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Und taeglich grueßt die Evolution

Und taeglich grueßt die Evolution

Titel: Und taeglich grueßt die Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissenmedia
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Pädagogik ging von dem Philosophen Jean-Jacques Rousseau aus, einem der Mitarbeiter an der ersten großen Enzyklopädie von 1750. Vor allem in seinen frühen Werken, etwa der »Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen« von 1755, formulierte er den Gedanken von der natürlichen Unschuld des Menschen, die erst durch die Zivilisation verdorben werde. Sein Erziehungsideal forderte, das Kind nicht zu früh in die gesellschaftlichen Normen zu pressen, sondern es vielmehr seinen eigenen Neigungen zu überlassen.
    Zwischen Befreiung und autoritärer Unterdrückung
    In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts brachte die zweite industrielle Revolution zahlreiche Modernisierungen. Neue wirtschaftliche Organisationsformen, politische Reformen, junge Wissenschaften wie die Psychologie sowie die Erkenntnisse über die Erforschung der Sexualität initiierten einen tiefgreifenden Wandel des Generationenverhältnisses. Erst jetzt setzte sich die Vorstellung durch, Kindheit und Jugend seien eigenständige Lebensabschnitte. Im Jahr 1900 rief die Schwedin Ellen Key in ihrem gleichnamigen Buch »Das Jahrhundert des Kindes« aus. Unter Berufung auf Rousseau forderte sie darin Einfühlung in das Kind und Respekt vor seiner Persönlichkeit.
    Nach der Weltwirtschaftskrise schlug das Versprechen der Moderne von demokratisierten Lebensverhältnissen und persönlicher Autonomie in den 1930er Jahren in die autoritäre Erziehung des Nationalsozialismus um. In den Jugendorganisationen – Hitlerjugend und Bund deutscher Mädchen – wurden die Kinder in »Rassenkunde« unterrichtet und auf die Führung der »deutschen Herrenrasse« vorbereitet. Eines der meistgelesenen Erziehungsbücher und zugleich eines der furchtbarsten Zeugnisse der seelischen Verhärtung dieser Zeit trägt den Titel »Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind«. Die Autorin riet darin zu unerbittlicher Härte und Strenge, jede zärtliche Berührung wurde den Müttern untersagt. Um das Kind abzuhärten, sollte sein Wille in der Tradition der Schwarzen Pädagogik gebrochen werden.
    Neue Initiationsriten im Zeichen des Konsums
    Die Ergebnisse der PISA-Studie alarmierten 2001 die deutsche Öffentlichkeit. Berichte von gewalttätigen Jugendlichen und schulischen Missständen folgten. Die mangelhafte Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, aber auch der wachsende wirtschaftliche Druck in deutschen Familien verstärkt die allgemeine Aggression. Der Verlust an stabilen familiären Rollenvorbildern wird zunehmend durch neue Initiationsriten ersetzt, die nun allerdings nicht mehr im Namen einer Tradition oder Religion, sondern in erster Linie im Zeichen des Konsums erfolgen. Das Tragen der »richtigen« Marke und der Besitz der neuesten Kommunikations- und Unterhaltungstechniken vermitteln den Jugendlichen gesellschaftliche Zugehörigkeit. Spielte über Jahrhunderte der Verzicht eine entscheidende Rolle in der Erziehung, so hat sich die Situation in den modernen Überflussgesellschaften komplett gewandelt. Nicht selten kommt es vor, dass bereits Säuglinge im Alter von wenigen Monaten mit Spielzeug und Unterhaltungselektronik beschenkt werden.
    Erfahrungswissen verliert an Wert
    Der Wandel von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft ersetzt viele traditionelle Erwerbstätigkeiten durch wissensbasierte Dienstleistungen. Während die Weitergabe von Kulturtechniken stets an das Generationenverhältnis gebunden war, sprengt die jüngste Entwicklung diese Tradition teilweise auf. Innerhalb weniger Jahre ist die Beherrschung der neuesten Techniken und Informationszugänge zu einer notwendigen Voraussetzung im Berufsleben geworden. Die Erfahrung – früher eine der wichtigsten Qualifikationen im Bereich der Produktion – hat erheblich an Wert eingebüßt. Arbeitskräfte von heute müssen vor allem dynamisch, flexibel und anpassungsfähig sein. Das bedeutet, dass die Alten erstmals in die Situation geraten, sich an den Jungen und Unerfahrenen ein Beispiel nehmen zu müssen. Damit ist die traditionelle Rolle des Vaters – Vertreter des Realitätsprinzips – von der gesellschaftlichen Realität überholt. Auch die Institution des Lehrers als Wissensvermittler und Erzieher scheint durch neue Techniken wie E-Learning tendenziell überflüssig zu werden.

    68ER ERZIEHEN ANTIAUTORITÄR
    Die 1968er-Generation protestierte lautstark gegen die autoritäre Erziehung der Elterngeneration, um ihrerseits einen neuen

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