Und Sei Getreu Bis in Den Tod: Mitchell& Markbys Letzter Fall
fünfundzwanzig Jahren nicht ein Jota geändert hatte.
Als Allererstes hatte er darauf beharrt, dass seine ursprüngliche Interpretation des Schauplatzes korrekt gewesen sei. Es war, so hatte Barnes-Wakefield damals beschlossen und so glaubte er noch heute, der Schauplatz eines Mordes. Nachdem er zu diesem Schluss gekommen war, hatte er den Mörder finden müssen. Und Alison hatte diesen Platz ausgefüllt.
Um fair zu bleiben, dachte Markby, sie war wohl die naheliegendste Tatverdächtige gewesen. Alison hatte sich von ihrer Tante Freda Geld geborgt, und Alison war von ihrer Tante als Alleinerbin bestimmt worden. Mehr als genug Motiv nach Ansicht von jemandem wie Barnes-Wakefield, der sein ganzes Leben lang für jeden Penny hart gearbeitet und sich niemals auch nur einen Cent geborgt hatte, abgesehen von der Hypothek für sein Haus. Anschließend, so vermutete Markby, hatte der Chief Inspector nur noch nach Fakten gesucht, die seine Theorie untermauerten. Unbequeme Einwände waren rücksichtslos beiseite geschoben worden. Alisons Alibi hatte sich nicht als so dürftig dargestellt, wie es das nach BarnesWakefields Theorie hätte sein sollen. Wenig überraschend, dass das ganze Verfahren in sich zusammenbrach, als es schließlich vor Gericht ging.
Es war typisch für einen Mann wie Barnes-Wakefield, dass er trotzdem weiter an die Schuld von Alison glaubte und den Freispruch als einen zutiefst persönlichen Affront betrachtete. Markby erklärte Jess diese Tatsache so taktvoll wie möglich. Sie saß schweigend da und lauschte, das bleiche Gesicht unter dem dunkelroten Haarschopf angespannt. Sie begriff. Schlimmer noch und viel peinlicher für sie war, dass sie begriff, was Markby nicht gesagt hatte.
»Wir haben hier einen Beamten mit einer makellos weißen Weste, der bei seiner Pensionierung von jedermann respektiert wurde«, sagte Markby, indem er seine letzten Worte zusätzlich betonte. »Einverstanden, er beging gelegentlich den einen oder anderen Fehler, doch das tun wir alle, nicht wahr? Unglücklicherweise fand er keinen Seelenfrieden. BarnesWakefield scheint noch immer außer sich wegen der Tatsache, dass sich die Dinge im Fall der Gerichtsverhandlung gegen Alison Harris nicht so entwickelt haben, wie er es wollte.« Markby verstummte.
Nach einigen Sekunden fragte Jess leise: »Möchten Sie, dass ich ihn auf die Liste der möglichen Drohbriefeschreiber setze, Sir? Falls er sie geschrieben hat, dann hat er damit fünfundzwanzig Jahre gewartet.«
»Was sind schon fünfundzwanzig Jahre, wenn man von einer fixen Idee besessen ist?«, murmelte Markby. »Sie wird mit jedem Jahr stärker anstatt schwächer. Das Gefühl von Ungerechtigkeit wächst. Nach der Verhandlung hat die Presse ihm schlimm zugesetzt. Es hat ihn offensichtlich schwer getroffen, und er hat es nicht vergessen.« Markby erhob sich und trat mit hinter dem Rücken verschränkten Händen zum Fenster. Er starrte hinaus und schwieg.
»Also sollte man annehmen, falls er jemanden umbringt, dann Alison«, sagte Jess unklugerweise.
Es brachte ihr einen raschen bösen Blick ein. Markby wirbelte herum und starrte sie an. »Soll das ein Witz sein, Inspector? Falls ja, dann ist es ein verdammt geschmackloser. Barnes-Wakefield ist kein Mörder. Er hat sein ganzes Berufsleben damit verbracht, Mörder und andere Gewaltverbrecher zu jagen und zu fangen. Er würde sich nicht auf eine Stufe mit ihnen stellen.«
»Aber er könnte diese Briefe geschrieben haben?«, beharrte Jess, trotz der kalten Wut in den blauen Augen, die sich in die ihren bohrten.
Sie sah, dass die Wut verrauchte, und Markby wandte den Blick ab. »Ich habe nur laut gedacht, das ist alles«, sagte er. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu irgendeiner Schlussfolgerung zu verleiten.«
Sie verfolgte das Thema nicht weiter. Markby hasste die Vorstellung, dass ein Polizist vom rechten Weg abgewichen war, sei es nun ein Beamter im Dienst oder ein pensionierter. Sie alle hassten den Gedanken. Doch Markbys eigene Aufrichtigkeit zwang ihn, die Möglichkeit zu erwähnen. Seine Wut war nicht gegen Jess gerichtet. Sie war gegen ihn selbst gerichtet. Er fühlte sich wie ein Verräter, nur weil er einen Verdacht gegen einen ehemaligen Kollegen hegte.
»War das alles, Sir?«, fragte Jess.
»Ja. Das war alles«, lautete die kurz angebundene Antwort.
Der Postbote lenkte seinen Wagen über die holprige Straße am Cottage der Stebbings’ vorbei (wo er nur selten Post auslieferte) und durch das Tor von Overvale House. Die
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