Und taeglich grueßt die Evolution
schnell verdunstet. Das kostet den Organismus viel Energie und kühlt daher den Körper. In nur einer Stunde kann ein Quadratmeter Haut bis zu einen halben Liter Wasser verdunsten. Haare aber stören die Wirksamkeit dieses natürlichen Kühlmechanismus erheblich, denn glatte Haut verdunstet Wasser schneller und kühlt damit effektiver.
Viele Evolutionsbiologen meinen daher, dass Frühmenschen, deren Pelz schon ausgedünnt war, den drohenden Hitzschlag erheblich besser vermeiden konnten. Um allerdings nicht gleichzeitig einen Sonnenstich zu riskieren, musste der Schatten spendende Pelz an jener Stelle, die am meisten der Sonne ausgesetzt war, dicht bleiben, und das war beim Zweibeiner der Kopf.
Verteiler sexueller Botenstoffe
Auch an manchen Partien des Körpers konzentrieren sich die Haare aus gutem Grund. Unter der Achsel zum Beispiel entlassen winzige Drüsen diverse Sexual-Lockstoffe. Um diese Botschaft beim Empfänger möglichst sicher ankommen zu lassen, verteilen kräftige Terminalhaare die Chemikalien gut in der Luft und verstärken so ihre Wirkung. Die Rasur der Achselhaare ist zwar ein probates Mittel gegen die weniger angenehmen Gerüche, die sich dort durch den gleichen Mechanismus bilden können, sie verringert aber – evolutionsbiologisch gesehen - auch die sexuelle Attraktivität.
Dass sich auch die Achselhaare erst im Laufe der Pubertät aus Flaumhaaren entwickeln, gibt einen Hinweis auf die wichtige Rolle, die Haare generell in der Sexualität spielen. So verteilen etwa die Haare im Schambereich den geschlechtseigenen Körpergeruch, den die Duftdrüsen um die Geschlechtsorgane absondern. Selbst die Brusthaare bei Männern galten und gelten zum Teil noch heute als besonders attraktiv, mitunter werden sie sogar durch weit geöffnete Hemden zur Schau gestellt. Allerdings gibt es über ihre sexuelle Anziehungskraft durchaus auch geteilte Meinungen.
Von Marx bis Kuranyi: Haartracht spiegelt den Zeitgeist
Ob Körperhaare öffentlich gezeigt oder keusch verdeckt, ob sie in eine bestimmte Fasson gebracht oder rasiert werden, darüber entscheiden in vielen Gesellschaften die kulturellen Überlieferungen und Bräuche, in den reichen Industrienationen der Wechsel der Moden. Ein Blick auf die Barttracht von Abraham Lincoln und Karl Marx, von Kaiser Wilhelm und Kevin Kuranyi, von Salvador Dalí und Charlie Chaplin zeigt, wie sehr sich die Barttracht im Laufe der Zeit verändert hat. Mindestens ebenso deutlich drückt sich der Zeitgeist in den jeweiligen Haarmoden aus.
Rund 90 000 Haupthaare haben Rothaarige; bei Brünetten und Schwarzhaarigen sind es etwa 110 000, bei Blonden 150 000. Sie alle sind genauso aufgebaut wie die Haare unter der Achsel oder im Schambereich. In der Lederhaut stecken die Haarwurzeln, in denen ständig neue Hornzellen gebildet werden. Diese Zellen werden von den nachwachsenden nach oben geschoben, von speziellen Drüsen mit Talg versehen und manchmal auch beduftet. Außerhalb der Haut sterben die Hornzellen ab. Wenn sich ein Haar also spaltet, kann es nicht wieder zusammenwachsen. Rund einen Drittel Millimeter wächst ein Haar pro Tag, etwa einen Zentimeter im Monat. Die meisten Haarwurzeln sind nur drei bis sechs Jahre aktiv, bevor sie eine Art Ruhepause einlegen, in der das Haar ausfällt. 60 bis 100 Haare verliert ein gesunder Mensch durch solche Ruhepausen pro Tag. Wachsen Haare sechs Jahrelang monatlich einen Zentimeter, können sie kaum länger als bis zu den Hüften reichen. Nur bei wenigen Menschen sind die Haarwurzeln bis zu zehn Jahre aktiv. Nur unter dieser Voraussetzung können die Haare auch bis auf Knielänge wachsen.
Haarsträubendes Imponiergehabe
Bevor das Haar die Haut verlässt, setzt bei den Körperhaaren ein kleiner Muskel an. Wenn dieser Muskel aktiviert wird, etwa durch Wut, richten sich die Haare auf. Dadurch wirkt die Gestalt auf einmal größer, breiter und vor allem stärker. Mit diesem beeindruckenden Bluff schrecken Tiere ihre potenziellen Feinde ab. Da das menschliche Fell allerdings nicht sehr dicht ist, wirkt dieses Sträuben nicht ganz so imponierend wie im Tierreich.
Der Muskel hat noch eine zweite Funktion, die ihre ursprüngliche Funktion im Verlauf der menschlichen Evolution ebenfalls weitgehend verloren hat: Er richtet nämlich bei einem Kältegefühl die Haare auf. Dadurch bleibt mehr Platz für Luft zwischen den Haaren, die hervorragend gegen eisigen Wind isoliert – allerdings nur, wenn das Fell dicht ist. Beim Menschen ist diese
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