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Und wenn wir fliehen (German Edition)

Und wenn wir fliehen (German Edition)

Titel: Und wenn wir fliehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Crewe
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finsteres Gesicht. Ich ertappte mich dabei, dass ich hoffte, er würde die perfekten Argumente aus dem Hut zaubern, die Justin davon überzeugten, dass das Ganze keine gute Idee war. Doch er seufzte nur und sagte: »In Ordnung. Ich bin zwar nicht begeistert, aber ich kann damit leben, wenn ihr es auch könnt.«
    Wir packten einige der Vorräte zurück auf den fünften Schlitten und machten uns quer durch den Schnee auf den Weg. Als Justin schneller lief, um zu Gav aufzuschließen, der uns anführte, stieg ein ungutes Gefühl in mir hoch.
    Noch ein weiteres Leben, das wegen Dads und meinem unerprobten Impfstoff auf dem Spiel stand.

    Mein Bauchweh wegen Justins Auftauchen verflüchtigte sich etwas, als er fünf Birnen aus der Tasche zog, die er mitgebracht hatte. »Frisch vom Baum«, verkündete er und verteilte sie beim Gehen.
    Ich hielt mir die Birne vors Gesicht und roch daran. Das Wasser lief mir im Mund zusammen. Wann hatte ich wohl das letzte Mal Obst gegessen, das nicht aus einer Dose oder einem Glas stammte? Ich konnte mich nicht einmal mehr daran erinnern.
    Ich gönnte mir einen großen Bissen, unfähig ein genüssliches Mmmh zu unterdrücken, als der säuerliche Fruchtsaft mir den Hals hinunterrann, und aß den Rest dann in kleinen Häppchen, damit es möglichst lange dauerte.
    Der Geschmack lag mir noch eine ganze Zeit lang im Mund, als wir durch eine weitere Stadt kamen, die keine brauchbaren Fahrzeuge zu bieten hatte. Später am Nachmittag entdeckte Tobias einen Transporter auf dem Highway, also machten wir einen Abstecher, um einen Blick darauf zu werfen, fanden aber nirgends eine Spur vom Schlüssel. Ich begann schon, mir langsam Sorgen machen, dass wir in dieser Nacht im Freien zelten müssten, als wir auf einer breiten Lichtung auf einen Wohnwagen stießen.
    Die Aluminiumtür schwang offen im Wind und quietschte leise vor sich hin, aber die Besitzer hatten sich vorne eine Veranda angebaut, mit einem Vordach, das den Schnee daran gehindert hatte, ins Innere zu gelangen. Auf die Sitzbänke im engen Essbereich gequetscht, wärmten wir Dosensuppe und Erbsen auf dem Campingkocher. Die spärliche Hitze, die das brennende Benzin verströmte, nahm der frostigen Luft etwas von ihrer Schärfe. Nachdem wir unsere Mahlzeit hinuntergeschlungen hatten, packte Tobias das Funkgerät aus.
    »Hast du überhaupt schon mal jemanden durch das Ding gehört?«, fragte Justin.
    Tobias schüttelte den Kopf. »Kann trotzdem nichts schaden, es zu versuchen«, antwortete er. »Ist ja nicht so, als hätte ich sonst groß was zu tun. Ich nehm es besser mit raus – glaub nicht, dass es die Metallwände mag.«
    Er schlüpfte nach draußen, und ich hörte, wie er das Gerät auf den Verandatisch stellte. Kurz darauf drang seine gedämpfte Stimme durch die Tür. Er benutzte den Namen des Highways, um uns zu identifizieren. »Hier Route 2, New Brunswick. Kann mich irgendjemand hören? Over.«
    Keine Antwort. Tobias wartete einen Moment und wiederholte dann seine Nachricht. Gav goss ein wenig Wasser in einen Topf voll Schnee, und Leo stellte ihn auf den Kocher. Ich ging langsam den schmalen Flur entlang, um mir den Schlafraum anzusehen. Er war mit einem Doppelbett und einer Zweier-Schlafkoje darüber ausgestattet. Wir würden irgendwie zurechtkommen. Wenigstens hatten wir Wände um uns herum.
    Ich war gerade auf dem Weg zur Tür, um unsere Schlafsäcke zu holen, als auf der anderen Seite eine grelle weibliche Stimme durch den Lautsprecher knackste.
    »Wir hören euch, Route 2, New Brunswick. Over.«
    Ich zuckte zusammen und stieß mit dem Ellbogen gegen einen Schrank, während Gav sich erhob. Beinahe gleichzeitig stürzten wir hinaus auf die Veranda.
    Tobias starrte auf das Funkgerät. Justin lief um ihn herum. »Jetzt sag schon was!«, zischte er und griff nach dem Mikro. Tobias riss es ihm weg.
    »Hier Route 2«, sagte er mit zitternder Hand. »Wer ist da? Over.«
    »Eine Gruppe von besorgten Bürgern, die versuchen, gegenseitig auf sich aufzupassen«, antwortete die Stimme. Sie klang blechern und war mit leisem Rauschen und Brummen durchsetzt, aber deutlich zu verstehen. »Von wo aus sprecht ihr? Braucht ihr Hilfe? Over.«
    »Frag sie, was für Leute sie in ihrer Gruppe haben«, sagte ich und ließ mich auf den Stuhl neben Tobias sinken. Er wiederholte meine Frage ins Mikrophon.
    »Alle möglichen«, kam die Antwort. »Wir machen da keine Unterschiede. Es sind auch ein paar Ärzte dabei, falls ihr medizinische Hilfe braucht.

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