Und trotzdem ist es Liebe
sollst mir nur sagen, dass du für den Gedanken daran offen bist.»
Ich sehe das Schlupfloch und fühle mich versucht, Zeit zu schinden. Ich könnte es mir jahrelang «überlegen» und dann einfach behaupten , ich nähme die Pille nicht mehr. Das könnte ich treiben, bis wir vierzig wären, und hoffen, dass irgendwann die Unfruchtbarkeit einsetzt. Das Problem auf natürliche Weise lösen. Aber ich will nicht lügen. Ohne Ehrlichkeit haben wir keine Beziehung. Also sage ich ihm die Wahrheit: dass ich es mir nicht anders überlegen werde.
Ben scheint diese Aussage komplett zu ignorieren und will einen weiteren Grund hören.
Ich tue ihm den Gefallen. «Okay. Ich wohne gern in der Stadt.»
Er setzt sich auf. «Wir können auch in der Stadt ein Kind haben.»
Ich bewundere die Silhouette seiner Schultern. «Das ist nicht so einfach. Wir brauchen eine größere Wohnung, und die können wir uns eigentlich nicht leisten.»
«Na, hast du nie das Gefühl, dass du darüber hinaus bist, in Manhattan zu wohnen? Wir sind schließlich beide in Vororten aufgewachsen. Wäre es nicht schön, zu unseren Wurzeln zurückzukehren? Wieder einen Garten zu haben? Bäume und Eichhörnchen? Ruhe und Frieden?»
«Okay, jetzt redest du wirklich irre», sage ich. «Wir lieben das Leben in der Stadt.»
«Ich weiß, aber –»
«Ich will hier nicht wegziehen.» Bei der bloßen Vorstellung kriege ich Panik. Ich habe Visionen von Volvos und Elternabenden und Camcordern bei Fußballspielen und Familienessen im Olive Garden. Jetzt richte ich mich auch auf. «Ich werde nicht in einen Vorort ziehen.»
«Okay.» Ben nickt. «Wir können auch in Manhattan ein Kind bekommen. Das tun viele. Wir müssten nur eine größere Wohnung suchen und zusehen, dass wir es finanziell hinbekommen. Das ist kein triftiger Grund. Sag mir noch einen.»
Ich atme laut aus. «Okay. Meine Karriere.»
Die schweren Geschütze habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Ich habe viel zu hart gearbeitet, als dass ich wegen eines Kindes alles aufs Spiel setzen möchte. Ich habe es oft erlebt, selbst bei Lektorinnen, die entschlossen waren, auf der Überholspur zu bleiben. Sie müssen früh Feierabend machen, sie können ihre Wochenenden nicht opfern, und sie scheinen unweigerlich ihren Biss zu verlieren, ihren Drive. Das läuft einfach so. Ich weiß nicht, warum es so ist – vielleicht setzen sie andere Prioritäten, vielleicht haben sie einfach nicht die Energie, um es besser zu machen. Aber das will ich überhaupt nicht erst herausfinden … Und schon gar nicht will ich mich unter die sichtlich unglücklichen berufstätigen Mütter einreihen, die sich abrackern, um alles zugleich zu haben, und am Ende frustriert, erschöpft und schuldgeplagt sind.
«Was ist mit deiner Karriere?», fragt er in aller Unschuld.
«Ein Kind würde sie beeinträchtigen.»
«Ich sage doch, ich kann eine Zeitlang zu Hause bleiben. Oder wir nehmen ein Kindermädchen. Du brauchst deinen Job nicht aufzugeben. Du brauchst nicht mal auf Teilzeit zu wechseln. Es gibt Unmengen von berufstätigen Müttern. Du kannst beides haben.»
«Aber ich will nicht beides haben. Verstehst du? Das ist es, was du anscheinend nicht kapierst. Beides zu haben bedeutet, weder das eine noch das andere besonders gut zu machen.»
«Aber du wärst eine sagenhafte Mutter, Claude.»
«Ich will aber keine Mutter sein», antworte ich mit so viel Überzeugung, wie ich aufbringen kann. «Tut mir leid, wenn mich das zur selbstsüchtigen Kuh macht. Aber meiner Ansicht nach ist es sehr viel schlimmer – sehr viel selbstsüchtiger –, ein Kind zu bekommen, wenn man sich nicht voll und ganz darauf einlassen will. Und ich bin bei deinem Plan einfach nicht dabei, Ben.»
«Noch nicht?» Er lässt sich wieder zurücksinken.
«Noch nicht», sage ich. «Und auch weiterhin nicht.»
Ben wirft mir einen eisigen Blick zu. Dann dreht er sich weg und sagt: «Okay, Claudia. Ich glaube, jetzt ist alles klar.»
Am nächsten Morgen bereiten wir uns schweigend darauf vor, zur Arbeit zu gehen. Ben geht als Erster und ohne mir einen Abschiedskuss zu geben. Den ganzen Tag über beantwortet er keine meiner E-Mails. Ich bin so beunruhigt, dass ich einen wichtigen Lunch mit einem prominenten Agenten absage, und dann mache ich einen meiner liebsten und gewissenhaftesten Autoren am Telefon zur Schnecke, weil er ein Manuskript zu spät abliefert.
«Ihnen ist klar, dass wir keine Leseexemplare mehr an die Feuilletons liefern können, wenn es
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