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Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld

Titel: Und vergib uns unsere Schuld - Und vergib uns unsere Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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Farbe roch, war es wie ein Rausch, der ihn mitriss. Er sah nur noch das feurige Pferd, in gestrecktem, rasendem Galopp mit weit aufgerissenen Augen und Gischt an den Hufen, wo es durch die Wellen jagte. Er fühlte sich leicht und schnell und eins mit dem Tier.
    Der Techno-Sound hämmerte in seinem Kopf. Er bückte sich und griff nach den Dosen mit den feineren Sprühköpfen, Chinablau für die Augen und für die Wellen und Orange für die Flammen, aus denen die Mähne bestehen sollte. Er trat ein Stück zurück, betrachtete seine Arbeit aus etwas größerer Entfernung, dann sprang er wieder auf die Mauer zu, um den Schweif in Angriff zu nehmen.
    Der Schlag traf ihn so plötzlich, dass sein Herz aussetzte. Ein eiskalter Blitz fuhr ihm vom Rückgrat bis ins Gehirn. Eine Sekunde lang war er wie gelähmt. Die Spraydosen entglitten seinen Fingern. Er taumelte vorwärts und prallte mit der Stirn gegen die Betonwand. Die Musik aus dem Walkman dröhnte weiter in seinem Kopf, während er verzweifelt um Atem rang.
    Seine Knie gaben nach, und er hatte Blut und Tränen in den Augen. Er schrie, und dann musste er husten und schnappte nach Luft. Seine Brust krampfte sich zusammen. Die Dunkelheit um ihn begann zu flimmern, sie wurde körnig und unscharf.
    Aber da war der Stoff, den er sich gespritzt hatte. Der Stoff beschützte ihn. Er war stärker als der Schmerz. Und da war das ganze Adrenalin, und das machte Deniz beweglich und schnell, und er duckte sich und drehte sich um, und da sah er etwas, das er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, etwas Grauweißes, das aus der Dunkelheit kam. Nur kurz geriet es in den Lichtstrahl der Grubenlampe, es bewegte sich schnell und irgendwie ruckartig, wie eine Figur aus einem Computerspiel. Es trug eine weiße Maske mit zwei weit aufgerissenen Augen, mit einem roten Loch, wo der Mund war, und mit etwas unter der Nase, das aussah wie ein Stück von einem geschälten Ast. Aber ehe Deniz die blitzschnell durch sein Gehirn schießenden Eindrücke ordnen konnte, schlug der Angreifer zum zweiten Mal zu, mit einer schweren, kurzen Keule, und diesmal traf der Schlag Deniz an der Stirn, und die Musik hörte abrupt auf, undjetzt hatte er wieder Angst, denn das, was da auf ihn zusprang und ihn schlug, bis er in die Knie ging, und dann weiterschlug, bis er am Boden lag, das war nichts anderes als der große weiße Ball, der ihn überrollte und für immer unter sich begrub.
    Er spürte, dass er Kevin so nah war wie nie zuvor. Es war eine von den guten Nächten.

 21 
    Bruno van Leeuwen rannte. Er war fünfunddreißig Jahre alt, und sein Atem ging leicht. Er spürte das Gewicht auf seinen Schultern kaum. Er hörte, wie Simone juchzte und ihn lauthals anfeuerte, aber er lief nicht so schnell, wie er konnte, denn inzwischen ging es abwärts auf die Casato-Kurve zu. Er lag jetzt gleichauf mit dem Deutschen, und vor dem Palazzo Pubblico wollte der Deutsche ihn abdrängen, nur dass Van Leeuwen einen Haken schlug, um ihm aus zuweichen, und danach lief er noch einmal schneller und setzte sich an die Spitze.
    Er war glücklich, denn er hatte Simone noch nie so ausgelassen erlebt. Er presste ihre Beine mit beiden Armen gegen seine Brust, während sie sich mit den Händen an seiner Stirn festhielt. Ihre Schenkel waren fest und warm an seinen Ohren. Sie lachte und beugte sich vor, um seinen Scheitel zu küssen, und jetzt konnte ihn keiner mehr schlagen, denn sie gingen in die letzte Runde.
    Die Fenster der Häuser rings um die Piazza del Campo waren dunkel, aber der Mondschein lag silbern und blau auf den Steinen, und nur wenn Van Leeuwen durch den Schatten des Torre del Mangia lief, konnte er einen Augenblick lang nichts erkennen, kurz bevor die Steigung zur San-Martino-Kurve kam. Die Steigung machte ihm nichts aus, denn er war fünfunddreißig und fühlte sich wie sechzehn, und er musste nur noch einmal rund um den Platz laufen, die Hälfte davon abwärts, dann hatte er gewonnen. Der Schweiß durchtränkte sein Hemd, er spürte ihn warm über Brust und Rücken rinnen. Es war ein gutes Gefühl, so zu schwitzen unddie Kraft in seinen Beinen zu spüren und wie sein Atem sich nicht veränderte, während er den anderen davonrannte.
    Hinter sich hörte er das deutsche Ehepaar, die Frau hielt noch die halb volle Weinflasche in der Hand, sie lachte schrill, und der Mann keuchte unter ihrer Last auf seinen Schultern, als ginge ihm bald die Puste aus, und noch weiter zurück lag das italienische Pärchen, hoffnungslos

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