Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land

Titel: ...und was machen wir am Nachmittag? Satirisches über ein kleines Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
nur im hebräischen Original geschildert wird. Deshalb legen die Frommen unter uns Wert darauf, daß ihre Kinder die Heilige Schrift auswendig lernen, Vers für Vers, Satz für Satz, Buchstabe für Buchstabe. Außerdem wird in Jerusalem an jedem Unabhängigkeitstag ein Bibel-Quiz abgehalten, um festzustellen, wer das Buch Jeremia am wörtlichsten auswendig kann. Der Prophet selbst würde nie ins Finale kommen.

Volk des Telefonbuches
    Der Briefverkehr hat in der Geschichte des Volkes Israel immer schon eine wichtige Rolle gespielt. Denn das Volk Israel lebte die längste Zeit in der Diaspora, und für die zerstreuten Stämme war es lebenswichtig, miteinander Kontakt zu halten. Kein Wunder, daß eine Welle der Begeisterung durch die israelische Öffentlichkeit ging, als das Postministerium in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultur und Unterricht ein Nationales Telefon-Quiz ankündigte.
    Im ganzen Land wurden Ausscheidungskämpfe abgehalten, aus denen schließlich vier Finalisten hervorgingen. Sie versammelten sich für den Endkampf in der Großen Volkshalle zu Jerusalem. Der Rundfunk hatte seine besten Sprecher aufgeboten, um über den Verlauf des Abends zu berichten, und die Bevölkerung, soweit sie nicht an Ort und Stelle dabei sein konnte, versammelte sich in ihren Häusern vor den Apparaten, die Telefonbücher griffbereit zur Hand.
    Auf der Bühne saßen die vier Kandidaten und genossen die Bewunderung des Publikums. Man wußte, welches ungeheure Maß an Wissen, Intelligenz und Orientierungsvermögen diese vier so weit gebracht hatte. Jeder kannte ihre Namen. Da war Towah, Telefonistin in der Fernamtzentrale und Liebling des Publikums, Ing. Glanz, der Computer-Fachmann, Prof. Dr. Birnbaum von der Forschungsstelle für Elektronengehirne und der Dichter Tola’at-Shani, Nachkomme einer langen Reihe von Jongleuren.
    Auch ich wollte einen Blick auf die Helden der Nation werfen. Es herrschte ebenso festliche wie gespannte
    Stimmung. Der Minister für Post- und Verkehrswesen eröffnete den Abend mit einer kurzen, aber niveauvollen Ansprache.
    »Zum ersten Mal seit zweitausend Jahren halten freie Juden ein Telefon-Quiz in ihrer eigenen Volkshalle ab«, begann er und erläuterte sodann den historischen Hintergrund.
    Im vergangenen Jahr hatte das Quiz in Anwesenheit zahlreicher Auslandskorrespondenten stattgefunden, weshalb die Jury auch weniger wichtige Fragen zugelassen hatte, wer das Telefon erfunden hatte, wie die Übermittlung funktioniert, wo das erste transatlantische Kabel gelegt wurde und dergleichen Unerheblichkeiten mehr. Dagegen war die heutige Konkurrenz streng regionalen Problemen gewidmet und konzentrierte sich auf wirklich Wesentliches, nämlich auf heimische Telefonnummern.
    Da klang die erste Frage durch die atemlose Stille.
    »Wie lautet die erste Nummer auf Seite 478, Haifa?«
    Ing. Glanz, ein überlegenes Lächeln auf den Lippen, antwortete wie aus der Pistole geschossen.
    »Weinstock, Mosche, Tel-Chai-Straße 12, Nummer 405-72.«
    Lautes Geraschel der Telefonbücher im Zuschauerraum, stürmischer Beifall, als sich die Antwort als richtig herausstellte. Im übrigen dienten die ersten Fragen lediglich dem Aufwärmen der Konkurrenten und wurden von den vier lebenden Nummernverzeichnissen leicht beantwortet. Nur als Towah auf die Frage des Rektors, wie viele Goldenblums im Telefonbuch von Tel Aviv stünden, »sechs« antwortete, bahnte sich eine Sensation an.
    »Es tut mir leid«, sagte der Rektor, »ich sehe nur fünf.« »Der sechste«, belehrte ihn Towah, »steht im Anhang. Goldenblum, Ephraim, Levi-Jitzchak-Straße 22, Nummer 27-9-16.«
    Der Rektor griff nach dem Anhang und sagte anerkennend: »Stimmt!«
    Noch nie war so viel profundes Wissen auf so engem Raum versammelt gewesen. Da zählte kaum, daß Prof. Dr. Birnbaum die nächste Frage nicht beantworten konnte und daß der Dichter Tola’at-Shani erst im allerletzten Augenblick die richtige Antwort fand.
    Dann demonstrierte Towah ihre enorme Sachkenntnis in Fragen der Telefon-Prosa.
    »Merkspruch auf Seite 52, Jerusalem?«
    »Richtig wählen erleichtert die Verbindung«, antwortete Towah lässig.
    Ing. Glanz hingegen war zur allgemeinen Überraschung außerstande, den Inserenten auf Seite 356, Tel Aviv, zu nennen. Jeder bessere Telefonbuch-Amateur hätte gewußt, daß es sich um die Papierhandlung »Josef Pfeffermann« handelte.
    Mit der Zeit wirkten alle vier Kandidaten ein wenig erschöpft. Prof. Dr. Birnbaums Zeit lief ab, ehe ihm

Weitere Kostenlose Bücher