Und taeglich grueßt die Evolution
berühmtesten Lehrer der Antike war Sokrates (um 470–399 v.Chr.), von dem es heißt, er habe die Philosophie vom Himmel auf die Erde geholt. Sokrates bediente sich einer besonderen Technik des Fragens, um seinen Schülern klarzumachen, dass ihr scheinbares Wissen überwiegend aus unreflektierten Meinungen besteht. Im Unterschied zu den Sophisten forderte er die Übereinstimmung von Reden, Denken und Handeln nach Maßgaben der Vernunft.
Ein ganz anderes Erziehungsideal formulierte knapp 30 Jahre nach dem Tod des Sokrates sein Schüler Platon (um 427–347 v.Chr.) in dem Buch »Politeia«. In diesem utopischen Staatsentwurf wird die Gesellschaft nach Aufhebung des Privateigentums von weisen Philosophenkönigen regiert, die sich einzig an der Idee des Guten orientieren. Die Gemeinschaft setzt sich aus den Ständen der Regierenden, der Krieger sowie der Bauern und Handwerker zusammen, denen die Einzelnen nach ihren natürlichen Anlagen zugewiesen werden. Um sie auf ihre künftigen Aufgaben vorzubereiten, werden sie schon im Säuglingsalter von den Eltern getrennt und staatlichen Erziehern übergeben. Leitbild aller Erziehung ist hier nicht die Glückseligkeit, Selbsterkenntnis oder Mündigkeit, sondern die Staatsräson. Nicht zufällig sollen, wie im kriegerischen Sparta, »untaugliche« Säuglinge umgebracht werden.
Das christliche Ideal: Rettung der schwarzen Seelen
Das christliche Erziehungsideal verfolgt die Zügelung der natur- und triebhaften Seite des Menschen. Seitdem Eva, verführt durch die Schlange, das göttliche Verbot vom Baum der Erkenntnis zu essen übertreten und das Paradies verspielt hat, ist die menschliche Natur mit dem Makel der »Erbsünde« behaftet. Eine strenge Erziehung zum christlichen Glauben sollte die Menschen aus dem Zustand der Entfremdung von Gott erretten. Infolge der christlichen Ablehnung von Sexualität und Wertschätzung der »Reinheit« entstanden ab dem 4. Jahrhundert die ersten Klöster. Das Kloster wurde zur Stätte, an der junge Geistliche für ihre zukünftigen Aufgaben ausgebildet und unterrichtet wurden. Mönche und Priester lernten in lateinischer Sprache zu singen und zu beten, Gehorsam, Demut und Enthaltsamkeit. Der Unterricht erfolgte vorwiegend mündlich, das Gehörte wurde auswendig gelernt.
Im Mittelalter waren Erziehung und Bildung weitgehend auf Kloster- und Domschulen beschränkt. Nur vereinzelt wurden Schulen für Bürger und Adelige errichtet, von denen Mädchen und Frauen jedoch ausgeschlossen blieben. Eine ausgezeichnete schulische Erziehung bot die Möglichkeit, seine soziale Herkunft hinter sich zu lassen. Die Schulen und Klosterschulen des Mittelalters unterschieden nicht nach Jahrgängen und waren nicht, wie heute üblich, dem Kindesalter vorbehalten. Die mittelalterliche Gesellschaft kannte noch nicht die Kindheit als Lebensphase mit eigenem Recht. Sobald das Kind ohne die Fürsorge der Amme oder der Mutter auskam, wurde es zu einem Teil der Erwachsenenwelt.
Von der Renaissance bis zur Aufklärung
Die Entstehung der Renaissance und des Humanismus leiteten im 14. Jahrhundert das Ende der mittelalterlichen Epoche ein. Die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern um 1450 eröffnete neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung und ihre Ausdehnung auf breitere Bevölkerungsschichten. Martin Luther übersetzte die Bibel, die damit den lateinisch Ungebildeten zugänglich wurde. Die Entdeckung des Kindes als eigenständiger Persönlichkeit ließ jedoch noch immer auf sich warten. Erst im 17. Jahrhundert veränderte sich der Blick auf das Kind. Die neue Auffassung von seiner Schwäche und Unschuld setzte der kurzen Kindheit zumindest in den höheren Schichten ein Ende und weckt den Wunsch, erzieherisch auf den Nachwuchs einzuwirken.
Mit dem Geist der Aufklärung erwachte im 18. Jahrhundert der Glaube an Fortschritt, Vernunft und die Lernfähigkeit des Menschen. Die Erziehung sollte die Kinder von nun an nicht nur zu klugen, freien und mitleidsfähigen Menschen, sondern auch zu mündigen Bürgern formen. Eine wichtige Funktion für die moralische und gesellschaftliche Erziehung übernahm die Schule. König Friedrich der Große und Kaiserin Maria Theresia führten 1767 und 1774 die allgemeine Schulpflicht in Preußen und in Österreich ein. Die Schule wurde nun zu einem Ort der Kindheit und Jugend, die Schüler wurden nach Altersklassen und sozialen Schichten in Gymnasien und Volksschulen getrennt. Ein entscheidender Impuls für die entstehende
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