Und stehe auf von den Toten - Roman
gesehen. Es konnte geschehen, was wollte, der Graf Gonzaga fand immer die Zeit, sein Äußeres wieder zu richten. Diesmal jedoch offensichtlich nicht.
Valenti erzählte in kurzen Worten von seinem nächtlichen
Abenteuer. Als er beiläufig erwähnte, dass der eine der beiden Gehilfen eine Wunde in der rechten Wange hatte, wurde Prospero hellhörig. »Hatte er etwa auch eine Kopfverletzung?«
»Eine riesige Beule an der Stirn.«
»Die Male hat er mir zu verdanken! Der Kerl hat versucht mich zu ermorden.«
»Teufel eins!«, entfuhr es Valenti. Prospero und Caprara brannten darauf, das Ende von Valentis Geschichte zu hören, deshalb beschworen sie ihn weiterzureden. Am Ende seiner Schilderung reichte er Prospero das goldene Kreuz. Caprara gesellte sich neugierig zu seinen Assistenten. Gemeinsam schauten sie sich das Kreuz an, wendeten es schließlich und fanden ein winziges Monogram: C.
»Cäcilia«, vermutete der Hilfsauditor laut. Die Puzzleteile schoben sich in seinem Kopf zusammen. David von Fünen spähte die Mädchen aus, die Poelschau mit seinen Gesellen entführte. In den Tiefen des Gesandtschaftspalastes hielt man sie gefangen.
»Schnell, wir müssen den Palazzo durchsuchen!«
»Halt!«, hielt sein Vorgesetzter ihn zurück. Er erinnerte Prospero an die Quartierfreiheit, die für die Gesandten existierte. Die Mitarbeiter der Rota durften ohne Genehmigung des Papstes und ohne das Einverständnis des Botschafters den Palast nicht betreten. Prospero bemerkte, dass Valenti unruhig wurde, als das Gespräch auf Stamitz und dessen Frau kam. Er erklärte nur kurz angebunden, nicht zu wissen, ob der Graf und die Gräfin in die Umtriebe verstrickt seien. »Hast du noch etwas anderes herausgefunden, Valenti?«, fragte Prospero und erhielt ein knappes Kopfschütteln zur Antwort. Caprara entschied, dass Prospero die toten Mädchen christlich beerdigen und
anschließend in den Quirinalpalast kommen sollte, wo sie den Papst überzeugen müssten, die Durchsuchung des Gebäudes zu genehmigen. Caprara wollte in der Zwischenzeit versuchen, den Papst auf ihre Seite zu ziehen. Die Aussichten dafür standen nach allem, was sie bisher erlebt hatten, nicht gut. Aber es war ihre einzige Chance.
44.
S ie trieben sich gegenseitig zur Eile an. In Valentis Wohnung wuschen sie sich und wechselten die Sachen. Der Graf lieh dem Freund die übliche Kleidung eines Kurialen. Er selbst bevorzugte den Aufzug eines Cavaliere, zumal dieser ihm erlaubte, Waffen zu tragen: ein Rapier, zwei Dolche. Nebenbei verschlangen sie das Frühstück, das Valentis Diener rasch zubereitet hatte. Und schon fuhr sie der Lakai, der dem Grafen bei Bedarf zugleich als Kutscher diente, zum Ghetto. Prospero genoss es, einmal nicht zu laufen und dabei nass zu werden. Das war das erste Mal seit Tagen, dass er trocken von Ort zu Ort kam. Sie wollten die Zeit nutzen, David von Fünen zu verhören, dessen Rolle in der ganzen Angelegenheit immer zwielichtiger wurde.
Das Haus des Rabbiners glich einem Bienenstock und barst förmlich vor Menschen. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, Männer, Frauen, Kinder, manche schienen im Flur und im Wohnzimmer zu biwakieren. Corcos zuckte mit den Achseln: »Das Hochwasser. Wir versuchen zu helfen.«
Bevor Prospero etwas erwidern konnte, kam Valenti gleich zur Sache. »Wir suchen David von Fünen!«
»Kein Duell!«
»Nein, wir müssen aus anderen Gründen mit ihm sprechen«, beschwichtigte Prospero.
Der Rabbiner hatte seinen zukünftigen Schwiegersohn allerdings seit dem Vortag nicht mehr gesehen. Prospero wandte sich suchend um und schaute prompt in zwei funkensprühende Augen. »Ich habe dir gesagt, du sollst meinen Bräutigam zufrieden lassen!«
»Es handelt sich um keine Privatangelegenheit, Deborah!«
»Ach ja? Weißt du, wie es für mich aussieht? Als ob du nichts unversucht lässt, um meine Ehe zu verhindern!«
»Kennst du mich so schlecht?« Prospero sah sie traurig an.
»Kenne ich dich überhaupt?«, fragte sie leise zurück. Und obwohl sie fast geflüstert hatte, klang die Frage wie ein Brüllen in seinen Ohren. Er war wütend und hilflos zugleich. Wie konnte sie ihn nur so missverstehen?
»Es geht nicht um uns«, erwiderte er möglichst gefasst.
»Eben. Und jetzt verlasst unser Haus!«
»Nicht ehe ich Signor von Fünen gesprochen habe«, beharrte er.
»Dann warte, bis du schwarz wirst«, fauchte Deborah. »Er ist gestern ausgezogen, weil er sich von dir verfolgt fühlte.«
Prospero glaubte nicht recht zu
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