt, dass Sie etwas anderes sagen. Wissen Sie, was so wunderbar ist an Jeremy? Obwohl er sicher ist, dass der Drohbriefschreiber dahintersteckt, gibt er mir keine Schuld. Ich liebe meinen Mann, Inspector Campbell, er ist etwas ganz Besonderes. Er ist ehrenhaft und fair.«
Sie wandte sich ab, bevor Jess antworten konnte, und ging durch den Korridor voran. Er war wie die Wände des Treppenhauses gesäumt von Ölgemälden, die dunkle Bäume und Lichtungen zeigten oder gelegentlich ein Kind, das Blumen pflückte, oder ein hölzern wirkendes Haustier. Die Sorte von Motiven, die junge viktorianische Frauen im Dutzend gekauft hatten, dachte Jess, und fragte sich, ob sie in Jenners Familie weitervererbt worden waren oder ob er sie auf einer Versteigerung erworben hatte.
Fionas Zimmer lag auf der Rückseite des Hauses. Es war ganz weiß gestrichen, und die Vorhänge und die Tagesdecke waren fliederfarben. Auf der Fensterbank stand eine Vase mit frischen Schnittblumen, und dahinter, unten im Park, konnte Jess einen schmalen Pfad erkennen, der über den Rasen zu einer von einer dekorativen Mauer eingefassten Fläche führte. Jess vermutete, dass sich dahinter der Swimmingpool des Anwesens verbarg. Bei einem Haus dieser Größe wäre es eigenartig, wenn es keinen Pool gegeben hätte.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Bett. Es war gemacht, die Tagesdecke glatt, die Kissen aufgeschüttelt, der kostspielig aussehende Schlafanzug Fionas ordentlich gefaltet. Nicht nur das Bett war mit sorgfältiger Hand hergerichtet worden. Alles war blitzsauber aufgeräumt. Jess seufzte resigniert. Sie hatte Mist gebaut. Stolz kommt vor dem Fall. Sie war so fest entschlossen gewesen, Markby zu zeigen, wie effizient sie arbeitete, dass sie einen ganz dummen
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