Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
Ihnen. Ich weiß, dass auch der Superintendent dort war, aber Frauen bemerken andere Dinge als Männer. Waren die Ressentiments gegen Alison, weil sie die Nachfolge ihrer Mutter angetreten hatte, Ihrer Meinung nach der einzige Grund, der Fiona zum Schreiben der Drohbriefe veranlasst haben könnte?«
»Nun ja, eigentlich nicht. Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht um Geld gehen könnte. Aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass Fiona selbst vermögend und unabhängig war. Geld war offensichtlich kein Motiv. Genau genommen waren meine Verdächtigungen gegen Fiona unfair. Ich hatte keinen Grund, sie zu verdächtigen. Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass sie früher von der Gerichtsverhandlung gewusst hat. Ich war …« Sie wand sich unbehaglich in ihrem Sessel. »Alan würde sagen, ich habe wieder einmal Detektiv gespielt. Aber es war kein Spiel, und ich habe meinen Vorurteilen nachgegeben.«
Eine Pause entstand. Der Kassettenrekorder surrte weiter. Ohne Vorwarnung wechselte Jess das Thema. »Sie kennen Toby Smythe ziemlich gut, wenn ich recht informiert bin?«
Meredith blinzelte. »Ja, ich kenne ihn schon seit vielen Jahren«, räumte sie widerwillig ein. »Wenn Sie glauben, dass Toby bei diesen Briefen die Hand im Spiel hatte, dann bellen Sie am falschen Baum! Er hat absolut keinen Grund, so etwas zu tun. Er mag Alison. Er ist ein netter Kerl!« Sie bemerkte das winzige Zucken um Jess’ Mundwinkel. »Ich weiß, dass er nach London gefahren ist und in Fionas Wohnung herumgeschnüffelt hat. Das hätte er nicht tun sollen. Er hat es nur seinem Onkel Jeremy zu Gefallen getan. Es tut ihm Leid.«
»Tatsächlich?« Jess hob die sauber gezupften Augenbrauen und sah Meredith an. »Er hat mit Ihnen darüber gesprochen?«
»Er hat mich gestern Abend angerufen.« Es war ein langes, gequältes Telefongespräch gewesen, und reichlich unzusammenhängend obendrein. Meredith hatte vermutet, dass Toby bereits einige Drinks zu sich genommen hatte. Sie hatte ihm empfohlen, sich früh schlafen zu legen.
Jess Campbell, so bemerkte Meredith, war eine attraktive Frau, trotz ihres streng professionellen Gehabes, nicht ausgesprochen inquisitorisch, aber scharfsinnig und schwer aus der Fassung zu bringen. Sie war athletisch gebaut und trug das dunkelrote Haar kurz geschnitten, wenngleich nicht so kurz wie Chantal. Sie trug keinen Schmuck. Ihre graue Hose und die Jacke waren schick, wenngleich nicht außergewöhnlich, und kombiniert mit einer sehr hübschen türkisfarbenen Seidenbluse. Ihre Füße steckten in schwarzen Knöchelstiefeln mit mittelhohen Absätzen. Die Fingernägel waren sorgfältig manikürt. Sie hat eine gute Balance gefunden, was ihre Kleidung anbetrifft, dachte Meredith voller Respekt und in dem Wissen, wie schwierig das am Arbeitsplatz war. Keine Frau möchte unattraktiv daherkommen. Aber eine Frau möchte auch nicht aussehen wie ein Dummkopf. Das ist ein wichtiger Fall für sie, dachte Meredith mitfühlend. Ich weiß ganz genau, wie sie sich fühlt. Wenn eine Frau Mist baut in ihrem Job, dann gibt es immer jemanden, der meint, ein Mann hätte es besser gemacht. Selbst heute, nach all den Jahren voller Veränderungen in der Arbeitswelt. Es ist die menschliche Natur, die sich nicht ändert. Sie ist außerdem neu in Bamford, und jeder beobachtet sie, lauscht auf jedes Wort, merkt sich jede Geste, bildet sich eine Meinung über sie.
Ihr wurde bewusst, dass Jess Campbell gemerkt hatte, wie Meredith sie von oben bis unten studierte. Im Gegenzug beobachtete Jess die Gastgeberin und wartete geduldig, dass Meredith ihre Gedanken sortiert bekam und weitersprach.
»Bitte entschuldigen Sie«, sagte Meredith schließlich. »Aber ich habe Ihnen gesagt, dass ich die Menschen ansehe. Die Leute interessieren mich.«
»Kein Problem«, erwiderte Jess gelassen. »Hat Mr Smythe Ihnen erzählt, dass er vorhatte, Fiona Jenner zu fragen, ob sie ihn heiraten wollte?«
»Ja, das hat er.«
»Sie waren nicht überrascht?«
»Warum hätte ich überrascht sein sollen?« Sie war überrascht gewesen, doch das würde sie Jess Campbell gegenüber nicht zugeben. Es war nicht hilfreich für Toby, wenn sie einräumte, dass er sich ungewöhnlich verhalten hatte. Meredith musterte ihre Besucherin. »Er wusste nicht, dass sie eine Freundin hatte, mit der sie zusammen wohnte. Das hat er mir gestern Abend am Telefon erzählt.«
»Sie war eine Cousine. Ehen unter Cousins und Cousinen sind möglich, ich weiß«, sagte Jess. »Aber ich denke, dass
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