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Und stehe auf von den Toten - Roman

Titel: Und stehe auf von den Toten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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beispielsweise durch Verwendung einer bestimmten Substanz«, dozierte Fermi.

    »Was für einer Substanz?«
    »Schlangengift beispielsweise verdünnt das Blut und hemmt die Gerinnung.«
    »Wie lange wurden die Mädchen zur Ader gelassen?«
    »Tage? Wochen? Das müssen Sie herausfinden. Ich kann Ihnen auf den Tag genau den Todeszeitpunkt nennen. Setzen Sie den zum Tag der Entführung des Opfers in Beziehung, dann erhalten Sie einen Anhaltspunkt, wie lange das Martyrium des Mädchens gedauert haben dürfte.«
    »Wie ist der Täter vorgegangen?«
    »Mit einer Nadel oder einer Lanzette wurden zwei Löcher in die Halsschlagader geschnitten. Die Haut zwischen den Einstichen platzte nur durch die Einwirkung des Wassers und die Entwicklung von Faulgasen auf. Wie etwas, das porös ist, schließlich bricht.«
    »Könnten es auch zwei Zähne gewesen sein? Wie bei einem Biss?« Velloni blickte gespannt von seinem Blatt Papier auf. Fermi lächelte müde. »Ich weiß, Sie hatten vorhin schon einmal die Theorie, dass die Mädchen gebissen worden seien. Nein, wenn das der Fall gewesen wäre, hätten wir auch Gebissabdrücke finden müssen.«
    »Wenn aber die beiden Eckzähne sehr viel länger als die dazwischen stehenden wären, würden sie einen Biss dann vielleicht nicht ausschließen?«, warf Velloni ein.
    Man sah Fermi an, dass sich die Frage seiner Vorstellungskraft entzog, deshalb antwortete Benjamin für ihn. »Die Idee ist zwar sehr bizarr, aber durchaus denkbar. Was hast du im Kopf, eine Art Werwolf?«
    »Lilith?«
    »Ein Inkubus? Bei Mädchen?« Benjamin zog zweifelnd die Stirn kraus.
    »Bereits der Kirchenvater Augustinus erzählt, dass der
Teufel seiner eigenen Zeugung in Babylon als Inkubus beiwohnte. So gesehen...«
    »Signori«, mahnte der Professor ärgerlich. »Können wir uns bitte wieder auf den Boden der exakten Wissenschaften zurückbegeben. Der Abstand zwischen den Löchern beträgt eine halbe Handbreit.«
    Das entsprach in etwa dem Abstand zweier Eckzähne beim Menschen, dachte Prospero, sagte aber laut: »Haben Sie weitere Spuren einer Gewaltanwendung an den Leichen feststellen können: Folter? Misshandlungen? Vergewaltigung?«
    »Nein. Sie wurden weder misshandelt noch vergewaltigt. Die Todesursache ist eindeutig ein zu hoher Blutverlust.«
    »Ich habe alle Mädchen auf Anzeichen einer Vergewaltigung untersucht. Dabei ist mir aufgefallen, dass jede von ihnen virga intacta ist«, mischte sich Benjamin ein.
    »Jungfrauen«, wiederholte Prospero nachdenklich. »Was glauben Sie, Professor Fermi? Weshalb hat man die Leichen versteckt?«
    Der Pathologe zuckte mit den Achseln. »Bedaure. Ich kann Ihnen nur sagen, was geschehen ist, nicht aber, warum es dazu kam. Das ist Ihr Geschäft. Nicht meins.«
    »Es ist ja durchaus nicht unüblich, dass ein Mörder die Leiche seines Opfers versteckt, um sein Verbrechen zu vertuschen. Aber vielleicht möchte der Täter hier noch etwas anderes verbergen. Etwas, das mit ihm selbst zu tun hat und uns auf seine Fährte bringen würde«, warf Benjamin ein.
    »Die Leichen liefern uns sein Motiv. Er hat es auf das Blut der Mädchen abgesehen«, stellte Prospero fest. Er spürte, dass er sich der Lösung des Falls näherte. Alles kam jetzt darauf an, dass er sich konzentrierte und in der Spur blieb,
weder abschweifte noch erlahmte. »Wie viel Blut hat der Mensch?«
    »In etwa fünf bis sechs Liter«, antwortete der Professor.
    »Und bei welchem Blutverlust stirbt er?«
    »Schwer zu sagen....«
    »Drei Liter, denke ich«, warf Benjamin ein und Fermi nickte zustimmend.
    »Denken Sie bitte einen Moment nach, ob es eine Krankheit gibt, bei der der Erkrankte auf frische Blutzufuhr angewiesen ist.«
    Die beiden Ärzte schauten sich nachdenklich an.
    »Da gibt es einige. Das Problem ist nur, wie sollte man das Blut in den Körper des Kranken bekommen?«, erklärte Benjamin.
    »Ich bitte um Entschuldigung. Die Frage ist naiv, doch ich muss sie zur Sicherheit stellen: Könnte man es nicht trinken?«
    »Nein«, antwortete Fermi kategorisch. »Was man trinkt, scheidet man aus. Getrunkenes Blut geht nicht in den Blutkreislauf über. Jemandem, der beispielsweise an einer Blutanämie leidet, würden Sie damit nicht helfen können.«
    »Etwas anderes ist es«, wandte Benjamin ein, »wenn man sich von Blut ernährt wie Mücken oder Egel beispielsweise. Ein Mensch, der versucht, sich ausschließlich von Blut zu ernähren, würde allerdings sterben. Menschen sind keine Blutsäufer.«
    Menschen nicht,

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