Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
Vom Netzwerk:
zwischen den Schneeverwehungen Ausschau nach irgendeiner Spur von Tessas Schlitten. In der Nacht war eine Menge Schnee heruntergekommen. Es war lockerer Pulverschnee, der auseinanderstob, als ich hindurchlief, der jedoch alles, was eventuell auf dem Boden lag, unter sich begraben hatte.
    Als wir den schmalen Streifen Bäume am Highway erreichten, blieb ich zögernd stehen. Ich erkannte die tiefen Spuren des Lieferwagens, die sich in die schneebedeckte Straße gegraben hatten. Wir konnten noch den ganzen Tag damit zubringen, das Gelände abzusuchen oder stattdessen die Zeit nutzen, um die Distanz zwischen uns und den Leuten mit dem Gewehr zu vergrößern.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, wo wir sind«, sagte ich, während ich den Straßenatlas studierte. »Aber wenn wir uns entlang des Highways halten, kann ich es sagen, sobald wir zur nächsten Stadt kommen.«
    »Dann lasst uns weitergehen«, sagte Gav.
    Wir marschierten schweigend nebeneinanderher, während die Sonne über den Bergspitzen zu unserer Rechten aufging und den Himmel langsam erhellte. Die Schlitten glitten leise über den lockeren Schnee. Ab und zu erhob einer von uns die Hand, und wir blieben alle stehen, um zu horchen. Doch es war weit und breit kein Motor zu hören. Aus den Zweigen eines Wacholderbaums zwitscherte uns eine Schar Meisen zu. Von Zeit zu Zeit frischte der Wind genug auf, um an den kahlen Ästen zu rütteln. Abgesehen davon kam das einzige Geräusch von unseren Schritten.
    Gav und Leo fingen an zu diskutieren, ob es Sinn hätte, die Fallen aufzustellen, wenn wir zum Übernachten haltmachten, und Tobias stellte mir ein paar Fragen über Dads Arbeit. Die Erinnerungen schmerzten nicht mehr ganz so sehr wie anfangs. Am Rande eines Abhangs, die Dächer einer kleinen Stadt deutlich sichtbar vor Augen, hielten wir kurz an. Wir ließen die Schlitten den Hang hinuntergleiten und liefen dann hinterher.
    Ich ging zuerst. Ungefähr auf halber Höhe geriet ich unter dem Schnee auf glatten Boden und fiel hin. Ich knallte auf den Hintern und rutschte den restlichen Weg auf dem Hosenboden nach unten.
    »Alles okay mit dir?«, rief Gav. Einen Augenblick später schrie er auf und kam direkt neben mir heruntergesaust. Als ich aufstand und mir den Schnee von der Jeans klopfte, kam Leo seitwärts angeschlittert, als stünde er auf einem unsichtbaren Snowboard.
    »Tänzerreflexe«, stellte ich fest und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Das ist unfair.«
    Ein schelmisches Funkeln, das ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr bei ihm gesehen hatte, blitzte in seinen Augen auf. »Nein«, erwiderte er, »das hier ist vielleicht unfair.« Er packte eine Handvoll Schnee, presste sie rasch zusammen und schleuderte den flüchtig geformten Ball in meine Richtung. Er traf mich mitten auf die Brust.
    »Also gut«, sagte Gav und kraxelte auf die Füße. »Wenn du Krieg willst …«
    »Komm schon, Tobias!«, rief ich. Er stand noch immer am oberen Ende des Hanges und blickte auf den Weg zurück, den wir gekommen waren. »Wir brauchen hier einen Soldaten an unserer Seite.«
    »Drei gegen einen?«, protestierte Leo, während Gav und ich ihn beide mit Schnee bombardierten.
    »Du hast schließlich angefangen!«, erwiderte ich.
    Tobias rührte sich nicht von der Stelle. Seine Stirn hatte sich in Falten gelegt. Als Leo die nächste Handvoll Schnee zu einer Kugel formte, hielt ich zögernd inne. »Tobias?«
    Er drehte sich um und sagte mit monotoner Stimme: »Da folgt uns jemand.«

Vierzehn
    Wir verstummten alle augenblicklich. »Der Lieferwagen?«, fragte ich.
    Tobias schüttelte den Kopf. »Nein. Eine einzelne Person, zu Fuß.«
    Er öffnete seine Jacke und ließ die Hand hineingleiten, während er weiter intensiv Ausschau hielt. Ich stützte den Fuß an einem festen Schneebrocken ab und reckte den Hals, um über die Hügelkuppe schauen zu können. Da entspannte sich Tobias.
    »Es ist ein Kind«, sagte er.
    Wir kraxelten zurück nach oben. Eine Gestalt in schwarzer Jacke stapfte den Pfad entlang, den wir ausgetreten hatten, das Gesicht uns zugewandt, den Schlitten ziehend, der zuvor Meredith gehört hatte. Seine orangefarbene Mütze leuchtete hell in dem weißen Schnee.
    »Justin«, sagte ich. »Was macht der denn hier?«
    Als Justin merkte, dass wir ihn alle anstarrten, begann er zu winken und beschleunigte. Das letzte Stück bis zum Rand des Abhangs rannte er mit keuchendem Atem.
    »Ihr seid schneller, als ich dachte«, begrüßte er uns.
    »Ist was passiert?«, fragte ich.

Weitere Kostenlose Bücher